OGH 1Ob130/14w

OGH1Ob130/14w27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** P*****, MBA, *****, vertreten durch Dr. Thomas König, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17‑19, wegen 7.575,90 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischen‑ und Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. Mai 2014, GZ 5 R 34/14f‑35, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 30. Dezember 2013, GZ 6 Cg 18/13p‑31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Dem Amtshaftungsanspruch liegt die übergangene Bewerbung des Klägers auf die mit 1. 10. 2011 zu besetzende Planstelle, ausgeschrieben als „'Oberpfleger' in Verbindung mit dem 'Leiter Medikamentendepot' mit der Bewertung K 3“ (Planstelle) in der Justizanstalt ***** (JA) zu Grunde. In dieser JA, in der geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht sind, wurde bis 2009 ein Leiter des Pflegedienstes in der Verwendungsgruppe K 3 bestellt. Anfang 2009 wurde aufgrund einer mit der Vollzugsdirektion abgestimmten Änderung der Aufbauorganisation bzw des Organigramms der JA diese Planstelle neu bewertet. Seither ist (nur noch) ein Arbeitsplatz eines Oberpflegers in Personalunion mit dem Leiter des Medikamentendepots der Verwendungsgruppe K 3 vorgesehen. Diese von der Anstaltsleitung schon seit dem Jahr 2004 betriebene Neuorganisation in Form der Einrichtung des dualen Führungssystems sollte der Entflechtung der Aufsicht im fachlichen Bereich, dass heißt der (Kranken‑)Pflege, mit der Dienstaufsicht, insbesondere in Bezug auf sicherheitsrelevante Fragen, dienen.

Die Planstelle wurde intern, ohne Berücksichtigung der Bewerbung des Klägers vergeben und zwar an Fachoberinspektor (FOI) T*****, der wie der Kläger diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger ist. FOI T***** war seit 1989 in der JA Pfleger; zuletzt (seit 1995) bis zu seiner Ernennung zum Oberpfleger war er Leiter der Akutstation und seit einem nicht feststellbaren Zeitpunkt überdies Stellvertreter des Leiters des Medikamentendepots. Vor seiner Ernennung hatte FOI T***** Weiter- oder Sonderausbildungen nach §§ 64 ff des Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) nicht absolviert, das notwendige Ausmaß an Fortbildungen nach § 63 Abs 1 GuKG aber bei weitem überschritten. Der Landeshauptmann von Niederösterreich bestätigte mit Bescheid vom 17. 9. 1999 nach § 111 Abs 3 iVm Abs 1 GuKG, dass er in der Zeit vom 1. 6. 1989 bis zum 30. 6. 1998 (40 Stunden/Woche) in der JA (Forensische Psychiatrie) in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege tätig gewesen und daher berechtigt sei, im Geltungsbereich des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege weiterhin auszuüben.

Der Kläger begehrt gestützt auf die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes (AHG) Schadenersatz in Höhe von 7.575,90 EUR sA und die Feststellung, dass ihm die Beklagte jeden zukünftigen Schaden zu ersetzen habe, den er aus der mit 1. 10. 2011 unterlassenen Ernennung auf die ressortintern in der JA systemisierten Planstelle PM‑SAP IS S Nr 30013478 mit der Wertigkeit der Besoldungsgruppe K 3 und der damit verbundenen Verwendung auf dem damit verbundenen Arbeitsplatz erleide.

