OGH 9ObA136/14m

OGH9ObA136/14m29.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Harald Kohlruss in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat Bordservice ***** der ÖBB***** AG, *****, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei ÖBB***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 3. September 2014, GZ 7 Ra 26/14v‑13, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 28. Jänner 2014, GZ 31 Cga 168/13d‑9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00136.14M.0129.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.329,84 EUR (darin 221,64 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist ein nach den Bestimmungen des ArbVG gebildeter Betriebsrat für den Betrieb Bordservice *****, dessen Zuständigkeitsbereich sich auf alle 154 Arbeitnehmer erstreckt. Auf ihre Dienstverhältnisse findet der Kollektivvertrag zur Regelung der Arbeitszeit für Mitarbeiter der ÖBB (idF: Arbeitszeit-KV) Anwendung, der auszugsweise lautet:

„…

§ 6 RUHEPAUSEN

3. Sonstiger Fahrdienst

Im sonstigen Fahrdienst sind alle Ruhepausen innerhalb einer Dienstschicht zu addieren.

Beträgt die Tagesarbeitszeit mehr als sechs Stunden, sind von der Gesamtdauer an Ruhepausen 30 Minuten in Abzug zu bringen, der Rest der Ruhepausenzeit ist zu 100 % zu bezahlen. Beträgt die Tagesarbeitszeit mehr als acht Stunden, sind von der Gesamtdauer an Ruhepausen 45 Minuten in Abzug zu bringen, der Rest der Ruhepausenzeit ist zu 100 % zu bezahlen.

Hinsichtlich der Kraftwagenlenker wird auf die Einhaltung der Bestimmungen des Punktes 5 und des § 12 besonders hingewiesen.

4. Bezahlte Ruhepausen bzw bezahlte Ruhepausenanteile sind bei der Ermittlung der wöchentlichen Normalarbeitszeit und der ggf. damit in Zusammenhang stehenden Überstunden anzurechnen, gelten jedoch nicht als tatsächliche Arbeitszeit und sind daher für die Ermittlung der Höchstgrenzen an täglicher und wöchentlicher Arbeitszeit nicht zu berücksichtigen.

5. Die Lage der Ruhepausen ist in einer Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG zu vereinbaren.

Betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen, Kurzpausen, Ruhepausen oder Ruhepausenteile, deren zeitliche Lage nicht festgelegt werden kann ‑ z. B. je nach Arbeitsaufkommen verschiebbare Ruhepausen oder Ruhepausen im Zug ‑ oder solche, die dem Regenerationsgedanken nicht Rechnung tragen, dürfen nicht als Ruhepausen bewertet werden und gelten als Arbeitszeit.“

Im November 2011 wurde eine Betriebsvereinbarung für das Fahrplanjahr 2011/2012 abgeschlossen, die mit 11. Dezember 2011 Gültigkeit erlangte. Damit erfolgte unter anderem die Planung der gesamten Dienstschichten der Arbeitnehmer auf Basis des Arbeitszeit-KV. Die Dienstschichten und Dienstpläne legen die Lage der Arbeitszeit und der Arbeitspausen fest. Sie werden so erstellt, dass sie im Vorfeld, und zwar für ein Fahrplanjahr im Vorhinein, besprochen und aufeinander abgestimmt werden. Auf dieser Grundlage kommt sodann eine Betriebsvereinbarung zustande.

Von den so vereinbarten Ruhepausen werden entsprechend der kollektivvertraglichen Regelung ab einer tatsächlichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden 30 Minuten und ab einer tatsächlichen Arbeitszeit von mehr als acht Stunden 45 Minuten von der Gesamtdauer der Ruhepausen in Abzug gebracht. Dieser in Abzug gebrachte Zeitwert an unbezahlten Ruhepausen sowie die zeitliche Lage der einzelnen Ruhepausen gelangt den Mitarbeitern der Beklagten durch die Dienstschichten und -pläne entsprechend der Betriebsvereinbarung zur Kenntnis. Die Pausen sind in den Schichtplänen nach ihrer Länge und Lage ausgewiesen, jeweils eine Pause ist als unbezahlt („Pu“) gekennzeichnet (Beil ./A bis ./D). Durch die Betriebsvereinbarung ist es dem Betriebsrat möglich, die Pausen in ihrer zeitlichen Lage so zu beeinflussen, dass dem Erholungswert der Ruhepausen Rechnung getragen wird.

