OGH 7Ob103/14v

OGH7Ob103/14v9.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. M***** R*****, vertreten durch Ehrlich-Rogner & Schlögl Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. M***** N*****, und 2. P***** B***** jun, *****, beide vertreten durch Mag. Georg Kampas, Rechtsanwalt in Wien, wegen 46.812,29 EUR sA und Feststellung, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. März 2014, GZ 1 R 8/14z‑69, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 16. September 2013, GZ 11 Cg 34/09f‑60, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

I. Der in der außerordentlichen Revision der klagenden Partei enthaltene Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wird zurückgewiesen.

II. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

III. Hingegen wird der Revision der beklagten Parteien Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich der bereits rechtskräftigen Teile der Entscheidungen der Vorinstanzen (Erstgericht: Abweisung von 8.834,97 EUR; Berufungsgericht: Zuspruch von 8.237,10 EUR und Abweisung von 6.150 EUR; samt jeweils 4 % Zinsen seit 9. 6. 2009) zu lauten hat:

1. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 8.237,10 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 6. 2009 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 26.075,19 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 6. 2009 zu zahlen, und es werde festgestellt, dass die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand der klagenden Partei für sämtliche zukünftige, derzeit nicht bekannte Schäden aus der mangelhaften Errichtung des Einfamilienhauses/Reihenhauses in H***** (EZ 2060, Grundbuch *****) haften würden, wird abgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erwarb als Verbraucher von den beklagten Unternehmern mit Kaufvertrag vom 27. 6. 2003 eine im September 2002 fertiggestellte Reihenhaushälfte. Die Beklagten übernahmen gegenüber dem Kläger keine spezifische Herstellungspflicht und sicherten weder im Kaufvertrag noch auf Grund mündlicher Zusagen die einwandfreie Errichtung des Hauses zu. Gemeinsam mit dem Kaufvertrag übergaben die Beklagten eine Professionistenliste der an der Errichtung des Reihenhauses beteiligten Unternehmen; im Kaufvertrag Punkt IV war nämlich geregelt, dass die Verkäuferseite sämtliche ihr am Vertragsgegenstand zustehenden Gewährleistungsansprüche mit schuldbefreiender Wirkung an die Käuferseite überbindet. Im Juli 2003 bezog der Kläger das Haus.

Nach diversen Mängelbehebungsversuchen durch bauausführende Unternehmen seit März/April 2006 traten im Frühling 2008 weitere Wasserflecken unter den Stiegen und im Heizraum des Reihenhauses auf. Die Feuchtigkeitseintritte waren Folge einer undichten Bodenanschlussfuge zwischen Kelleraußenwand und Fundamentplatte.

Da die Beklagten eine Mängelbehebung ablehnten, beauftragte der Kläger schließlich die S*****gmbH, welche die Anschlussfuge zwischen Fundamentplatte und Kelleraußenwand im Zeitraum 29. 5. bis 17. 6. 2009 sanierte. Den dafür erforderlichen Rechnungsbetrag von 8.237,10 EUR bezahlte der Kläger.

Die Sanierung der Wasserschäden führten über Auftrag des Klägers die ‑ an der Hauserrichtung im Rahmen einer ARGE beteiligte Generalunternehmerin ‑ D*****ges.m.b.H. (in der Folge kurz: D*****) sowie die Firma G***** durch. Zur Schadensbehebung waren insofern 15.847,06 EUR (Firma D*****), 3.060 EUR (Firma G*****) und 683,16 EUR (sonstige Rechnungen) erforderlich.

Die Versicherung des Klägers erklärte sich in einer am 28. 4. 2009 geschlossenen Abfindungsvereinbarung bereit, für den „Wasserschaden“ 8.500 EUR zu bezahlen.

Im Zuge des gegenständlichen Verfahrens stellte der gerichtlich beigezogene Sachverständige auch diverse im Detail festgestellte Mängel am Dachboden des Reihenhauses fest.