Er brachte dazu im Wesentlichen vor, die Ausschreibung hätte öffentlich erfolgen müssen und es hätte nach § 4 Abs 3 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 (BDG) von mehreren Bewerbern nur der ernannt werden dürfen, von dem aufgrund seiner persönlichen und fachlichen Eignung anzunehmen sei, dass er die mit der Verwendung auf der Planstelle verbundenen Aufgaben in bestmöglicher Weise erfüllen werde. Diese Bestimmung habe Schutzgesetzcharakter. Bei der JA handle es sich um eine der größten Vollzugsanstalten mit einem Pflegedienst in Österreich. Dem Leiter des Pflegedienstes unterstünden etwa 35 Personen, weswegen für diese Planstelle die Ausbildung eines Pflegedienstleiters erforderlich und in Punkt 7.7. der Vollzugsordnung für Justizanstalten (VZO) vorgesehen sei. Das Organigramm der JA sei jedoch abgeändert worden. Die Funktion des Leiters des Pflegedienstes sei in die eines Oberpflegers in Verbindung mit dem Leiter Medikamentendepot verändert worden. Obwohl die Planstelle mit Führungs‑ und Leitungsaufgaben verbunden sei, sei das für eine Planstelle der Verwendungsgruppe K 3 notwendige Zeugnis oder Diplom über eine entsprechende Weiterbildung oder Sonderausbildung nach dem GuKG nicht gefordert worden. Die notwendige Weiter‑ oder Sonderausbildung könne durch einen Bescheid des Landeshauptmannes nicht nachgesehen werden. Der Ernannte sei damit fachlich nicht geeignet gewesen. Demgegenüber habe der Kläger selbst in den letzten 12 Jahren Fortbildungen, Weiterbildungen und Studien absolviert, darunter auch die Sonderausbildung gemäß „§ 57“ zur Hygienefachkraft, den MBA Leadership und Soziales Management, den MBA Generalmanagement mit Spezialisierung Gesundheitsberufe, das Studium zum akademischen Verwaltungsmanager und das Studium zum akademischen Betriebsorganisator.

Die Beklagte setzte dem zusammengefasst entgegen, der wesentliche Grund für die Änderung des Organigramms, deren Zweckmäßigkeit durch die Zustimmung des Dienststellenausschusses der Exekutive untermauert werde, sei die Umsetzung des dualen Führungsstils gewesen. Der duale Führungsstil habe bisherige Reibungen und Konfliktpunkte vermeiden sollen und können. Das neue Organigramm weise klar nur noch einen Oberpfleger aus, bei dem 50 % der Tätigkeit auf die Medikamentengebarung, 20 % auf laborbezogene Aufgaben, 10 % auf „Operationserfordernisse“, aber nur 20 % auf die Pflege und Betreuung der Insassen entfielen. Solche könnten auch von einem Oberpfleger bewältigt werden.

Der ernannte FOI T***** erfülle die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Planstelle, weil der Bescheid vom 17. 9. 1999 ein Diplom bezüglich einer Sonderausbildung iSd § 65 GuKG darstelle, konkret das Diplom einer Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege gemäß § 67 GuKG. § 17 GuKG regle die psychiatrische Gesundheits‑ und Krankenpflege als Spezialaufgabe. Da im Bescheid FOI T***** die weitere Ausübung der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege gestattet werde, sei dieser Bescheid gemäß § 17 Abs 2 Z 2 iVm § 17 Abs 6 iVm § 65 Abs 7 iVm § 67 iVm § 111 GuKG zugleich ein Diplom bezüglich der Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege.

Der Kläger sei für den Arbeitsplatz nicht geeignet gewesen. Er weise eine sehr schwierige Persönlichkeit auf und habe sich in den Arbeitsalltag schwer einfügen können, was darin gegipfelt habe, dass er eine Klage gegen den Bund über eine Berufsunfähigkeit wegen einer Lärmbelästigkeit durch Laborgeräte eingebracht habe, während FOI T***** auch persönlich bestens geeignet sei.

