Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Begründung
Mit Beschluss vom 26. 1. 2010 bewilligte das Erstgericht der Betreibenden gegen den Verpflichteten aufgrund eines Versäumungsurteils vom 14. 12. 1984 sowie mehrerer Kostentitel zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 16.545,67 EUR samt 10 % Zinsen seit 1. 10. 1983, Kosten aus früheren Exekutionsverfahren von insgesamt 1.184,09 EUR sowie der Kosten der Exekutionsbewilligung antragsgemäß die Forderungsexekution gemäß § 294 EO auf die Bezüge des Verpflichteten iSd § 290a EO. Die Drittschuldnerin, der die Exekutionsbewilligung am 1. 2. 2010 zugestellt wurde, leistet seither laufend Zahlungen an die Betreibende.
Am 2. 4. 2014 beantragte der Verpflichtete die Einstellung der Exekution gemäß § 292 l Abs 2 EO, weil die Betreibende seinem Ersuchen um Ausstellung einer Quittung über die erhaltenen Beträge nicht ausreichend nachgekommen sei.
Die Betreibende sprach sich gegen diesen Antrag aus. Sie habe dem Verpflichteten mit Schreiben vom 19. 3. 2014 ohnehin eine Aufstellung übermittelt, die eine Quittung über die erhaltenen Beträge samt Zahlungseingangsdaten enthalte und die Höhe der offenen Forderung angebe. Darüber hinaus habe sie ihm mitgeteilt, dass der Gesamtbetrag der Zahlungen von 22.289,97 EUR zur Gänze auf die titulierten Zinsen, die zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung über 43.000 EUR betragen hätten und für den Zeitraum 1. 1. 1983 bis 31. 3. 2014 51.195,06 EUR ausmachten, angerechnet worden sei.
Das Erstgericht wies den Einstellungsantrag des Verpflichteten zurück (richtig: ab), und verwies ihn, soweit er die Unrichtigkeit der Zahlungsaufstellung bemängelte, auf den Rechtsweg. Die Zahlungsaufstellung sei lesbar, verständlich und nachvollziehbar gestaltet, der Eingang der einzelnen Zahlungen sei ersichtlich und es ergebe sich daraus auch, worauf diese angerechnet worden seien.
Infolge Rekurses des Verpflichteten änderte das Rekursgericht diese Entscheidung dahin ab, dass es die Exekution gemäß § 292 l Abs 2 EO einstellte. Der Oberste Gerichtshof habe zu 3 Ob 2383/96d eine vergleichbare Forderungsaufstellung zu beurteilen gehabt und ausgesprochen, dass die dem dortigen Verpflichteten übermittelte Aufstellung den strengen Anforderungen des § 292 l EO nicht entspreche, weil sie Zeitpunkt und Höhe der eingelangten Zahlungen nicht erkennen lasse, keine staffelmäßige Zinsberechnung enthalte und deshalb nicht überprüfbar sei; dies gelte auch dann, wenn noch ein beträchtlicher Restsaldo aushafte. Im vorliegenden Fall gebe die Forderungsaufstellung der Betreibenden zwar Zeitpunkt und Höhe der eingelangten Zahlungen (beginnend mit 20. 5. 2010) an, sie enthalte allerdings keine staffelmäßige Zinsberechnung, und zwar mit dem Hinweis, eine solche sei nicht möglich, weil die bis zum 26. 1. 2010 (Datum der Exekutionsbewilligung) aufgelaufenen Zinsen bereits über 43.000 EUR betragen hätten, somit die Summe der eingegangenen Zahlungen (22.289,97 EUR) überstiegen. Es sei allerdings nicht nachvollziehbar, warum es der Betreibenden nicht möglich sein sollte, die ausstehende Forderung nach Prozess- und Exekutionskosten, Kapital und Zinsen aus dem Kapital bis zum ersten Zahlungseingang am 20. 5. 2010 darzustellen. Es müsse ihr auch möglich sein, jedem Zahlungseingang den Zeitraum der damit getilgten Zinsen zuzuordnen, sodass sich jeweils der Tag ergebe, ab dem noch Zinsen ausständig seien. Überdies habe sie nicht angegeben, ab welchem Tag noch unberichtigte Zinsen aus dem Kapital aufgrund des letzten Zahlungseingangs (vom 28. 2. 2014) aushafteten. Ihre Aufstellung entspreche daher den strengen Vorgaben nicht.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zu der hier zu lösenden Rechtsfrage bisher nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ergangen sei, die sehr strenge Kriterien vorgebe. Der vorliegende Fall weiche davon deutlich ab, seien doch die Zahlungen des Drittschuldners auch datumsmäßig einzeln aufgelistet. Es sei dem Verpflichteten deshalb möglich, aufgrund der Auskunft jenen Tag zu bestimmen, ab dem Zinsen nach der Berechnung der Betreibenden noch offen seien und welche vergangenen Zinsperioden mit den jeweiligen einzelnen Teilzahlungen getilgt worden seien. Es erscheine daher geboten, den Obersten Gerichtshof ein weiteres Mal mit dieser Rechtsfrage zu befassen.
