European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00227.14K.0303.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger erwarb im Jahr 2011 eine Kommanditeinlage um 32.000 EUR Nominale und 1.600 EUR Agio an der A***** GmbH & Co KG.
Deren Kapitalmarktprospekt wurde nicht von der Finanzmarktaufsicht (FMA) oder von ihr beauftragten Kontrolloren überprüft.
Der Kläger begehrte von der Beklagten aus dem Titel der Amtshaftung die Zahlung von 27.284,06 EUR sA, in eventu die Feststellung, dass ihm die Beklagte für die Folgen des rechtswidrigen Handelns der FMA hafte. Die Haftung der Beklagten stützte der Kläger ‑ zusammengefasst ‑ auf den Vorwurf der mangelnden Prospektkontrolle. Wäre der Prospekt von der FMA mit einer kohärenten, vollständigen und verständlichen Belehrung hinsichtlich des steuerrechtlichen Risikos gebilligt worden, hätte er die Investition nicht getätigt.
Das Berufungsgericht bestätigte das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichts und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, in der er keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO geltend macht.
1. Bereits in der Entscheidung 4 Ob 184/11d (ebenso wie auch zum Folgenden 1 Ob 223/14x) hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass die dem Kapitalmarktgesetz (KMG) in Bezug auf die Prospektpflicht zugrunde liegende RL 2003/71/EG (ProspektRL) sowohl in der ursprünglichen als auch in der nunmehrigen Fassung (nach der Änderung durch die RL 2010/73/EU und die RL 2010/78/EU) nur Wertpapiere erfasst, weswegen die Prospektpflicht für (bloße) Veranlagungen nicht auf unionsrechtlichen Vorgaben beruhe (so auch Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht² VI Rz 1/2; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I [2005] § 10 Rz 2). Nach § 2 Abs 2 KMG ersetzt bei Veranlagungen die Überprüfung durch einen Prospektkontrollor im Sinne des § 8 Abs 2 [Z 1‑4] KMG die Billigung durch die FMA; ausdrücklich wird normiert, dass § 8a KMG, der die Billigung durch die FMA regelt, bei Veranlagungen nicht zur Anwendung gelangt.
2. Der Kläger hält der Ansicht der Vorinstanzen, wonach die von ihm gewählte Beteiligung als Veranlagung nach § 1 Abs 1 Z 3 KMG zu qualifizieren sei, die keiner Billigung durch die FMA bedurft habe, im Wesentlichen entgegen, dass infolge Verweises bei der Definition des Begriffs „Wertpapier“ in Art 2 Abs 1 lit a der RL 2003/71/EG
auf die RL 93/22/EWG , die durch die RL 2004/39/EG (MiFID oder FinanzmarktRL) abgelöst wurde, auch Kommanditanteile als Wertpapiere zu verstehen seien.
3. Übertragbare Wertpapiere im Sinne von Art 4 Abs 1 Z 18 der RL 2004/39/EG (worauf § 1 Abs 1 Z 4 KMG verweist) sind Gattungen von Wertpapieren, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, wie Aktien und andere, Aktien oder Anteilen an Gesellschaften, Personengesellschaften oder anderen Rechtspersönlichkeiten gleichzustellende Wertpapiere sowie Aktienzertifikate. Hier liegt kein Hinweis vor, dass über die vom Kläger erworbene Beteiligung ein vertretbares Papier oder eine vergleichbare Urkunde ausgestellt worden wäre. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers kann aber schon nach dem Wortlaut dieser Begriffsbestimmung nicht zweifelhaft sein, dass nur Anteile an einer Personengesellschaft in Form von Wertpapieren ‑ Aktienzertifikate scheiden hier aus ‑ und nur für den Fall ihrer Handelbarkeit am Kapitalmarkt darunter fallen. Gegenteiliges lässt sich auch aus der vom Revisionswerber in seinem Rechtsmittel vorgenommenen Gegenüberstellung der deutschsprachigen Übersetzung dieser Begriffsbestimmung mit dem Text in englischer bzw französischer Sprache nicht ableiten. Von einer Handelbarkeit am Kapitalmarkt kann jedenfalls nur dann gesprochen werden, wenn der jeweilige Anteil frei übertragen werden kann und alle von der Gesellschaft ausgegebenen Beteiligungen gleichartig ausgestaltet (standardisiert) sind (vgl M. Oberndorfer, Die Prospektpflicht nach dem KMG 95). Die für die Handelbarkeit am Kapitalmarkt erforderliche Zirkulationsfähigkeit (dazu Voß, Geschlossene Fonds unter dem Rechtsregime der Finanzmarkt-Richtlinie [MiFID], BKR 2007, 45 [50]) fehlt hier schon deshalb, weil, was der Revisionswerber verschweigt, die Kommanditisten nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 14) in Übereinstimmung mit § 124 Abs 1 UGB nur dann berechtigt sind, ihre (allenfalls treuhändig gehaltenen) Kommanditeinlagen auf einen Dritten zu übertragen, wenn dem die geschäftsführende Komplementärin schriftlich zugestimmt hat. Wenn man ‑ wie im Parallelverfahren 1 Ob 223/14x ‑ zugrunde legte, dass für den Kläger die Kommanditeinlage treuhändig gehalten wurde, ergäbe sich aus dem von ihm auch hier vorgelegten Treuhandvertrag darüber hinaus, dass auch eine Übertragung der Rechte und Pflichten des Treugebers nur mit Zustimmung der Treuhänderin und nur mit Wirkung zum Ende eines Geschäftsjahrs erfolgen kann. Damit steht bereits die der (indirekten) Beteiligung des Klägers zugrunde liegende Vertragsgestaltung einer freien Handelbarkeit am Kapitalmarkt und damit der von ihm geltend gemachten Gleichstellung des Kommanditanteils mit einem Wertpapier entgegen. Der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH zu der vom Kläger formulierten Frage, ob öffentlich angebotene Kommanditbeteiligungen als Wertpapiere bzw wertpapierähnlich anzusehen seien, bedarf es hier daher nicht.
4. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass der Anteilserwerb des Klägers eine Veranlagung darstellt, weswegen der zugrunde liegende Prospekt nicht der Billigung durch die FMA gemäß § 8a KMG unterlag, bedeutet damit auch unter Bedachtnahme auf die von ihm aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen keine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Die in seinem Rechtsmittel relevierten Fragen zur inhaltlichen Ausgestaltung der steuerrechtlichen Aspekte der gewählten Veranlagung sind daher nicht von Relevanz. Ein Vorbringen dazu, worin die Rechtswidrigkeit des gegen ihn erlassenen Steuerbescheids gelegen sein soll, hat der hierfür beweispflichtige Kläger (siehe dazu Schragel, AHG³ Rz 144) im Verfahren erster Instanz erst gar nicht erstattet.
5. Rechtsfragen von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO werden im Rechtsmittel des Klägers damit insgesamt nicht angesprochen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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