Das Erstgericht stellte über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus, vom Kläger aber im Berufungsverfahren bekämpft fest, dass sich der Kläger in den Betrieb der JA nur schlecht einfügen habe können, weil er dazu neigte, seine gleichwohl zum Teil gerechtfertigten Anliegen in einer Art und Weise unangebracht zu artikulieren, dass sein Vorgehen schon querulatorische Züge angenommen habe. Vor allem habe er sich mit (gesetzlich) vorgegebenen bzw bestehenden Abläufen und Strukturen nicht abfinden können. Wäre die Bewerbung des Klägers berücksichtigt worden, hätte er die Stelle dennoch nicht erhalten, weil er ‑ gleichwohl fachlich gleich gut geeignet wie FOI T***** ‑ Probleme mit Hierarchien habe und für FOI T***** dessen bessere soziale Kompetenz und Teamfähigkeit den Ausschlag gegeben hätten.

Das Erstgericht berief sich in seiner Beweiswürdigung dazu auf die von früheren Mitarbeitern des Klägers geschilderten sozialen Defizite, den Eindruck eines ausgeprägten Sendungsbewusstseins und darauf, dass er die Notwendigkeit der Teamfähigkeit für die Planstelle nicht erkenne.

Ausgehend davon wies es die Klage ab. Rechtlich führte es aus, es sei zwar richtig, dass nach dem Ausschreibungsgesetz keine öffentliche Ausschreibung habe erfolgen müssen. Es hätten aber gemäß § 20 Abs 1 Ausschreibungsgesetz nicht nur die internen Bewerbungen, sondern auch jene externe des Klägers als Bundesbediensteten berücksichtigt werden müssen. Der Kläger wäre aber, selbst wenn das Ernennungsverfahren fehlerfrei geführt und er evaluiert worden wäre, aufgrund seiner Probleme mit Hierarchien dennoch nicht auf die Planstelle ernannt worden.

Eine Sonderausbildung nach § 65 Abs 1 iVm §§ 72, 73 GuKG sei als Ernennungserfordernis nicht erforderlich gewesen. Da es sich bei der JA nicht um eine Krankenanstalt im Sinne des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG) handle (§ 2 Abs 2 lit a KAKuG), komme die Anordnung nach § 11a KAKuG, wonach für jede Krankenanstalt mit bettenführenden Abteilungen ein Angehöriger der gehobenen Dienste für Gesundheits‑ und Krankenpflege als verantwortlicher Leiter des Pflegedienstes zu bestellen sei, nicht zur Anwendung. Mangels gesetzlicher Anordnung habe daher kein Leiter des Pflegedienstes bestellt werden müssen. Daran könne auch die VZO nichts ändern, weil diese keinen normativen Charakter habe. In der VZO sei die Position des Leiters des Pflegedienstes nicht den Angehörigen des gehobenen Dienstes im Sinne des GuKG vorbehalten. Aus Z 41.2. der Anlage 1 zum BDG ergebe sich ebenfalls nicht das Erfordernis der vom Kläger geforderten Weiter‑ oder Sonderausbildung. Es reiche für eine Verwendung in der Verwendungsgruppe K 3 eine ‑ nicht eine konkrete ‑ Sonderausbildung aus, die noch dazu durch eine der in Anlage 1 der Gesundheits‑ und Krankenpflegeweiterbildungsverordnung ersichtlichen Weiterbildungen substituiert werden könne. In der Übergehung des Klägers liege damit weder ein Missbrauch der eingeräumten Befugnisse noch ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung.

Der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht Folge, allerdings ohne sich mit den vorgetragenen Berufungsgründen der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung auseinanderzusetzen. Vielmehr erachtete es die Berufung schon aus rechtlichen Gründen für berechtigt und änderte das Ersturteil in ein Zwischenurteil dem Grunde nach über das Zahlungsbegehren und ein stattgebendes Teilurteil über die begehrte Feststellung ab.

