OGH 1Ob206/14x

OGH1Ob206/14x27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** W*****, vertreten durch Forcher‑Mayr & Kantner, Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, und 2. Dr. Wolfgang Offer, Rechtsanwalt, Innsbruck, Museumstraße 16, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des ***** U***** W*****, gegen die beklagte Partei J***** N*****, vertreten durch Dr. Christian Prader und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Räumung (Streitwert 1.000 EUR), und 5.466,37 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. August 2014, GZ 1 R 128/14a‑18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 11. Februar 2014, GZ 11 C 59/13p‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00206.14X.1127.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

1. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz eingewandt, es sei ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden. Der Ehegatte der Erstklägerin habe eine entsprechende Vollmacht von ihr gehabt; er habe sogar Mietverträge für die Erstklägerin über in deren Alleineigentum stehende Objekte abgeschlossen.

In ihrer Berufung führte die Beklagte aus, auch ein „Minderheits‑ oder Hälfteeigentümer“ handle im Zweifel als Vertreter derjenigen, mit denen ein Hauptmietvertrag „wirklich“ zustande kommen könne, selbst dann, wenn er im Vertrag alleine genannt sei.

Aus diesem Prozessvorbringen kann vernünftigerweise nur abgeleitet werden, dass die Beklagte beabsichtigt hat, einen Mietvertrag mit beiden Angehörigen der Eigentümerpartnerschaft auf Vermieterseite abzuschließen (vgl auch RIS‑Justiz RS0104122). Im Revisionsverfahren stellt sie nicht mehr in Frage, dass in Wahrheit keine Vollmacht der Erstklägerin vorlag, womit ein Zustandekommen des intendierten Vertrags scheiterte. Dass die Beklagte das Objekt titellos nützt, ist somit nicht mehr strittig. Sie beruft sich auch nur mehr darauf, dass der vollmachtslos handelnde Miteigentümer verpflichtet wäre, ihr „einen Mietvertrag zu verschaffen“.

Rechtliche Beurteilung

2. Ob eine solche Verschaffungspflicht (dazu etwa 1 Ob 36/00t; 1 Ob 187/02k) auch unter den vorliegenden Umständen besteht, oder nur jenen Miteigentümer trifft, der den Mietvertrag auf Vermieterseite allein im eigenen Namen abgeschlossen hat, obwohl er zur alleinigen Verfügung und Verwaltung nicht berechtigt war und damit eine Verpflichtung auch des weiteren Miteigentümers nicht begründen konnte, muss im vorliegenden Fall nicht abschließend geprüft werden, ergibt sich doch aus den konkreten Umständen, dass die Beklagte dem Räumungsbegehren (auch) des Zweitklägers in beiden Fallkonstellationen nicht die Verschaffungspflicht des handelnden Miteigentümers entgegenhalten könnte. Eine solche setzte nämlich zumindest eine ins Gewicht fallende Chance auf Verschaffung der vom Handelnden obligatorisch geschuldeten Rechtsposition voraus (RIS‑Justiz RS0016423), die im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Da die Erstklägerin als weitere Miteigentümerin das Räumungsverfahren ‑ gemeinsam mit dem Masseverwalter des anderen Miteigentümers ‑ betreibt, erscheint es ausgeschlossen, dass es letzterem gelingen könnte, die Zustimmung zum nachträglichen Abschluss eines Mietvertrags mit beiden Miteigentümern bzw die Genehmigung des vollmachtslosen Handelns durchzusetzen. Eine solche Chance wird auch von der Beklagten im gesamten Verfahren niemals dargelegt.

Andererseits hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass aus der von der Beklagten in der Berufungsschrift zitierten Rechtsprechung nicht abgeleitet werden könne, dass auch ein Masse‑ bzw Insolvenzverwalter in eine Verpflichtung des Miteigentümers einzutreten hätte, der mangels ausreichender Vertretungsmacht einen (für den anderen Miteigentümer) unwirksamen Vertrag abgeschlossen hat. Da die Revisionswerberin dazu inhaltlich nichts ausführt, kann ein Hinweis auf § 21 IO genügen.

3. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist es auch unerheblich, ob die Erstklägerin und der nunmehrige Gemeinschuldner entsprechend den grundbücherlichen Eintragungen im Rahmen einer Eigentümerpartnerschaft nach § 13 WEG ausschließlich Nutzungsberechtigte nicht nur der Wohnung, sondern auch des Kellerabteils und des Tiefgaragenplatzes waren, oder aber im Hinblick auf letztere nur schlichte Miteigentümer. Da die Revisionswerberin die Ausführung des Berufungsgerichts unbekämpft lässt, es sei im gesamten Verfahren unstrittig geblieben und damit zugestanden, dass die Wohnung und die „Zubehörteile“ in tatsächlicher Hinsicht den im Grundbuch ersichtlichen Miteigentümern zugeordnet sind, dh von einer (vertraglichen) Billigung dieser Zuordnung seitens der Eigentümergemeinschaft auszugehen sei, ist nicht erkennbar, warum diese Miteigentümer dann nicht berechtigt sein sollten, die Räumung der Wohnung und die Übergabe an sich zu begehren. Warum Miteigentümer, die über eine Benützungsvereinbarung zur alleinigen Nutzung bestimmter Objekte legitimiert sind, die Übergabe nur zugunsten der Eigentümergemeinschaft oder der einzelnen Miteigentümer begehren dürften, wird in der Revision nicht erklärt.

4. Auf die Revisionsausführungen zum (erfolgreichen) Zahlungsbegehren der Kläger ist schon deshalb nicht einzugehen, weil die Beklagte in der Rechtsrüge ihrer Berufung auf diesen Teil des Ersturteils inhaltlich nicht eingegangen ist ‑ die Frage allenfalls offener „Mietzinse“ wurde nur im Zusammenhang mit dem Räumungsbegehren erörtert ‑, weshalb sie Einwendungen gegen den Leistungsausspruch in der Revision nicht mehr erheben kann (vgl nur RIS‑Justiz RS0043480; RS0043573 [T2, T13, T41, T43]). Im Übrigen ist auch nicht zu erkennen, warum es den Klägern an der Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Benützungsentgelt mangeln sollte, wenn ‑ wie schon dargelegt ‑ davon auszugehen ist, dass diese nach der vertraglichen Gestaltung der Miteigentumsgemeinschaft allein berechtigt waren, das Objekt zu nutzen bzw zu verwerten.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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