Der Kläger begehrte von den Beklagten zuletzt die Zahlung von 46.812,29 EUR sA (Sanierungskosten 40.662,29 EUR, Ausmietkosten 5.500 EUR und 650 EUR Übersiedlungskosten) sowie die Feststellung, dass die Beklagten zur ungeteilten Hand dem Kläger für sämtliche zukünftige, derzeit nicht bekannte Schäden, resultierend aus der mangelhaften Errichtung der Doppelhaushälfte, hafteten. Die mangelhafte Verbindung zwischen Bodenplatte und Kelleraußenwänden habe zu Feuchtigkeitseintritten geführt, deren Sanierung die angeführten Beträge erfordert habe. Der von der Versicherung erhaltene Betrag sei auf Grund der nunmehr erfolgten Feststellung der Schadensursache zurückzuzahlen. Das Auftreten weiterer Schäden könne wegen der aufgezeigten Mängel nicht ausgeschlossen werden.

Die Beklagten wendeten unter anderem ein, Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche seien verjährt. Mängelbehebungskosten der Firma D***** habe der Kläger auf Grund der an ihn abgetretenen Gewährleistungsrechte nicht zu bezahlen. Schadenersatzansprüche kämen schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Beklagten im Kaufvertrag nicht zur Errichtung eines Hauses, sondern lediglich zur Verschaffung von Besitz und Eigentum an einem bereits bestehenden Objekt verpflichtet hätten. Damit seien die bei der Bauausführung beteiligten Unternehmen nicht ihre Erfüllungsgehilfen. Die dem Kläger von seiner Versicherung zugeflossenen Beträge seien „anzurechnen“.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren sowie dem Leistungsbegehren mit 8.237,10 EUR sA statt und wies ein darüber hinausgehendes Begehren von 34.575,19 EUR sA ab. Die mangelhafte Fugenabdichtung sei ein Sachmangel. Da die Verbesserungsversuche die Verjährung jeweils unterbrochen hätten, sei dem Kläger der an die S*****gmbH für die Abdichtungsarbeiten bezahlte Betrag als Verbesserungskosten im Rahmen der Gewährleistung zu ersetzen. Die darüber hinausgehenden Schäden seien nach Schadenersatzrecht zu beurteilende Mangelfolgeschäden, wofür die Beklagten nicht ersatzpflichtig seien. Sie hätten sich dem Kläger gegenüber nicht zur Herstellung der Kaufsache verpflichtet; daher hätten sie für das Verschulden der Professionisten nicht einzustehen. Ein Verschulden der Beklagten oder ihr zurechenbarer Erfüllungsgehilfen liege nicht vor. Das Feststellungsbegehren bestehe zu Recht. Es könne auch der Wahrung von Gewährleistungsansprüchen dienen, wenn noch nicht mit Leistungsklage vorgegangen werden könne. Dies träfe auf Baumängel im Dachgeschoss zu.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil dahin ab, dass es dem Kläger 19.327,32 EUR sA zusprach und (einschließlich des bereits rechtskräftig abgewiesenen Betrags von 8.834,97 EUR) ein Leistungsmehrbegehren von 14.984,97 EUR sA sowie das Feststellungsbegehren abwies. Hinsichtlich eines weiteren Leistungsbegehrens von 8.500 EUR sA hob es das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück, ohne dass es aussprach, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Über einen Teil des Leistungsbegehrens von 4.000 EUR sA habe das Erstgericht nicht entschieden. Da der Kläger insoweit weder einen Antrag auf Urteilsergänzung (§ 423 ZPO) gestellt noch (im Ergebnis) Berufung erhoben habe, sei dieser Teil des Zahlungsbegehrens aus dem Verfahren ausgeschieden. Der Wasserschaden sei zwingende Folge der mangelhaften Ausführung der Fuge gewesen; daher seien für die Bewertung des nach Gewährleistungsrecht verschuldensunabhängig einzustehenden Mangels die Kosten der Schadensbehebung unter Einschluss der durch das „Weiterfressen“ bedingten Schäden heranzuziehen. Die Kosten für ein Ersatzquartier (5.500 EUR) und die Übersiedlungskosten (650 EUR) hingegen seien Mangelfolgeschäden, welche die Beklagten mangels eines sie treffenden Verschuldens nicht zu ersetzen hätten. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die dem Kläger zugeflossene Versicherungsleistung von 8.500 EUR zumindest teilweise deckungsgleich mit den von ihm geltend gemachten Mangelbehebungskosten sei; gegebenenfalls wäre der Kläger zufolge § 67 VersVG nicht aktiv legitimiert. Dies könne derzeit mangels konkreter Verfahrensergebnisse sowie mangels ausreichenden Klagsvorbringens nicht abschließend beurteilt werden. Ein Feststellungsinteresse liege nicht vor. Die Mängel im Zusammenhang mit der Wassereintrittsproblematik seien bereits erfolgreich saniert worden. Die vom Erstgericht zur Begründung des Feststellungsinteresses herangezogenen, ursprünglich nicht prozessgegenständlichen Mängel am Dachboden seien hingegen erst Jahre nach Ablauf der Frist des § 933 Abs 1 ABGB geltend gemacht worden. Durch Verbesserungsversuche und ein schlüssiges Anerkenntnis trete die Rechtslage nur bezüglich des dadurch anerkannten Mangels oder eines durch die Verbesserung bewirkten neuen Mangels in das Stadium vor Ablieferung zurück. Eine schadenersatzrechtliche Haftung treffe die Beklagten mangels Verschuldens nicht.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage für nicht zulässig.