Es ging dabei davon aus, dass der Kläger der einzige geeignete Bewerber gewesen sei. Nach § 17 Abs 4 GuKG seien Führungsaufgaben insbesondere die Leitung des Pflegedienstes an einer Krankenanstalt oder die Leitung des Pflegedienstes an Einrichtungen, die der Betreuung pflegebedürftiger Menschen dienten. Der Bescheid des Landeshauptmanns substituiere für FOI T***** zwar die Sonderausbildung nach § 67 GuKG, besage damit aber nicht, dass er ohne Weiteres Lehr‑ oder Führungsaufgaben iSd § 17 Abs 3 und 4 GuKG ausüben dürfe. Für deren Ausübung sei entsprechend § 17 Abs 5 GuKG ua auch die erfolgreiche Absolvierung der entsprechenden Sonderausbildung gemäß §§ 71 und 72 GuKG Voraussetzung. § 4 Abs 1 Z 3 und Abs 3 BDG stellten mit der Formulierung „persönliche und fachliche Eignung“ auf den konkreten Aufgabenkreis ab, für den der Bewerber aufgenommen werden solle. Dabei komme es nicht auf die Planstelle, sondern ausschließlich auf die vorgesehene Art der dienstlichen Tätigkeiten an.

Das Berufungsgericht schloss aus den vorgelegten Urkunden (Ausschreibung, Arbeitsplatzbeschreibung und Organigramm der JA), dass mit der konkreten Tätigkeit Führungsaufgaben verbunden seien. Es hielt fest, dass schon die Ausschreibung von einer dualen Führung mit dem Traktkommandanten spreche. Mit der Planstelle sei die Leitung des Medikamentendepots verbunden. Es sei unter anderem das Wissen über Organisationsstrukuren des Vollzugs und deren Verfahrensabläufe, das Wissen über gültige Rechtsvorschriften und Verfügungen (intern), über einschlägige Rechtsvorschriften (StVG, GuKG usw) sowie die Sicherstellung der Pflegequalität unter fachlichen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Aspekten erwartet worden. Solche seien wohl Teil der im Rahmen der Sonderausbildung für Führungsaufgaben nach § 72 Abs 2 GuKG behandelten Sachgebiete, nicht jedoch so sehr jener der Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege nach § 67 Abs 2 GuKG. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung sei mit dieser Planstelle die Fachaufsicht über das gesamte Pflegepersonal verbunden, die Leitung des Medikamentendepots werde mit 50 % der Gesamttätigkeit bewertet, wozu noch laborbezogene Aufgaben mit einer Wertigkeit von 20 % kämen. Nach dem Organigramm komme dem Inhaber der Planstelle, abgesehen von der Leitung des Medikamentendepots, die Fachaufsicht über insgesamt sieben Abteilungen zu, während er selbst in fachlicher Hinsicht nur dem Leiter des Betreuungsbereichs und hinsichtlich der Dienstaufsicht dem Anstaltsleiter sowie dem Justizwachkommandanten unterstellt sei. Eine entsprechende Weiter‑ oder Sonderausbildung nach Anlage 1 zum BDG Z 41.2. lit a könne daher nur eine solche sein, die der konkreten Aufgabenstellung bei der dienstlichen Verwendung entspreche. Das Berufungsgericht leitete daraus ab, dass FOI T***** die fachliche Eignung gefehlt und nur der Kläger die Ernennungserfordernisse erfüllt habe, weswegen es auf die Überschreitung eines Ermessensspielraumes nicht mehr ankäme. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstandes 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Entscheidung von den ganz konkreten Umständen des Einzelfalls abhänge.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinn einer Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts berechtigt.

1. Die Beklagte macht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, sie sei von der Rechtsansicht überrascht worden, es komme bei Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung nach § 4 BDG auf den Aufgabenkreis, für den der Bewerber aufgenommen werden solle, nicht aber auf die Planstelle an.