Obwohl der Dienstbeginn, das Dienstende und die Lage der Ruhepause im Vorhinein vereinbart werden und diese Daten verpflichtend im Dienst- bzw Schichtplan auszuweisen sind, kommt es bei der Beklagten immer wieder aus in ihrer Sphäre liegenden Umständen zu kurzfristigen Änderungen der unbezahlten Pausen. Von den vom Erstgericht festgestellten Fällen sei beispielhaft angeführt:

Am 7. November 2012 wurde im Fall M***** F***** die unbezahlte Pause, die für 13:31 Uhr bis 14:16 Uhr vorgesehen war, auf 08:20 Uhr bis 09:05 Uhr vorverlegt. Dienstbeginn war 05:00 Uhr, Dienstende 22:41 Uhr. M***** F***** konsumierte die vorverlegte Pause in Villach, wo die notwendige Infrastruktur bestand, um diese entsprechend zu nutzen. Die Ruhepause war für ihn aber nicht vorhersehbar.

Solcherart verlegte Ruhepausen wurden von der Beklagten als unbezahlte Pause „vom Gehalt abgezogen“ (gemeint: nicht als Arbeitszeit gewertet).

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass Arbeitnehmern der Beklagten bei kurzfristigen Änderungen der vereinbarten unbezahlten Pausen aus Umständen, die der Sphäre der Beklagten zuzurechnen seien, wie beispielsweise Zugverspätungen, Wartezeiten, Maschinenausfall …, deren zeitliche Lage somit nicht festgestellt werden könne, die Dienstschicht vom Beginn bis zum Ende bezahlt werden müsse. Sollten in der gesamten Dienstschicht weitere geplante Pausen bestanden haben, sei in den genannten Fällen von der Beklagten dennoch die gesamte Dienstschicht zu bezahlen.

Wenn die vereinbarte Lage der unbezahlten Pause von der Beklagten kurzfristig geändert werde, habe der weitere Dienstplan unverändert zu bleiben und sei die Pause dementsprechend zu bezahlen. Die Beklagte bezahle diese Zeit mit der Begründung nicht, dass in der übrigen Dienstschicht noch ausreichend Ruhepausenzeiten vorhanden seien. Ihre Vorgangsweise verstoße gegen die Regelungen des anzuwendenden Arbeitszeit‑KV und gegen das AZG. Den Arbeitnehmern sei nicht nur bekannt, welcher Zeitwert an unbezahlter Pause abgezogen werde, sondern auch deren zeitliche Lage, die verpflichtend im Dienstplan bei jeder Schicht auszuwerfen sei. Bei Verkürzung bzw Entfall einer unbezahlten Pause erhöhe sich die tatsächliche Arbeitszeit, was sich in Mehrarbeitsstunden/Überstunden auswirke. Dem Regenerationsgedanken werde nicht Rechnung getragen, weil die fixe Pause (unbezahlt) nicht mehr vorhersehbar sei.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte zusammengefasst ein, die Ruhepausen im Ausmaß von 30 bzw 45 Minuten seien bei der jeweiligen Dienstschicht von allen aufsummierten Ruhepausen als unbezahlt in Abzug zu bringen. Bei dieser kollektivvertraglichen Abzugsregelung handle es sich um eine Bezahlungsregelung für Ruhepausen. Der Kollektivvertrag unterscheide nicht zwischen bezahlten und unbezahlten Ruhepausen. Wo in der jeweiligen Dienstschicht der unbezahlte Teil zu liegen komme, sei nicht von Bedeutung, solange den Dienstnehmern ein entsprechender Zeitraum von 30 bzw 45 Minuten an Ruhepausen zur Regeneration eingeräumt werde. Den Dienstnehmern sei bekannt, dass sie in jeder Dienstschicht die Möglichkeit zum Konsum von Ruhepausen im erforderten Gesamtausmaß hätten, sodass sie auch vorhersehbar seien. Die getrennte Ausweisung der Ruhepausen nach bezahlten und unbezahlten diene nur Informationszwecken. Die Beklagte sei aufgrund der Bestimmungen des § 6 KV nicht verpflichtet, die Ruhepausen getrennt nach bezahlten und unbezahlten auszuweisen. Den jeweiligen Mitarbeitern seien in Summe noch genügend andere Pausenzeiträume innerhalb der jeweiligen Dienstschicht zur Verfügung gestanden, um dem gesetzlichen Erfordernis von Ruhepausen Rechnung zu tragen. Mit der Möglichkeit, Ruhepausen aufzuaddieren, hätten die Kollektivvertragspartner auf die Besonderheiten des öffentlichen Personennah‑ bzw ‑fernverkehrs Rücksicht nehmen und eine praktikable Ruhepausenregelung treffen wollen, die auf etwaige Zugverspätungen bzw sonstige außergewöhnliche Ereignisse, die ein Verschieben von Ruhepausen notwendig machten, Bedacht nähme.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Lage der Arbeitszeit und der Ruhepausen sei mit Betriebsvereinbarung geregelt. Durch die unvorhersehbare Änderung der Lage der Ruhepause werde ihr Zweck, nämlich die Vorhersehbarkeit und der Erholungswert vereitelt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Nach § 6 Punkt 5. des Arbeitszeit-KV dürften ua Ruhepausen oder Ruhepausenanteile, deren zeitliche Lage nicht festgelegt werden könne, nicht als Ruhepausen bewertet werden und hätten als Arbeitszeit zu gelten. Sie seien auch entsprechend zu entlohnen. Die Lage der Ruhepause müsse vorhersehbar sein und daher spätestens bei Beginn der Arbeit umfangmäßig festliegen. Da die Lage und die Länge der kurzfristig geänderten Ruhepausen nicht mehr vorhersehbar sei, könnten sie nicht mehr als unbezahlte Pausen bewertet werden. Die Revision sei mangels Rechtsprechung zur Frage der Ruhepausenregelung im Arbeitszeit-KV zulässig.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsabweisung.

Der Kläger beantragt, die Revision zurück-, in eventu abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , jedoch nicht berechtigt .

I. Die Revision ist entgegen dem Vorbringen des Klägers rechtzeitig (Zustellung des Berufungsurteils: 12. 9. 2014; Einbringung der Revision: 9. 10. 2014).

II. 1. Gemäß § 11 Abs 1 AZG ist, wenn die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit mehr als sechs Stunden beträgt, die Tagesarbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu unterbrechen. Unter bestimmten Umständen können anstelle einer halbstündigen Ruhepause zwei Ruhepausen von je einer Viertelstunde oder drei Ruhepausen von je zehn Minuten gewährt werden.

Da das Gesetz von einer Unterbrechung der Arbeitszeit durch die Ruhepause spricht, zählt die Ruhepause grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit (RIS‑Justiz RS0051370 [T1]) und wäre daher auch nicht zu bezahlen, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist (RIS‑Justiz RS0102995 [T4]). Damit eine „Pause“ als Ruhepause im Sinn des § 11 Abs 1 AZG anerkannt werden kann, muss sie ihrer Lage nach für den Arbeitnehmer aber vorhersehbar sein (sich also an einer im Vorhinein definierten zeitlichen Position im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung befinden) oder vom Arbeitnehmer innerhalb eines vorgesehenen Zeitraums frei gewählt werden können (RIS‑Justiz RS0051919 [T3], RS0102995 [T1]; Klein in Heilegger/Klein/Schwarz, AZG3 § 11 Erl 1, 276; Pfeil in Grillberger, AZG3 § 11 Rz 1; krit Schrank, Arbeitszeitgesetze2 § 11 AZG Rz 3 ff).

2. Für Arbeitnehmer in Betrieben des öffentlichen Verkehrs treffen die §§ 18 bis 18k AZG Sonderregelungen. Gemäß § 18h Abs 1 AZG ist § 11 AZG auf das Zugpersonal nicht anzuwenden. Gemäß § 18h Abs 3 AZG ist, wenn die Gesamtdauer der Arbeitszeit mehr als sechs Stunden beträgt, die Arbeitszeit des Zugbegleitpersonals durch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen. Diese Mindestpause ist im Gegensatz zur allgemeinen Ruhepause des § 11 AZG ungeteilt zu gewähren (Schrank, Arbeitszeitgesetze2 § 18h AZG Rz 3; Klein in Heilegger/Klein/Schwarz, AZG3 § 18 bis 18k Erl 7, 394).

