OGH 11Os130/14y

OGH11Os130/14y13.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtswärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sandor B***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall, § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4. August 2014, GZ 8 Hv 55/14y‑35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00130.14Y.0113.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sandor B***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall, § 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zumindest einem weiteren bislang unbekannten Täter nachstehenden Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen im 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag durch Einbruch in Gebäude mit dem Vorsatz teils weggenommen, teils wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle durch Einbruch jeweils in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung (US 5: von Einbruchsdiebstählen) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. am 25. Februar 2014 in K***** Christa P***** und Hannes H***** Schmuck im Gesamtwert von 4.932 Euro sowie 350 Euro Bargeld, indem er die Terrassentür des Einfamilienhauses mit einem unbekannten Werkzeug aufbrach;

2. am 27. Februar 2014 in G***** DI Heidrun Po***** unbekannte Gegenstände, indem er abermals eine Terrassentür zu einem Einfamilienhaus mit einem Schraubenzieher aufbrach und die Räumlichkeiten nach Wertgegenständen durchsuchte, wobei es infolge Betretung auf frischer Tat beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter ihre Überzeugung von der Beteiligung des Angeklagten (auch) am ersten Einbruch (1./) mit einem Vergleich zu jenem, bei dem er gestellt werden konnte (2./) und einer vernetzten Betrachtung von für seine Täterschaft sprechenden Indizien logisch nachvollziehbar und empirisch einwandfrei begründet (US 6 ff; modus operandi; Professionalität der Vorgangsweise; Spurenvermeidung; Einloggung seines Telefons zur Tatzeit in Tatortnähe mit Telefonkontakt zur selben Nummer, mit der er während des Einbruchs am 27. Februar 2014 in Verbindung stand; Verhalten während der Flucht nach dem zweiten Einbruch; einschlägige Vorstrafenbelastung in Ungarn; geringes Einkommen). Dabei beleuchteten sie die insoweit leugnende Verantwortung des Angeklagten (er habe sich am 25. Februar gar nicht in Österreich aufgehalten) ebenso wie seine Erklärung für den Standort seines Mobiltelefons an diesem Tag, ein Schreiben des Istvan S***** (Beilage ./2 zu ON 31) sowie die - auf Grund des persönlichen Eindrucks und von Details des Aussageinhalts allerdings als Gefälligkeitsaussagen gewerteten - Angaben der Zeugen Zsuzsanna M***** und Tamas B***** (der Lebensgefährtin und des Bruders des Angeklagten).

Die ‑ auf vorhandene Lichtbilder (ON 24 S 25 ff, 35, 63) und die Aussage des Zeugen T***** (ON 34 S 15) gestützte ‑ Einstufung der sichergestellten und nach der Einlassung des Angeklagten beim zweiten Einbruch bloß als Kälteschutz getragenen dünnen Wollhandschuhe als „Arbeitshandschuhe“ (US 3 f, 6) begründet dem Beschwerdeeinwand zuwider auch keinen Widerspruch im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO (RIS‑Justiz RS0119089), zumal diesem Umstand vom Erstgericht keine allein entscheidende Bedeutung zugemessen wurde (RIS‑Justiz RS0116737).

Dass beim Einbruch in K***** (1./) Anhaltspunkte für einen (vergeblichen) Angriff auch auf ein Fenster (und nicht bloß auf die Terrassentür des betreffenden Hauses) vorlagen, haben die Tatrichter im Zuge ihrer Überlegungen zum vergleichbaren „modus operandi“ gleichfalls berücksichtigt (US 6).

Insgesamt stellt der Beschwerdeführer den Argumenten des Schöffengerichts ‑ auch zur Frage der „Professionalität“ seines Vorgehens oder zu seiner finanziellen Lage als Hintergrund für die Tatbegehung und die Absicht wiederkehrender Tatbegehung zur Erzielung eines zusätzlichen Einkommens ‑ bloß eigenständige Beweiswert-erwägungen gegenüber, womit er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt ‑ wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583, RS0118780).

Mit seinem Verweis auf bereits im Rahmen der Mängelrüge vorgebrachte Argumente, auf seine eigene Einlassung, Angaben der Zeugen M***** und B***** oder auf die Umstände seiner Flucht und der Auffindung der SIM‑Karte seines Mobiltelefons am Ort der Festnahme gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, beim Obersten Gerichtshof solche Bedenken zu erwecken.

Ebensowenig wird durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz eine Urteilsnichtigkeit aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0117561, RS0102162, RS0099756).

Indem die gegen die Qualifikation nach § 130 vierter Fall StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) nicht auf Basis des Urteilssachverhalts (US 3 ff, 11) argumentiert, sondern erneut bloß das Vorliegen gewerbsmäßiger Tendenz mit Erwägungen zum Einkommen des Angeklagten und zur Nachvollziehbarkeit seiner Täterschaft zu 1./ bestreitet, vernachlässigt sie den gerade in den Feststellungen des Erstgerichts gelegenen Bezugspunkt der Geltendmachung materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte