OGH 3Ob20/15k

OGH3Ob20/15k18.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Edda Maria Obernosterer, Rechtsanwältin in Lienz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Oktober 2014, GZ 3 R 267/14g‑22, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00020.15K.0318.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, weil das Berufungsgericht trotz seiner Ansicht, die begehrte Ersatzfeststellung stelle eine unzulässige Neuerung dar, die Beweisrüge des Klägers ohnehin inhaltlich behandelt hat (RIS‑Justiz RS0043371).

2.1. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht vorliegt, ist besondere Vorsicht geboten. Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist. Die bloße Untätigkeit des Berechtigten ist für sich allein noch kein Grund, einen Verzicht anzunehmen (RIS‑Justiz

RS0014190 [T3, T9, T10]).

2.2. Ein schlüssiger Verzicht des Mieters auf sein Mietrecht ist deshalb nur zu bejahen, wenn eine andere Deutung seines Verhaltens vernünftigerweise auszuschließen ist, also nach Treu und Glauben nicht in Betracht kommt (3 Ob 12/99g mwN).

2.3. Dass die Beklagte auf die vom Kläger im Lauf des Verfahrens zweimal abgegebene Erklärung, sie könne jederzeit wieder in die Wohnung einziehen, nicht zustimmend reagiert hat, ist schon deshalb nicht als schlüssiger Verzicht auf ihr Mietrecht anzusehen, weil der Kläger es unterlassen hat, ihr gleichzeitig auch die Übergabe eines zu dem von ihm erneuerten Haustorschloss passenden Schlüssels physisch anzubieten. Dies wäre für ein ernsthaftes Angebot jedenfalls erforderlich gewesen, weil die Beklagte ihn nach ihrer durch den Schlossaustausch erfolgten Aussperrung aus dem Bestandobjekt zweimal vergeblich zur Herausgabe eines solchen Schlüssels aufgefordert hatte und der Kläger überdies der anderen Mieterin des Hauses damals ausdrücklich untersagte, die Beklagte ins Haus zu lassen.

2.4. Der (auch) in der außerordentlichen Revision zitierten Entscheidung 6 Ob 526/87 (RIS‑Justiz RS0014165 [T6]) lag der Sachverhalt zugrunde, dass der dortige Mieter mehrfach den Standpunkt vertrat, er habe das Mietverhältnis durch eine nach § 1117 ABGB begründete Rechtsgeschäftserklärung aufgelöst; die Vermieterin widersprach dieser Auffassung zwar, stimmte dann allerdings der mietweisen Benützung des Bestandobjekts durch einen Dritten unter der Voraussetzung zu, dass sich der Mieter mit dem als Folgemieter vorgestellten Interessenten über eine Investitionsablöse einige, und nahm nach dieser Einigung die Benützung des Bestandobjekts durch den Dritten widerspruchslos hin.

Wie bereits die Berufungsentscheidung zutreffend aufzeigt, ist die hier zu beurteilende Konstellation (dass die Beklagte, nachdem sie von der Neuvermietung „ihrer“ Wohnung erfahren hatte, den Kläger bloß nicht nochmals zur Ausfolgung eines neuen Haustorschlüssels aufforderte) mit dem Sachverhalt, der zu 6 Ob 526/87 entschieden wurde, nicht zu vergleichen.

Die Revision ist daher ‑ mangels erheblicher Rechtsfragen ‑ zurückzuweisen.

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