Zum einen brachte schon der Kläger im Verfahren erster Instanz vor, es unterstünden bei der zu besetzenden Planstelle dem zu Ernennenden etwa 35 Personen, weswegen für die Planstelle die Ausbildung eines Pflegedienstleiters erforderlich sei, womit die tatsächliche Verwendung angesprochen wurde. Zum anderen unterstreicht der vom Kläger schon in der Klage genannte und zitierte Gesetzestext in § 4 Abs 3 BDG mit der Bezugnahme auf die (bestmögliche) persönliche und fachliche Eignung für die Erfüllung „der mit der Verwendung auf der Planstelle verbundenen Aufgaben“ deutlich, dass es eben darauf (auf die vorgesehene Art der dienstlichen Verwendung) ankommt (vgl dazu Fellner , BDG [Stand 1. Mai 2014] § 4 Anm 6 [„Aufgabenkreis“]; Zach / Koblizek , Beamten‑Dienstrecht, § 4 Anm 15a).

Ein Verstoß gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung ist demnach dem Berufungsgericht nicht vorzuwerfen.

2.1. Wenngleich kein Rechtsanspruch auf die Ernennung auf einen bestimmten Dienstposten besteht, wird ein Ersatzanspruch nach dem AHG begründet, wenn das zur Ernennung berufene Organ das ihm eingeräumte Ermessen missbraucht und gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung verstößt (RIS‑Justiz RS0102403).

Der Bewerber hat Anspruch darauf, dass die Behörde den ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum oder Auslegungsspielraum pflichtgemäß nutzt. In diesem Sinne hat die Bestimmung des § 4 Abs 3 BDG auch Schutzgesetzcharakter zugunsten der einzelnen Bewerber, indem sich diese darauf verlassen können, dass die Entscheidung verfahrensrechtlich einwandfrei getroffen wird. Die Norm strebt also, wenngleich öffentliche Interessen im Vordergrund stehen mögen, auch die Verhinderung eines Schadens beim Bewerber an, weshalb deren Verletzung auch für bloße Vermögensschäden haftbar macht (RIS‑Justiz RS0112461).

2.2. Bei der Ermessensausübung fällt dem zur Entscheidung berufenen Organ nur dann ein den Amtshaftungsanspruch rechtfertigendes Verschulden zur Last, wenn es entweder das Ermessen missbrauchte, also zwar formell im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens verblieb, aber tragende Grundsätze der Rechtsordnung außer Acht ließ, oder aber den Ermessensspielraum überschritt (RIS‑Justiz RS0049974). Haftungsbegründend kann nicht nur die Rechtswidrigkeit des Ernennungsergebnisses, sondern auch die des Ernennungsvorgangs sein, weil der vom Gesetz gewährte Rechtsschutz gerade nicht im Anspruch auf Ernennung, sondern im Recht auf Durchführung eines gesetzgemäßen Verfahrens besteht. Maßgebend ist daher, ob der ernannte Bewerber die ausgeschriebene Stelle auch im Fall eines fehlerfreien Ernennungsvorgangs erhalten hätte (1 Ob 278/04w = RIS‑Justiz RS0102403 [T3] = RS0112461 [T5]).

2.3. Sind gesetzliche Bestimmungen nicht vollkommen eindeutig, enthalten sie Unklarheiten über die Tragweite des Wortlautes und steht zudem eine höchstrichterliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung, kommt es darauf an, ob bei pflichtgemäßer Überlegung die getroffene Entscheidung als vertretbar bezeichnet werden kann (RIS‑Justiz RS0049951).

3.1. Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, eine Sonderausbildung nach §§ 71 f GuKG sei im vorliegenden Fall zwingendes besonderes (fachliches) Ernennungserfordernis, nicht.

3.2. Als besondere Ernennungserfordernisse für die Verwendungsgruppe K 3 schreibt Z 41 der Anlage 1 des BDG für die Verwendung nach Z 41.1. lit a) als Oberin (Pflegevorsteher), Oberschwester (Oberpfleger) oder Stationsschwester (Stationspfleger) die Berufsberechtigung zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits‑ und Krankenpflege und ein Zeugnis oder Diplom über „eine entsprechende Weiter‑ oder Sonderausbildung nach dem GuKG“ (Z 41.2.) vor.

