OGH 4Ob25/15b

OGH4Ob25/15b17.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei D***** s.r.o., *****, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 34.900 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 9. Dezember 2014, GZ 4 R 191/14g‑8, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 7. Oktober 2014, GZ 38 Cg 124/14v‑4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00025.15B.0217.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin verfügt über eine Bewilligung zur Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung mittels Automaten nach dem oberösterreichischen Glücksspielautomatengesetz.

Die Beklagte betreibt in Linz ein Lokal, zu dessen Betrieb sie über keine Gewerbeberechtigung verfügt. Sie verfügt auch über keine Bewilligung für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung. Dennoch gibt es in ihrem Lokal zumindest neun Spielautomaten. Bei den Spielen handelt es sich um ein „Glücksspiel“, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis (Gewinn oder Verlust) ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere in dem näher genannten Lokal in Linz, solange sie oder der Dritte, dem sie die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung ermögliche, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfüge. Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten dürfe nur mit behördlicher Bewilligung erfolgen. Da die Beklagte über keine solche Bewilligung verfüge, betreibe sie ein illegales Glücksspiel und verstoße auch gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch).

Die Beklagte wendet ein, das Glücksspielgesetz sei unanwendbar, weil das Glücksspielmonopol aus näher ausgeführten Gründen unionsrechtswidrig sei. Jedenfalls sei die Rechtsansicht der Beklagten vertretbar; daher bestehe kein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsbegehren statt. Die Beklagte ermögliche verbotene Ausspielungen und greife so in das Glücksspielmonopol des Bundes ein. Die Behauptung, die Normen des Glücksspielgesetzes seien wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar, müsse im Provisorialverfahren erfolglos bleiben, weil es nicht möglich sei, die für diese Beurteilung notwendigen vielschichtigen Sachverhaltsdetails mit den Mitteln des Bescheinigungsverfahrens zu klären. Es liege ein Rechtsbruch iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG vor.

Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche einstweilige Verfügung, machte jedoch ‑ ohne einen darauf abzielenden Antrag der Beklagten ‑ deren Wirksamkeit vom Erlag einer Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 EUR abhängig; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zur Frage der amtswegigen Auferlegung einer Sicherheitsleistung zulässig sei. Die einstweilige Verfügung greife trotz Bescheinigung des Anspruchs tief in die Interessen der Beklagten ein. Die Beklagte betreibe ein Lokal, in dem neun Automaten aufgestellt seien. Dies deute darauf hin, dass das Hauptgeschäftsfeld die Ermöglichung des Automatenglückspiels sei. Die einstweilige Verfügung vernichte daher das Geschäftsmodell der Beklagten. Unter diesen Umständen sei die einstweilige Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, die mit 50.000 EUR zu bemessen sei.

Mit ihrem Revisionsrekurs strebt die Klägerin die Abänderung der einstweiligen Verfügung dahin an, dass der Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung entfalle.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Die Klägerin macht geltend, dass die Höhe der Sicherheitsleistung ihre wirtschaftlichen Interessen erheblich gefährde, weil sie zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels Millionen Euro für die Sicherheitsleistungen einsetzen müsste, während die Sicherungsverfügung in die Geschäftstätigkeit der Beklagten nicht sehr erheblich eingreife.

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 528 Abs 1 ZPO auf:

1. Auch bei ausreichender Bescheinigung des Anspruchs kann das Gericht dann die Bewilligung der einstweiligen Verfügung von einer entsprechenden Sicherheitsleistung abhängig machen, wenn nach den Umständen des Falls Bedenken wegen tiefgreifender Eingriffe der einstweiligen Verfügung in die Interessen des Gegners der gefährdeten Partei bestehen (§ 390 Abs 2 EO). Durch die Sicherheitsleistung wird in solchen Fällen die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (RIS‑Justiz RS0005711; vgl auch RS0005595). Auf die Vermögensverhältnisse der gefährdeten Partei kommt es bei der Beurteilung, ob und in welcher Höhe eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen ist, grundsätzlich nicht an (vgl Kodek in Angst, EO² § 390 Rz 11).

2. Die Auferlegung einer Sicherheitsleistung ist auch ohne einen in erster Instanz gestellten Antrag formell zulässig (4 Ob 317/75 = ÖBl 1975, 110 = RIS‑Justiz RS0005496 [T1]). Nur wenn Umstände, aus denen sich ein schwerwiegender Eingriff, der eine Sicherheitsleistung rechtfertigt, vom Gegner der gefährdeten Partei weder behauptet noch bescheinigt werden und sie auch sonst im Verfahren nicht hervorkommen, dann ist die Sicherheitsleistung nicht aufzutragen (Kodek in Angst, aaO § 390 Rz 6; 4 Ob 396/77 = ÖBl 1978, 98 mwN; vgl RIS‑Justiz RS0005595 [T15]).

3.1. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, dass die Beklagte über keine Gewerbeberechtigung für eine Gaststätte verfügt. Das Rekursgericht konnte daher vertretbar davon ausgehen, dass das Hauptgeschäftsfeld der Beklagten die Ermöglichung des Automatenglücksspiels sei und daher die Sicherungsverfügung ihr Geschäftsmodell vernichte. Die Festsetzung einer Sicherheitsleistung durch das Rekursgericht ist daher nicht zu beanstanden (vgl schon 4 Ob 145/14y).

3.2. In welcher Höhe eine nach § 390 Abs 2 EO auferlegte Sicherheitsleistung gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher regelmäßig keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSv § 528 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0113134). In Bezug auf die Höhe hat das Rekursgericht seinen der Natur der Sache nach bestehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

4. Der Revisionsrekurs der Klägerin ist somit zurückzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen; die Klägerin hat ihr daher die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung zu ersetzen.

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