OGH 8ObA14/15i

OGH8ObA14/15i24.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Dr. Weixelbraun‑Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** S*****, vertreten durch Dr. Thomas Obholzer, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen 14.555,83 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 2014, GZ 13 Ra 52/14s‑78, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00014.15I.0324.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt ‑ wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat ‑ nicht vor. Die Entscheidung 8 ObA 79/14x basiert auf den Entscheidungen 8 Ob 20/14w und 9 ObA 10/14g, die der Klägerin bekannt waren. Dadurch, dass das Berufungsgericht seine Begründung auch auf die (damals jüngste) Entscheidung 8 ObA 79/14x gestützt hat, konnte die Klägerin daher nicht mit einer neuen Rechtsansicht überrascht werden.

2. Das Berufungsgericht hat die abweisende Entscheidung des Erstgerichts mit Hinweis auf die Entscheidungen 8 ObA 20/14w und 9 ObA 10/14g sowie 8 ObA 79/14x bestätigt. Auch im vorliegenden Fall habe die Klägerin zu den geltend gemachten Provisionsrückforderungen kein ausreichend schlüssiges Vorbringen erstattet.

Die Schlüssigkeit von Prozessbehauptungen kann immer nur anhand des konkreten Klagsvorbringens im Einzelfall geprüft werden. Ihre Beurteilung begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0037780; RS0116144; vgl RS0113563). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor.

3. Nach Ansicht der Klägerin hat sie ausreichendes Vorbringen erstattet, weil sämtlichen Geschäftsfällen Verträge mit ratierlichen Buchungen zugrunde lägen und der rückgeforderte Vorschuss der jeweiligen vom Kunden noch nicht liquidierten Zeitperiode entspreche.

Schon in der Entscheidung 8 ObA 20/14w hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der Provisionsanspruch nach § 9 Abs 2 HVertrG einseitig zwingend spätestens mit Ausführung des abgeschlossenen Geschäfts, also mit Erbringung der vertragsgemäßen Leistung durch den Dritten (Kunden) entsteht. Bei (periodisch) wiederkehrenden Kundenleistungen entsteht der Provisionsanspruch ab der erstmaligen (Prämien‑)Zahlung zumindest zeitlich anteilsmäßig im Verhältnis zum liquidierten Prämienzeitraum. Dies gilt auch für vermittelte Versicherungsverträge (§ 26b Abs 2 HVertrG).

In der Entscheidung 8 ObA 79/14x wurde klargestellt, dass zur Darlegung von Provisionsvorschüssen die Klägerin konkret für jeden von der Beklagten vermittelten Versicherungsvertrag, zu dem sie eine Provisionsrückbuchung vorgenommen hat, also für jeden Rückforderungsfall, im Einzelnen hätte aufschlüsseln müssen, welcher Teil der dafür der Beklagten zunächst gutgeschriebenen Provision auf (monatliche, vierteljährliche, halbjährliche oder jährliche) Zeitperioden entfallen ist, für die der jeweilige Versicherungsnehmer noch keine Prämienzahlungen geleistet hat. Die Klägerin hat jedoch (auch hier) nur pauschal behauptet, dass sie mit dem (eingeschränkten) Klagebegehren ausschließlich Provisionsvorschüsse und keine Anteile an verdienten Provisionen zurückfordere.

4. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin in ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 25. Juli 2014 (ON 71) nicht ausreichend auf die Vorgaben nach § 9 Abs 3 HVertrG Bedacht genommen und ihr Vorbringen zu den geltend gemachten Rückforderungsansprüchen in Bezug auf die bereits verdienten Provisionen daher unschlüssig geblieben sei, erweist sich ebenfalls als nicht korrekturbedürftig.

Zu den Anforderungen an die Behauptungs‑ und Beweislast nach § 9 Abs 3 und § 26b HVertrG hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits in der schon mehrfach erwähnten Entscheidung 8 ObA 20/14w ausgesprochen, dass der Unternehmer nachweisen muss, dass die Gründe für die (gänzliche oder teilweise) Stornierung oder Vertragsänderung (Prämienherabsetzung oder Prämienaussetzung) nach objektiven Gesichtspunkten nicht in seine Sphäre fallen. Ist ‑ so wie hier ‑ zwischen Produktgesellschaft und Handelsvertreter ein Hauptvertreter dazwischen geschaltet, so trifft die Behauptungs‑ und Beweislast den Hauptvertreter (die Klägerin). In einem solchen Fall ist die Sphäre des Hauptvertreters jener der Produktgesellschaft gleichgestellt.

Auch hier hätte die Klägerin daher zu jedem einzelnen Rückforderungsfall konkret darzulegen, aus welchem konkreten Grund der jeweilige vermittelte Vertrag von wem storniert (aufgelöst) oder geändert wurde, weiters, dass die Gründe für die Stornierung oder Vertragsänderung nicht ihrer Sphäre oder der Sphäre der Produktgesellschaft zuzuordnen sind (also der Grund nicht von der Produktgesellschaft ausgegangen ist) und diese die Stornierung oder Vertragsänderung nicht durch ihr Verhalten veranlasst hat, bzw dass der Grund von der Produktgesellschaft sonst nicht zu vertreten ist. Für den Fall des Zahlungsverzugs des Kunden müsste konkret ‑ nicht nur (wie hier) allgemein und pauschal ‑ dargelegt werden, dass die Produktgesellschaft alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um den Kunden zur Leistung zu veranlassen. Die allgemein gehaltene Behauptung, die Gründe für sämtliche Rückbuchungen seien nicht in der Sphäre der Klägerin oder der Produktgesellschaft gelegen und im Fall eines Zahlungsverzugs werde der jeweilige Kunde zur Zahlung gemahnt, ist nicht ausreichend, um dieser Behauptungslast zu entsprechen.

5. Der Klägerin ist es nicht gelungen, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb ihre außerordentliche Revision zurückzuweisen war.

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