OGH 9ObA139/14b

OGH9ObA139/14b29.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Dehn und die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Harald Kohlruss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** S*****, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerd Mössler, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Feststellung (Streitwert: 30.750 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. September 2014, GZ 10 Ra 48/14y‑29, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00139.14B.0129.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag oder eine selbständige Tätigkeit als Franchisenehmer vereinbart wurde, kann immer nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (9 ObA 54/07t; RIS‑Justiz RS0021743). Ausschlaggebend sind die konkreten Rahmenbedingungen und der Inhalt der zu beurteilenden Tätigkeit, sodass allgemeingültige Aussagen des Obersten Gerichtshofs regelmäßig nicht möglich sind. Hat daher ‑ wie hier ‑ das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Obersten Gerichtshof judizierten Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt, verwirklicht die Anwendung dieser Kriterien auf den jeweiligen Einzelfall ‑ von unvertretbaren Fehlbeurteilungen abgesehen ‑ keine iSd § 502 Abs 1 ZPO qualifizierte Rechtsfrage.

2.1 Der „echte“ Arbeitsvertrag iSd § 1151 ABGB ist vor allem durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber charakterisiert (RIS‑Justiz RS0021332; Spenling in KBB4 § 1151 Rz 6 mwH). Die Auffassung der Vorinstanzen, dass hier ‑ gerade auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses ‑ die Merkmale einer persönlichen Abhängigkeit nicht in einem solchen Ausmaß vorlagen, dass vom Vorliegen eines echten Arbeitsvertrags ausgegangen werden könnte, ist vertretbar:

2.2 Die Vereinbarung eines generellen Vertretungsrechts schließt Fremdbestimmung und damit einen Arbeitsvertrag aus, soweit das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt wird oder bei objektiver Betrachtung zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung erfolgt (Rebhahn in ZellKomm² § 1151 ABGB Rz 91 ff; RIS‑Justiz RS0118332). Nach dem Wortlaut der vom Berufungsgericht behandelten Vereinbarung des Vertretungsrechts in Pkt 4.5 des Franchisevertrags war der Klägerin eine Vertretungsmöglichkeit bei vorübergehender Verhinderung eingeräumt, dies aber ‑ entgegen den Ausführungen in der Revision ‑ nicht nur in den (in dieser Vertragsklausel bloß beispielhaft genannten) Fällen der Krankheit oder des Urlaubs, sondern nach freiem Belieben der Klägerin. Die Klägerin nutzte ihr Vertretungsrecht in Bezug auf das Nagelstudio lediglich aus wirtschaftlichen Gründen nicht aus. Sie ging aber nach den Feststellungen selbst davon aus, dass sie das Nagelstudio zwar betreiben müsse, dass sie aber nicht notwendigerweise selbst dort zu arbeiten habe. Für den Betrieb des Solariums stellte sie ‑ nicht nur vorübergehend ‑ Arbeitnehmer ein. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht von der Vereinbarung einer persönlichen Arbeitspflicht der Klägerin auszugehen ist, hält die Revisionswerberin lediglich entgegen, dass Punkt 4.5 des Franchisevertrags keine generelle Vertretungsbefugnis einräume. Der bloße Umstand aber, dass auch eine andere Auslegung einer Vertragsbestimmung vertretbar wäre, wirft noch keine erhebliche Rechtsfrage auf (RIS‑Justiz RS0042776).

3. Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist ebenfalls eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Dies gilt auch für die Frage, ob das bisher erstattete

Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht (RIS‑Justiz RS0042828). Die Frage der Weisungs‑ und Kontrollgebundenheit war von Beginn des Verfahrens an ein wesentliches Thema, zu dem die Parteien auch Vorbringen erstattet haben. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang auch auf die sich aus dem Wesen des Franchisevertrags ergebende Kontrolle über die Geschäftstätigkeit des Franchisenehmers

(vgl 9 ObA 8/91; RIS‑Justiz RS0071387) hingewiesen, sodass schon daher die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen eines Verstoßes gegen § 182a ZPO nicht vorliegt (RIS‑Justiz RS0122365). Das Erstgericht stellte nicht nur den Inhalt des Vertrags fest, sondern auch, dass sich die Kontrolle der Beklagten im Wesentlichen auf die Überprüfung der von der Klägerin ermittelten Daten beschränkte, um sich ein Bild von der Situation des Unternehmens machen zu können. Eine Unvertretbarkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass nähere Feststellungen zu konkreten arbeitsbezogenen Weisungen oder Vorgaben der Beklagten mangels entsprechend spezifizierten Vorbringens der Klägerin nicht getroffen werden konnten, zeigt die Klägerin mit dem Argument, ihr Vorbringen sei ausreichend gewesen, nicht auf.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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