OGH 8Ob128/14b

OGH8Ob128/14b19.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr.

Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Christian Leyroutz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch die Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 5.407,11 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 8. August 2014, GZ 1 R 274/13h‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00128.14B.1219.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin führte im Auftrag der Beklagten, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung steht, bei zwei Bauvorhaben Isolierungsarbeiten durch. Diesen Arbeiten lagen zwei gesonderte Kostenvoranschläge zugrunde, und zwar jener vom 19. 4. 2010 für das Bauvorhaben Schule über 7.573,18 EUR netto und jener vom 21. 10. 2010 für das Bauvorhaben Bank über 3.935,01 EUR netto. Darin war jeweils festgehalten, dass das tatsächlich isolierte Ausmaß gemäß ÖNORM B2260 zur Verrechnung gelange.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung folgender Rechnungen:

- Rechnung Nr 296/10 über 2.988,86 EUR (Bauvorhaben Schule)

- Rechnung Nr 307/10 über 930,73 EUR (Bauvorhaben Schule)

- Rechnung Nr 179/11 in Höhe von restlich 2.418,25 EUR (Bauvorhaben Bank).

Der Zuspruch von 930,73 EUR (Rechnung Nr 307/10) wurde rechtskräftig. Gegen den weiteren Zuspruch von 5.407,11 EUR sA erhob die Beklagte Berufung.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge. Gleichzeitig sprach es aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Entscheidung zu 8 Ob 521/93 nicht deutlich entnommen werden könne, ob die Verrechnungsart der ÖNORM B2260 vereinbart werden könne, auch wenn sie zu Abweichungen in beträchtlichem Ausmaß führe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Revision der Beklagten, die auf eine Abweisung des noch strittigen Klagebegehrens abzielt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, das Rechtsmittel der Gegenseite mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO iVm § 55 Abs 1 JN jedenfalls unzulässig.

1. Die Zusammenrechnung der Werte mehrerer Ansprüche (objektive Klagshäufung) gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN setzt einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang voraus. Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn allen Ansprüchen derselbe Klagegrund zugrunde liegt und keiner der Ansprüche die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts erfordert. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag bzw einem einheitlichen Rechtsgeschäft oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0037899; 5 Ob 169/13h). Ein innerer tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht demgegenüber nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RIS‑Justiz RS0037899). Dementsprechend findet eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus verschiedenen, wenn auch gleichartigen Verträgen bzw aus mehreren Aufträgen über gleichartige Lieferungen oder Leistungen nicht statt, und zwar auch dann nicht, wenn eine ständige Geschäftsverbindung besteht (RIS‑Justiz RS0037926 [T3, T7 und T14]).

2. Die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung der den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Ansprüche liegen nicht vor. Diese Ansprüche basieren auf Rechnungen zu unterschiedlichen Bauvorhaben, für die wiederum gesonderte Kostenvoranschläge erstellt wurden. Die noch strittigen Ansprüche, die auf das jeweils einzelne Bauvorhaben entfallen, übersteigen den Betrag von 5.000 EUR nicht.

Die Ansprüche betreffend das Bauvorhaben Schule einerseits und jene betreffend das Bauvorhaben Bank andererseits können ein ganz unterschiedliches rechtliches und tatsächliches Schicksal haben. Das Sachvorbringen ist weder zwingend identisch noch liegt ein einheitlicher Auftrag bzw ein einheitliches Rechtsgeschäft vor. Lediglich der von der Beklagten vorgetragene Umstand, dass die beiden (gesonderten) Kostenvoranschläge in Form und Art ‑ unter Bezugnahme auf die ÖNORM B2260 ‑ „deckungsgleich“ seien, führt nicht zu einem inneren tatsächlichen Zusammenhang. Auch kann ein rechtlicher Zusammenhang, der sich auf die Rechtsgrundlage beziehen muss, nicht daraus abgeleitet werden, dass in den beiden unterschiedlichen Fällen die gleiche Rechtsfrage zu lösen sei.

Im Anlassfall macht die Klägerin unterschiedliche Ansprüche aus verschiedenen, wenn auch gleichartigen Verträgen zu gesonderten Bauvorhaben geltend. Die Ansprüche aus den beiden Bauvorhaben sind daher nicht zusammenzurechnen. Da die Ansprüche in Bezug auf keines der beiden Bauvorhaben 5.000 EUR übersteigt, ist die Revision absolut unzulässig, weshalb sie zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat zwar beantragt, die Revision zurückzuweisen. Dies hat sie allerdings ausschließlich damit begründet, dass keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege. Auf die absolute Unzulässigkeit des Rechtsmittels mangels Zusammenrechenbarkeit der Ansprüche aus den beiden eigenständigen Bauvorhaben ist die Klägerin hingegen nicht eingegangen.

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