3. Gemäß § 18h Abs 4 AZG müssen die zeitliche Lage und die Länge der Ruhepause ausreichend sein, um eine effektive Erholung des Zugpersonals zu sichern. Zur Frage der Exaktheit der Vorausplanung der Ruhepause trifft § 18h AZG keine Aussage, sodass die dargestellten allgemeinen Kriterien zur Anwendung gelangen, die auch für Ruhepausen iSd § 11 AZG gelten (in diesem Sinn ebenso Schrank, Arbeitszeitgesetze2 § 18h AZG Rz 2).

4. Gemäß § 18j AZG kann der Kollektivvertrag für Zugpersonal, das nicht grenzüberschreitend eingesetzt wird, Abweichungen von den §§ 18h und 18i Abs 1 vorsehen. Es sind daher die Regelungen des Arbeitszeit-KV zu prüfen.

5. § 6 Punkt 3. des Arbeitszeit-KV ordnet für den sonstigen Fahrdienst eine Addierung aller Ruhepausen innerhalb einer Dienstschicht an. Beträgt die Tagesarbeitzeit mehr als sechs Stunden, sind von der Gesamtdauer an Ruhepausen 30 Minuten in Abzug zu bringen, der Rest der Ruhepausenzeit ist zu 100 % zu bezahlen. Beträgt die Tagesarbeitszeit mehr als acht Stunden, sind von der Gesamtdauer an Ruhepausen 45 Minuten in Abzug zu bringen, der Rest der Ruhepausenzeit ist ebenso zu 100 % zu bezahlen. § 6 Punkt 3. des Arbeitszeit-KV enthält somit eine Bezahlungsregel für die Ruhepausen, trifft aber über die Dauer und die Lage der Ruhepausen keine Aussage. Vielmehr behält § 6 Punkt 5. erster Satz des Arbeitszeit-KV die Festlegung der Lage von Ruhepausen einer Betriebsvereinbarung vor.

6. In Bezug auf die Betriebsvereinbarung meint die Beklagte, dass sie nicht zur Ausweisung von unbezahlten und bezahlten Ruhepausen verpflichtet sei und die entsprechende Ausweisung in den Schichtplänen nur der Information diene. Die Ruhepausen hätten für Bezahlungszwecke „kein Mascherl“. Die Beklagte sei daher auch bei einseitiger Verlegung von Ruhepausen nach § 6 Punkt 3. des Arbeitszeit-KV berechtigt, von der Gesamtdauer der Ruhepausen 30 bzw 45 Minuten als unbezahlte Pausen abzuziehen.

Der normative Teil von Betriebsvereinbarungen ist nach den für die

Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen; die für die Interpretation von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen normierten Grundsätze des ABGB haben daher hier keine Anwendung zu finden (RIS‑Justiz RS0050963).

Nach diesem Maßstab ist den Schichtplänen nicht zu entnehmen, dass die Ausweisung der Ruhepausen als unbezahlt („Pu“) oder bezahlt lediglich Informationszwecken dienen sollte und nicht für das weitere Verständnis der Ruhepausen und ihrer Abgeltung herangezogen werden dürfte. Weist die Beklagte im Schichtplan für den eingangs wiedergegebenen Beispielsfall eine unbezahlte Pause von 13:31 Uhr bis 14:16 Uhr aus, so kann die Bedeutung dessen nicht alleine darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer an jenem Tag überhaupt eine unbezahlte Pause im Ausmaß von 45 Minuten haben soll (dies wäre unschwer ohne Bezugnahme auf eine konkrete Pause darstellbar gewesen), sondern, dass sie ihm auch zu der angegebenen Zeit zu gewähren ist. Durch die Festlegung der Ruhepausen in den Schichtplänen und ihrer Vorabwidmung als bezahlt oder unbezahlt wurde damit im Ergebnis die Bezahlungsregel des § 6 Punkt 3. des Arbeitszeit-KV insofern abgeändert, als von Ruhepausen, die nach den Schichtplänen zu bezahlen sind, keine Zeit mehr in Abzug gebracht werden darf, die nicht bezahlt wird.