Nur gegen den Aufhebungsbeschluss und die Abweisung des Feststellungsbegehrens richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Gegen den Zuspruch eines weiteren Betrags von 11.090,22 EUR sA (die bereits vom Erstgericht zuerkannten Kosten von 8.237,10 EUR sA für die Verbesserung der mangelhaften Bodenanschlussfuge erwuchsen unbekämpft in Rechtskraft) richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

I. Zur Revision des Klägers:

1. Das Berufungsgericht hat nicht ausgesprochen, dass der Rekurs gegen den von ihm gefassten Aufhebungsbeschluss zulässig ist. Das ungeachtet seiner Bezeichnung in diesem Umfang als Rekurs zu behandelnde Rechtsmittel ist daher gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0043898). Ein inhaltliches Eingehen auf das vom Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts betroffene Leistungsbegehren ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt.

2. In der Revision werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht:

Hervorzuheben ist, dass der Kläger sein Feststellungsbegehren ‑ wie auch das Berufungsgericht ‑ ausschließlich aus der Sicherung von Gewährleistungsansprüchen ableitet. Er lässt dementsprechend die Abweisung jener Teilforderung, die das Berufungsgericht als Ersatz von Mangelfolgeschäden beurteilt, unbekämpft. Ausgehend von diesem Beurteilungsrahmen ergibt sich Folgendes:

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei verborgenen Sachmängeln die Erkennbarkeit des Mangels keine Voraussetzung für den Beginn des auf den Zeitpunkt der Übergabe abstellenden Fristenlaufs nach § 933 Abs 1 ABGB (RIS-Justiz RS0018937, RS0018982), außer es wurden besondere Sacheigenschaften zugesichert (RIS‑Justiz RS0018982 [T10, T11], RS0018909). Nach den Feststellungen wurden weder im Kaufvertrag noch auf Grund mündlicher Zusagen besondere Sacheigenschaften zugesichert. Damit hat im vorliegenden Fall die dreijährige Gewährleistungsfrist des § 933 Abs 1 ABGB bereits im Zeitpunkt der Übergabe am 26. 6. 2003 begonnen und war diese demnach im Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Mängel am Dachboden anlässlich der Befundaufnahme vom 1. 3. 2012 längst abgelaufen.