3.3. Z 41 der Anlage 1 zum BDG (BGBl I 1998/123) wurde gemäß dessen Art I Z 66 rückwirkend ab 1. 9. 1997 in Kraft gesetzt. Die §§ 63 ff ‑ so auch § 72 GuKG ‑ waren bei Erlassung des Gesetzes (mit Wirksamkeit ebenfalls ab 1. 9. 1997) bereits Bestand der Rechtsordnung, weil das GuKG schon mit BGBl I 1997/108 verlautbart worden war.

Bei Schaffung der besonderen Ernennungserfordernisse für die Verwendungsgruppe K 3 hätte zu diesem Zeitpunkt in Z 41 der Anlage 1 bereits auf die konkreten, die Sonderausbildungen enthaltenden Bestimmungen des GuKG (etwa auf § 72 GuKG) verwiesen werden können. Dies ist aber unterblieben. Wenn nun Z 41 lediglich eine entsprechende Weiter‑ oder Sonderausbildung ohne weitere Konkretisierung nennt, ist (allein) aus dieser Bestimmung nicht ableitbar, das es sich bei dieser Weiter- oder Sonderausbildung um eine für Führungsaufgaben handeln muss.

3.4. Nach § 65 Abs 1 GuKG (unveränderte Stammfassung) haben Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege eine Sonderausbildung zu absolvieren, sofern sie in einem erweiterten Tätigkeitsbereich gemäß § 17 Abs 1 GuKG tätig werden. Sonderausbildungen haben die zur Ausübung von Spezial‑, Lehr‑ oder Führungsaufgaben erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Zu ersteren gehört auch die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege (§ 17 Abs 2 Z 2 GuKG).

Die Sonderausbildung nach § 67 GuKG (in der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege) umfasst auch das Sachgebiet „Pflege und Betreuung von geistig abnormen Rechtsbrechern“. Der für FOI T***** ausgestellte Bescheid substituiert eine solche Sonderausbildung nach § 67 GuKG gemäß § 111 Abs 1 u 3 GuKG (idF BGBl I 1998/95).

Die Gesetzesmaterialien zu § 111 GuKG gehen davon aus, dass die davon betroffenen Personen mittlerweile ein umfassendes Fachwissen erworben hätten. Es sollte ihnen der weitere umfassende [Hervorhebung nicht im Original] berufliche Einsatz ausschließlich im Spezialbereich ermöglicht werden (AB 1269 BlgNR 20. GP 2 f). Im Spezialbereich der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege sollte der im vorliegenden Fall zu Ernennende auch tatsächlich tätig werden.

3.5. Die Anlage 1 zum BDG fasst in Z 41.1. lit a) zudem mehrere Positionen zusammen: Oberin (Pflegevorsteher), Oberschwester (Oberpfleger) und Stationsschwester (Stationspfleger).

Es trifft zu, dass § 17 Abs 5 GuKG für die Ausübung von Lehr‑ und Führungsaufgaben auch die erfolgreiche Absolvierung der entsprechenden Sonderausbildung gemäß §§ 71 und 72 GuKG fordert, die der dem Ernannten erteilte Bescheid, der sich der Sache nach auf § 67 GuKG bezieht, nicht substituiert. Als Führungsaufgaben nennt § 17 Abs 4 GuKG (wie Abs 5 seit Inkrafttreten unverändert) insbesondere die Leitung des Pflegedienstes an einer Krankenanstalt und an Einrichtungen, die der Betreuung pflegebedürftiger Menschen dienen. Die Formulierung „insbesondere“ schließt nicht aus, dass nicht auch andere Positionen als Führungsaufgabe im Sinne des § 17 GuKG gewertet werden können. Die Gesetzesmaterialien führen aber aus, Führungsaufgaben im Sinne dieses Gesetzes, für die „eine verpflichtende Sonderausbildung erforderlich“ sei, seien ausschließlich die Leitung des Pflegedienstes an Krankenanstalten sowie in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen. Für die Leitung von nachgeordneten Organisationseinheiten (zB Stationsleitung) sei die Absolvierung einer Sonderausbildung nicht verpflichtend. Entsprechende Weiterbildungen in diesem Bereich könnten selbstverständlich angeboten werden. Weiters stehe es dem Dienstgeber frei, diesen Personen auch die Sonderausbildung für Führungsaufgaben anzubieten (ErläutRV 709 BlgNR 20. GP 56).

