OGH 4Ob210/14g

OGH4Ob210/14g16.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei U***** e.V., *****, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz‑Schreiner und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert 36.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 16. Juli 2014, GZ 5 R 184/13p‑15, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00210.14G.1216.000

 

Spruch:

Beide außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass auf die vom beklagten Verein nach seinen Statuten und Richtlinien angebotenen Leistungszusagen gegenüber ihm beigetretenen Arbeitnehmern (finanzielle Unterstützung in näher bestimmten Fällen der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfall und der Arbeitslosigkeit) kein Rechtsanspruch besteht, und haben deshalb das auf § 1 UWG (Fallgruppe Rechtsbruch) gestützte Begehren mangels Vorliegens einer konzessionspflichtigen Versicherungstätigkeit abgewiesen.

1.2. Das vom klagenden Verband erhobene Rechtsmittel zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf. Der Frage, ob das Berufungsgericht die für die konkrete Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen der Vereinsstatuten und Vereinsnormen richtig angewendet hat, kommt regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (1 Ob 224/03b). Eine gravierende Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Rechtssicherheit gemäß § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifen wäre, liegt ebenfalls nicht vor. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist in keiner Weise bedenklich.

1.3. Das Berufungsgericht hat die erstgerichtliche Feststellung übernommen (S 7 des Berufungsurteils), wonach es zwei Formen einer Beitrittserklärung gibt, nämlich jene auf der Website des beklagten Vereins aufrufbare mit einem bloßen Hinweis auf die (ebenfalls aufrufbaren) Richtlinien (Beil ./J), und eine in Papierform (Beil ./7); Letztere enthält auf der Rückseite aufgedruckt die Richtlinien der Unterstützungskasse (Beil ./H) mit dem Hinweis auf den fehlenden Rechtsanspruch in § 1 Z 2 und § 10. Wenn das Berufungsgericht auf S 23 seiner Entscheidung davon ausgeht, auch auf der Beitrittserklärung seien die Statuten enthalten, meint es daher offensichtlich deren Papierform; diese Ungenauigkeit ist im Gesamtzusammenhang aber nicht aktenwidrig.

1.4. Für die Frage, ob der beklagte Verein ein Versicherungsprodukt anbietet, hat das Berufungsgericht zutreffend allein auf die Eigenschaften des Angebots nach den Statuten und Richtlinien abgestellt; der Inhalt von Werbematerial (hier: der Website) vermag nämlich an den Eigenschaften des beworbenen Produkts nichts zu ändern.

2.1. Ob eine Ankündigung im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage, soweit nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit aufgegriffen werden muss (RIS‑Justiz RS0053112 [T3]); dies gilt gleichermaßen für die Frage, ob ein aufklärender Hinweis ausreichend deutlich ist (zuletzt 4 Ob 87/14v).

2.2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Website der Beklagten enthalte keine ausreichend deutlichen aufklärenden Hinweise auf die Freiwilligkeit der Leistung des beklagten Vereins und sei damit geeignet, beim Publikum den unrichtigen Eindruck eines Rechtsanspruchs des Vereinsmitglieds im Versorgungsfall hervorzurufen, ist jedenfalls vertretbar.

Einen Fall der steuerlichen Förderung einer Zukunftssicherung nach § 3 Abs 1 Z 15 lit a EStG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist Voraussetzung einer Zukunftssicherung nämlich immer das Einräumen eines Versicherungsschutzes oder einer sonstigen Absicherung, die bei einem von vornherein nicht bestimmbaren Ereignis zum Tragen kommt (VwGH 86/08/0187). Bei einem wie hier fehlenden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Leistung des Beklagten wird dieser Sicherungszweck zweifellos nicht erreicht.

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