In ihrem Revisionsrekurs beantragt die Betreibende die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Sie macht zusammengefasst geltend, der Zweck des § 292 l Abs 2 EO sei, wie sich auch aus der Entscheidung 3 Ob 2383/96d ergebe, die Information des Verpflichteten, damit er die offene Forderung auf ihre Richtigkeit überprüfen und sich gegebenenfalls analog § 35 EO im Klageweg wehren könne. Es sei deshalb ausreichend, wenn die ihm übermittelte Aufstellung ‑ so wie hier ‑ Auskunft über Zeitpunkt und Höhe der geleisteten Zahlungen und die damit vom Betreibenden vorgenommenen Tilgungen von Nebengebühren und Kapital gebe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil bisher tatsächlich keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einer vergleichbaren Konstellation besteht; er ist aber nicht berechtigt.
1. Gemäß § 292 l Abs 2 EO hat der betreibende Gläubiger dem Verpflichteten binnen vier Wochen nach dessen schriftlicher Aufforderung eine Quittung über die erhaltenen Beträge zu übersenden und die Höhe der offenen Forderungen bekannt zu geben. Kommt der betreibende Gläubiger der Aufforderung nicht nach, hat das Exekutionsgericht auf Antrag des Verpflichteten die Exekution einzustellen.
2. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 3 Ob 2383/96d der Auffassung von Mohr (Die neue Lohnpfändung, 100) angeschlossen, wonach die dem Verpflichteten zu übermittelnde Aufstellung lesbar, verständlich und nachvollziehbar sein muss und deshalb exakte Angaben über Höhe und Zeitpunkt des Eingangs der geleisteten Teilzahlungen und eine staffelmäßige Darlegung der angefallenen Zinsen zu enthalten hat (RIS‑Justiz RS0107717). Der Zweck dieser Bestimmung ‑ die Information des Verpflichteten ‑ wird nämlich nur erreicht, wenn die dem Verpflichteten übermittelte Aufforderung nachvollziehbar und überprüfbar ist; dies ist sie aber nur dann, wenn sie Auskunft über Zeitpunkt und Höhe der geleisteten Zahlungen und die damit vom betreibenden Gläubiger vorgenommenen Tilgungen von Nebengebühren und Kapital gibt. Der Umstand, dass der Verpflichtete sich, wenn er die ihm übermittelte Aufstellung für unrichtig hält, dagegen analog § 35 EO im Klageweg wehren kann, unterstreicht die Notwendigkeit, die Auskunft durch Aufnahme der eben dargelegten Angaben so zu gestalten, dass der Verpflichtete sie auf ihre Richtigkeit überprüfen kann. Mangels Differenzierung im Gesetz haben diese strengen Anforderungen auch dann zu gelten, wenn jedenfalls noch ein beträchtlicher Restsaldo aushafte (3 Ob 2383/96d, SZ 70/116).
3. An dieser ‑ in der Literatur nicht kritisierten (ÖBA 1997/672, 1032; JBl 1997, 796) ‑ Rechtsansicht ist uneingeschränkt festzuhalten.
3.1. Die Betreibende hat in ihrem Schreiben vom 19. 3. 2014 zwar die im Zeitraum 20. 5. 2010 bis einschließlich 28. 2. 2014 bei ihr eingegangenen Überweisungen der Drittschuldnerin jeweils unter Angabe des Datums (offenbar: des Zahlungseingangs) und der Höhe der Teilzahlung aufgelistet und damit eine der Voraussetzungen für das Vorliegen einer ausreichenden (nachvollziehbaren und überprüfbaren) Forderungsaufstellung erfüllt.
3.2. Hingegen genügt die bloße Angabe des Pauschalbetrags von 51.195,06 EUR als Ergebnis von „10 % Zinsen p.a. [aus dem Kapitalbetrag von 16.545,67 EUR] vom 1. 10. 1983, vorläufig berechnet bis 31. 3. 2014“ den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Forderungsaufstellung iSd § 292 l EO nicht. Eine staffelmäßige Zinsenberechnung, aus der überdies ohne weiteren Rechenvorgang ersichtlich ist, ab welchem Tag die titulierten Zinsen aus dem Kapitalbetrag nach Anrechnung der bisherigen Überweisungen des Drittschuldners noch aushaften, ist nämlich zusätzlich zur Angabe von Höhe und Zeitpunkt des Eingangs der bisherigen Zahlungen zwingend erforderlich, damit der Verpflichtete ohne eigene Berechnung komplizierter Zinsstaffeln ( Oberhammer in Angst , EO 2 § 292 l Rz 1) die allfällige Unrichtigkeit der Aufstellung der Betreibenden analog § 35 EO klageweise geltend machen (RIS‑Justiz RS0107718) oder auch gegebenenfalls mit einer Klage nach § 35 EO die Verjährung (RIS‑Justiz RS0001244) eines Teils der betriebenen Zinsen (zu den Voraussetzungen dafür vgl RIS‑Justiz RS0085090; RS0034184 [T1]) einwenden kann.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der von der Betreibenden errechnete Zinsenbetrag schon deshalb nicht nachvollziehbar ist, weil 10 % Zinsen aus 16.545,67 EUR für 30,5 Jahre nicht 51.195,06 EUR, sondern nur 50.464,29 EUR ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.
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