Anlage 1 zum BDG verwendet in Z 41.1. lit a) Bezeichnungen, die nicht mit der im GuKG für Führungsaufgaben gewählten Bezeichnung „Leiter des Pflegedienstes“ übereinstimmen und bei denen es der Auslegung bedarf, ob mit ihnen Führungsaufgaben im Sinne des § 17 Abs 4 GuKG verknüpft sind und deswegen nach § 17 Abs 5 GuKG vor deren Ausübung eine Sonderausbildung nach § 72 GuKG zwingend sein soll.

Für die Stationsschwester (den Stationspfleger) ist, obwohl auch sie (er) in gewissem Umfang Führungsaufgaben bei der Leitung einer Station wahrnimmt, wie dargelegt, eine Sonderausbildung nach §§ 71 f GuKG keinesfalls verpflichtend. Für die Oberin (den Pflegevorsteher) als höchstes Pflegeorgan dieser Gruppe kann diese Verpflichtung wohl bejaht werden, nicht aber zwingend für die (den) eine Mittelstellung in der Aufzählung einnehmende(n) Oberschwester (Oberpfleger).

3.6. Das Berufungsgericht hat auf der Sachverhaltsebene zu Grunde gelegt, dass bei der ausgeschriebenen Verwendung die Leitung des Medikamentendepots mit 50 % der Gesamttätigkeit bewertet ist und die laborbezogenen Aufgaben mit 20 %. Beide Tätigkeiten stellen nicht solche dar, die eine Sonderausbildung für Führungskräfte erfordern. Die Leitung des Medikamentendepots, von der nicht feststeht, dass damit die Aufgabe verbunden wäre, Mitarbeiter zu führen, entspricht jedenfalls höchstens (auch nach dem Organigramm) der Leitung einer Station. Abgesehen von der Leitung des Medikamentendepots ist mit der Planstelle auch die Fachaufsicht über insgesamt sieben Abteilungen (nach dem Vorbringen des Klägers ca 35 Pfleger umfassend) verbunden. Dieser Umfang wird in Krankenanstalten insgesamt üblicherweise (und vielerorts weit) übertroffen. Wenn aber für die Stationsleitung die Absolvierung einer Sonderausbildung nicht verpflichtend ist (ErläutRV 709 BlgNR 20. GP 56), dann erfordert im vorliegenden Fall der Umfang der in der JA unterstellten Einheiten noch nicht eine Ausbildung für Führungsaufgaben.

Hinzu tritt, dass das Berufungsgericht die Teilung der Führungsaufgaben durch die Umstellung auf das duale Führungssystem gemeinsam mit dem Traktkommandanten nicht ausreichend berücksichtigte. Insassen sind in der JA nicht bloß zu pflegen, sondern gleichzeitig auch zu überwachen. Führungsaufgaben bei diesen gemeinsam vorzunehmenden Aufgaben fallen dabei für den Sicherheitsbereich dem Traktkommandanten zu. Für den verbleibenden pflegerischen Bereich bei der fachlichen Aufsicht über 7 Stationen bedarf es nach den zusammen zu betrachtenden Normen nicht der Absolvierung einer Ausbildung nach § 72 GuKG.

