OGH 14Os141/14p

OGH14Os141/14p20.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Tischler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stephan G***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 und § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 044 Hv 149/13x des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 25. Oktober 2013, GZ 044 Hv 149/13x‑16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Verurteilten und seines Verteidigers Dr. Reif‑Breitwieser zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00141.14P.0120.000

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. Oktober 2013, GZ 044 Hv 149/13x‑16, verletzt ‑ soweit damit vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 11. Mai 2010, GZ 36 Hv 27/10f‑22, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die

Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde (Punkt 2./ des Beschlusses) ‑ § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz StGB.

Dieser

Beschluss, der im Übrigen unberührt bleibt, wird im zuvor genannten Ausspruch aufgehoben und es wird der in diesem Sinn gestellte Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit (am selben Tag) rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 11. Mai 2010, GZ 36 Hv 27/10f‑22, wurde Stephan G***** zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, von der ein Teil gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Aus dem unbedingt verhängten Teil dieser Freiheitsstrafe wurde der ‑ schon zum Urteilszeitpunkt in Haft befindliche ‑ Verurteilte mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 19. Mai 2010, GZ 46 BE 93/10f‑6, am 14. Juli 2010 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. Oktober 2013, GZ 044 Hv 149/13x‑16, wurde Stephan G***** ‑ für zwischen 18. August und 11. September 2013 begangene Taten - neuerlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich fasste das Gericht über Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 6 S 3) ‑ soweit hier von Bedeutung ‑

den (unangefochten in Rechtskraft erwachsenen) Beschluss, vom Widerruf der im Verfahren AZ 36 Hv 27/10f des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO abzusehen, jedoch gemäß Abs 6 die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (Punkt 2./ des Beschlusses; ON 16 S 3 f).

Rechtliche Beurteilung

In diesem Umfang steht der Beschluss, wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Die Entscheidung darüber, ob eine bedingte Strafnachsicht widerrufen (§ 53 Abs 1 erster Satz StGB) oder im Fall des Absehens vom Widerruf die Probezeit verlängert wird (§ 53 Abs 3 erster Satz StGB), setzt eine während der Probezeit begangene strafbare Handlung voraus (vgl § 53 Abs 1 erster Satz StGB und § 494a Abs 1 erster Satz StPO).

Gemäß § 49 erster und zweiter Satz StGB beginnt die Probezeit mit Rechtskraft jener Entscheidung, mit der die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist, wobei Zeiten, in denen der Verurteilte auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, in die Probezeit nicht eingerechnet werden. Wird ein Verurteilter aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe vor Ablauf der für den bedingt nachgesehenen Strafteil bestimmten Probezeit bedingt entlassen, so laufen beide Probezeiten nur gemeinsam ab (§ 49 dritter Satz StGB).

Die zu AZ 36 Hv 27/10f des Landesgerichts Salzburg bestimmte Probezeit begann daher (nach Maßgabe des § 68 StGB) am 11. Mai 2010 und endete ‑ zumal Stephan G***** nach dem 14. Juli 2010 (nach der Aktenlage) nicht behördlich angehalten wurde ‑ am 14. Juli 2013.

Demnach hat Stephan G***** die vom Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 25. Oktober 2013 zu AZ 044 Hv 149/13x abgeurteilten strafbaren Handlungen nicht während der Probezeit begangen, weshalb der Beschluss über deren Verlängerung § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz StGB verletzt.

Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkt zum Nachteil des Verurteilten; der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, ihrer Feststellung wie aus dem Spruch ersichtlich konkrete Wirkung zuzuerkennen (§ 292 letzter Satz StPO).

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