2.2. In der Revision wird zwar zutreffend aufgezeigt, dass die das Kellergeschoss betreffenden Mängel erst am 17. 6. 2009 (und nicht ‑ wie vom Berufungsgericht festgehalten ‑ im Jahr 2006) erfolgreich saniert waren. Diesem Umstand kommt aber keine entscheidende Bedeutung zu, weil sich der Kläger zu Recht nicht gegen die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, dass durch Verbesserungsversuche und ein schlüssiges Anerkenntnis die Rechtslage nur bezüglich des dadurch anerkannten Mangels oder eines durch die Verbesserung bewirkten neuen Mangels in das Stadium vor Ablieferung zurücktrete, wendet. Demnach haben die im Kellergeschoss aufgetretenen und erfolgreich sanierten Mängel den Lauf der Gewährleistungsfrist des § 933 Abs 1 ABGB betreffend die Mängel am Dachboden nicht unterbrochen.

2.3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Zur Revision der Beklagten:

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat schon zu 7 Ob 222/10p dazu Stellung genommen, dass die Gewährleistungsausschlussklausel nach Punkt IV des Kaufvertrags gemäß § 9 Abs 1 KSchG dem Kläger gegenüber unwirksam ist.

1. Die Beklagten meinen, der Wasserschaden unterliege als Mangelfolgeschaden nicht der verschuldensunabhängigen Gewährleistungsverpflichtung. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Nach den Feststellungen werden keine Kosten für Fehlersuche begehrt, sondern die Kosten für die Behebung der Wasserschäden, die durch die mangelhafte Fuge im Keller des Hauses entstanden sind.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Mangelfolgeschaden vor, wenn durch den Mangel ein weiterer Schaden verursacht wurde, der Schaden also nicht nur im Vorhandensein des Mangels besteht (RIS‑Justiz RS0022885). Um einen Mangelfolgeschaden handelt es sich auch, wenn das Werk selbst infolge eines Mangels beschädigt wurde (RIS‑Justiz RS0022885 [T4]), außer es handelt sich um ein „Weiterfressen“ eines bereits bei Übergabe angelegten Mangels (vgl 9 Ob 3/09w; hier führte ein lockerer Befestigungsbolzen im Motorraum eines Gebraucht‑Pkw nach kurzer Inbetriebnahme zu einem massiven Motorschaden und zur Fahruntüchtigkeit des Pkw).

1.2. Im vorliegenden Fall kam es infolge der mangelhaften Ausführung einer Fuge lediglich durch von außen eindringendes Wasser zu einer Beschädigung des Kellergeschosses. Dies ist ein typischer Mangelfolgeschaden, bedurfte es doch insofern eines externen Einflusses zur Schadensherbeiführung. Damit unterliegen die mit der Beseitigung des Wasserschadens verbundenen Kosten nicht einem auf Gewährleistung gegründeten Verbesserungsanspruch.

2. Der Kläger stützt sich im Revisionsverfahren wie dargelegt nur auf Gewährleistung und nicht mehr auf Schadenersatz (Mangelfolgeschaden). Damit ist dieser Rechtsgrund im Revisionsverfahren nicht mehr näher zu behandeln (RIS‑Justiz RS0043352 [T23, T30, T31, T35]). Der geltend gemachte Anspruch ist kein Gewährleistungsanspruch (Mangelschaden).

Abgesehen davon ist nicht erkennbar, warum der Generalunternehmerin für Arbeiten, die sie in Erfüllung ihrer Gewährleistungs‑ und damit in Zusammenhang stehenden Schadenersatzverpflichtungen geleistet hat, Entgelt zustehen sollte. Darauf braucht hier aber mangels Relevanz nicht weiter eingegangen werden.

3. Demgemäß ist die Revision der Beklagten berechtigt und im angefochtenen Umfang die erstgerichtliche Abweisung des Teilbegehrens wiederherzustellen.

4. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO.

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