7. § 6 Punkt 5. zweiter Satz des Arbeitszeit-KV hält ausdrücklich fest, dass ua Ruhepausen oder Ruhepausenanteile, deren zeitliche Lage nicht festgelegt werden kann ‑ zB je nach Arbeitsaufkommen verschiebbare Ruhepausen oder Ruhepausen im Zug ‑ nicht als Ruhepausen bewertet werden dürfen und als Arbeitszeit gelten. Eine einseitige, nicht durch Betriebsvereinbarung gedeckte Verlegung einer unbezahlten Ruhepause durch die Beklagte ist danach als Arbeitszeit zu werten. Ebenso ist aber der Zeitraum, in dem die Ruhepause nach dem Dienstplan zu gewähren gewesen wäre, Arbeitszeit, weil in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet wird. Bei einer einseitig verlegten unbezahlten Ruhepause ist danach sowohl der Zeitraum der neuen als auch jener der ursprünglichen Ruhepause als Arbeitszeit zu werten und zu bezahlen.

Um dies mit einem Beispiel zu illustrieren:

Gewährt der Dienstplan dem Arbeitnehmer bei einer achtstündigen Dienstschicht drei Ruhepausen von jeweils 30 Minuten, beträgt die Gesamtdauer der Ruhepausen 90 Minuten, wovon nach § 6 Punkt 3. Arbeitszeit-KV 30 Minuten als unbezahlte Ruhepause abzuziehen wären. Es verbliebe eine bezahlte Ruhepausenzeit von 60 Minuten. Für eine solche Dienstschicht wären daher sechs Stunden und 30 Minuten als Arbeitszeit und 60 Minuten als Ruhepausenzeit, insgesamt somit sieben Stunden und 30 Minuten zu bezahlen.

Bei einseitiger Verlegung einer Ruhepause wäre nach § 6 Punkt 5. Arbeitszeit-KV auch die Zeit dieser ehemaligen Ruhepause als Arbeitszeit zu werten: In ihr wird nun gearbeitet. An ihrer neuen Lage trägt die verlegte Ruhezeit aber dem Regenerationsgedanken nicht Rechnung. Nach § 6 Punkt 3. Arbeitszeit-KV wären ‑ ohne Berücksichtigung der Betriebsvereinbarung und der Widmungen ‑ von der Gesamtdauer der zwei unverändert verbleibenden Ruhepausen 30 Minuten als unbezahlte Ruhepause abzuziehen, sodass eine bezahlte Ruhepausenzeit von 30 Minuten verbliebe. Für eine solche Dienstschicht wären daher sieben Stunden als Arbeitszeit und 30 Minuten als Ruhepausenzeit zu bezahlen.

Aufgrund der Widmungen der in den Schichtplänen ausgewiesenen Ruhepausen als unbezahlt oder bezahlt bleibt es bei einseitiger Verlegung der unbezahlten Ruhepause dabei, dass diese Pause gemäß § 6 Punkt 5. Arbeitszeit-KV als Arbeitszeit zu werten ist. Da aber die zwei restlichen Ruhepausen nach den Schichtplänen jedenfalls zu bezahlen sind, bleibt für die Anwendung des § 6 Abs 3 Arbeitszeit-KV und somit für einen Abzug von 30 Minuten als unbezahlte Ruhepause kein Raum. Es sind daher sieben Stunden als Arbeitszeit und 60 Minuten als Ruhepausenzeit zu bezahlen.

8. Zusammenfassend ist die Beklagte bei einseitiger Verlegung einer im Schichtplan als unbezahlt ausgewiesenen Ruhepause im Ergebnis daher verpflichtet, neben der tatsächlichen Arbeitszeit die verlegte Ruhepause als Arbeitszeit und die übrigen Ruhepausen wie im Schichtplan vorgesehen als bezahlte Pausen zu bezahlen.

Da sich die Revision der Beklagten damit nicht als berechtigt erweist, war ihr ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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