European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070NC00034.14F.1205.000
Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung über eine Klage der T***** Kft. gegen die M***** d.d. wegen 15.112,26 EUR sA wird das Handelsgericht Wien als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.
Text
Begründung
Mit der beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage begehrte die in Ungarn ansässige Klägerin von der Beklagten mit Sitz in Kroatien die Zahlung eines Betrags von 15.112,26 EUR sA. In der zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung sei die Anwendung von österreichischem Recht und die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für alle Streitigkeiten geregelt worden. Die örtliche Zuständigkeit gründe sich auf § 28 Abs 1 Z 3 JN. Für den Fall, dass die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts verneint werde, werde hilfsweise die Ordination eines Gerichts gemäß § 28 Abs 1 Z 3 JN beantragt.
Das Erstgericht wies die Klage a limine zurück. Dieser Beschluss ist nach Aktenlage in Rechtskraft erwachsen. Danach legte das Handelsgericht Wien den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Ordinationsantrag vor. Der Ordinationsantrag ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 28 JN hat der Oberste Gerichtshof ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinn dieses Gesetzes oder anderer Rechtsvorschriften nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind und wenn Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist (Abs 1 Z 1), oder wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre (Abs 1 Z 2), oder wenn die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart wurde (Abs 1 Z 3).
Die Ordinationsverpflichtung nach § 28 Abs 2 Z 3 JN besteht, wenn die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist. Dies stellt eine klarstellende Ergänzung zur Neuregelung des § 104 Abs 1 Z 1 JN dar, nach der sich die Parteien durch ausdrückliche Vereinbarung der „inländischen Gerichtsbarkeit“ (internationalen Zuständigkeit) unterwerfen können, aber kein örtlich zuständiges Gericht vereinbaren müssen. Für den Geltungsbereich des Europäischen Zuständigkeitsrechts, in dem eine Vereinbarung (bloß) der internationalen Zuständigkeit ebenfalls möglich ist (Art 23 Abs 1 EuGVVO/LGVÜ 2007 bzw Art 25 EuGVVO neu) ergibt sich eine solche Verpflichtung aus § 28 Abs 1 Z 1 JN (völker‑ bzw europarechtliche Verpflichtung; vgl Mayr in Rechberger Zivilprozessordnung4 § 28 JN Rz 5).
Dass das angerufene Gericht seine örtliche Zuständigkeit bereits rechtskräftig verneinte, führt dazu, dass der Oberste Gerichtshof insofern daran gebunden ist, als nunmehr die Notwendigkeit einer Ordination zu prüfen ist (RIS‑Justiz RS0046568). Hiefür wird das Handelsgericht Wien vom Obersten Gerichtshof ordiniert. Zwar wurde die Klage zurückgewiesen, sodass für diese rechtskräftig erledigte Sache grundsätzlich ein örtlich zuständiges Gericht nicht mehr bestimmt werden kann. Dies hindert die Ordination aber nicht. In einem solchen Fall muss die klagende Partei nach der über ihren Antrag erfolgten Ordination die Klage für den hier bereits individualisierten Anspruch neu beim ordinierten Gericht einbringen (RIS‑Justiz RS0046568 [T2]; 10 Nd 502/98, 10 Nd 510/00; Garber in Fasching/Konecny 3 I § 28 JN Rz 134).
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