Weder aus der Bezeichnung der Planstelle als „'Oberpfleger' in Verbindung mit dem 'Leiter Medikamentendepot' mit der Bewertung 'K 3'“ per se noch aus dem Umfang der vorgesehenen Tätigkeit ist das zwingende Erfordernis des Abschlusses einer Sonderausbildung nach § 72 GuKG als fachliches Ernennungserfordernis abzuleiten, wiewohl ein solcher Abschluss und die vom Kläger darüber hinaus abgeschlossenen Lehrgänge eine fachliche Eignung jedenfalls verbriefen.

4.1. Das Berufungsgericht setzte sich mit den vom Kläger in der Berufung bekämpften Feststellungen zur persönlichen Eignung ‑ ausgehend von seiner Rechtsansicht zu den fachlichen Ernennungsvoraussetzungen ‑ nicht auseinander. Es beachtete auf dieser Grundlage das Vorbringen der Beklagten, der Kläger sei persönlich für die Planstelle nicht geeignet gewesen, sowie die dazu getroffenen Feststellungen nicht.

4.2. Für Beamte zählt zu den allgemeinen Ernennungserfordernissen ua die persönliche und fachliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben, die mit der vorgesehenen Verwendung verbunden sind (§ 4 Abs 1 Z 3 BDG). Nach dessen Abs 3 darf von mehreren Bewerbern, die die Ernennungserfordernisse erfüllen, nur der ernannt werden, von dem auf Grund seiner persönlichen und fachlichen Eignung anzunehmen ist, dass er diese in bestmöglicher Weise erfüllt.

4.3. Das BDG lässt aber nicht erkennen, dass die fachliche Eignung bei der Besetzung einer Position wesentlicher sein solle als die persönliche. § 4 Abs 1 BDG nennt vielmehr die allgemeinen Ernennungserfordernisse der persönlichen und fachlichen Eignung gleichrangig nebeneinander.

4.4. Blieben die bekämpften Feststellungen aufrecht, dann träfe es zu, dass dem Kläger die persönliche Eignung für die geforderte Tätigkeit fehlte. Der zu Ernennende ist dem Anstaltsleiter, dem Justizwachkommando (Dienstaufsicht) und dem Leiter des Betreuungsbereichs (Fachaufsicht) unterstellt. Er hat damit auch deren Vorgaben umzusetzen. Gerade von einer Führungskraft muss aber gefordert werden und ist dies auch Voraussetzung für die Erfüllung einer Führungsaufgabe, dass sie sich ua in Hierarchien eingliedern und mit gesetzlich oder sonst vorgegebenen Abläufen und Strukturen abfinden und sie akzeptieren kann, muss doch eine Führungskraft einerseits gesetzlich gegebene Abläufe in den unterschiedlichen hierarchischen Ebenen im Personal umsetzen können; andererseits bedarf es auch bei einer Führungsposition (‑ hier wie schon die Ausschreibung mit der Formulierung „gemeinsam mit dem Traktkommandanten in dualer Führung“ zeigt ‑) der Teamfähigkeit und des Konsensmanagements.

Bei fehlender persönlicher Eignung wäre der Kläger aber auch bei Berücksichtigung seiner Bewerbung nicht zum Zug gekommen. § 4 BDG schützt im Zusammenhalt mit den Bestimmungen des AHG nicht jeden übergangenen Bewerber (wie oben zu 2.2. dargelegt). Diese Normen bezwecken es selbst bei (hier durch die unterbliebene Berücksichtigung der Bewerbung des Klägers) mangelhaftem Verfahrensablauf nicht, die Interessen eines nicht geeigneten Bewerbers zu schützen.

Damit kommt der Unterlassung der Behandlung der Tatsachenrüge des Kläger zu den Feststellungen zur persönlichen Eignung entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

5. Da sich das Berufungsgericht mit der Tatsachenrüge zur persönlichen Eignung nicht auseinandersetzte, ist sein Urteil aufzuheben und ihm die neuerliche Entscheidung unter Berücksichtigung der in der Berufung geltend gemachten Berufungsgründe aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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