OGH 1Ob172/14x

OGH1Ob172/14x27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers F***** W*****, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die Antragsgegnerin Stadt D*****, vertreten durch Simma Rechtsanwälte GmbH, Dornbirn, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach § 34 Abs 4 iVm § 117 Abs 4 WRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 3. Juni 2014, GZ 2 R 155/14f‑28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom 8. April 2014, GZ 3 Nc 2/03d‑24, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00172.14X.1127.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit dem am 6. 12. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller die Festsetzung einer Entschädigung nach § 34 Abs 4 iVm § 117 Abs 4 WRG in der Höhe von zumindest 44.944.114,80 EUR. Das gerichtliche Verfahren wurde unterbrochen und im Jahr 2013 fortgesetzt, nachdem die Entscheidung der Verwaltungsbehörde über die Festsetzung von Schutzzonen in Rechtskraft erwachsen war. Der Antragsteller beziffert seinen Entschädigungsanspruch nunmehr mit 17.545.968,15 EUR.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Das Projekt (Erweiterung eines bestehenden Steinbruchs) sei nicht an der Errichtung der von der Antragsgegnerin beantragten Wasserschutzzone gescheitert, sondern schon daran, dass das betroffene Gebiet bereits vor deren Antragstellung durch eine Entscheidung einer anderen Gebietskörperschaft im Jahre 1980 unter Naturschutz gestellt worden sei, und die notwendige Naturschutzausnahme- sowie eine Rodungsbewilligung fehlten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, hob den Beschluss des Erstgerichts auf und trug diesem die Ergänzung des Verfahrens auf. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass eine Erweiterung des Steinbruchs durch die erforderlichen behördlichen Bewilligungen nicht gedeckt gewesen sei, weswegen für die Erweiterung des Steinbruchs eine Entschädigung gemäß § 34 Abs 4 WRG nicht in Betracht komme. Anders verhalte es sich jedoch bei einer (allenfalls) bereits bestehenden (und behördlich bewilligten) Nutzung des Steinbruchs, wie dies der Antragsteller in der Tagsatzung vom 17. 3. 2014 vorgetragen habe. Zur Beantwortung der Frage, ob durch den von der Bezirkshauptmannschaft über Antrag der Antragsgegnerin erlassenen Bescheid die Nutzung tatsächlich eingeschränkt worden und bejahendenfalls in welchem Ausmaß dies geschehen sei (wovon die Festlegung einer Entschädigung jedenfalls abhänge), fehlten jegliche Feststellungen.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für (gemäß § 64 Abs 1 AußStrG iVm § 117 Abs 6 WRG und § 24 EisbEG) zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob durch die nicht vorliegende (jedoch mögliche) behördliche (Ausnahme-)Genehmigung der Nutzung eine Entschädigungspflicht nach § 34 Abs 4 WRG begründet werde.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragsgegnerin erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 117 Abs 6 WRG und § 24 EisbEG) nicht zulässig.

1.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass § 117 Abs 6 erster Satz WRG in der Fassung der WRG‑Novelle 2005, der die sachliche Zuständigkeit des Landesgerichts festsetzt, im vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. 1. 2006 gestellt wurde (Art 1 Abs 9 Agrarrechtsänderungsgesetz 2005, BGBl I 87).

2. Die Revisionsrekurswerberin geht in ihrem Rechtsmittel auf die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage nicht ein. Selbst wenn dieses daher die Zulässigkeit des Revisionrekurses zu Recht ausgesprochen haben sollte, ist das Rechtsmittel nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zurückzuweisen, wenn darin nur solche Rechtsfragen geltend gemacht werden, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS‑Justiz RS0102059 besonders [T1; T15; T17]; RS0048272 [T8]). Das ist hier der Fall:

3. Von einer Aktenwidrigkeit iSd § 66 Z 3 AußStrG kann im Zusammenhang mit der Auslegung von Parteienvorbringen keine Rede sein, weil dieser Rechtsmittelgrund nur dann vorliegt, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, etwa durch unrichtige Wiedergabe des Inhalts einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks (vgl RIS‑Justiz RS0043347). Eine erhebliche Rechtsfrage macht die Antragsgegnerin mit ihrem Vorbringen daher in Wahrheit nicht geltend.

4. Die von der Revisionsrekurswerberin angesprochene Auslegung des Parteivorbringens ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und begründet somit regelmäßig keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG (hier iVm § 117 Abs 6 WRG und § 24 EisbEG) erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0042828 [T3; T10]).

Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens eine grobe Fehlbeurteilung, mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstößt (RIS‑Justiz RS0042828 [T15; T7; T11; T31]). Der Antragsteller hat bereits in seinem verfahrenseinleitenden Schriftsatz geltend gemacht, dass durch die von der Revisionsrekurswerberin beantragte Schutzmaßnahme die „(weitere) Ausübung des dinglichen Nutzungsrechts von […] [Anm.: dem Steinbruchunternehmen] unmöglich gemacht“ werde und diesem „die Existenzgrundlage“ entzogen werde, was eine mögliche Beschränkung der bei Erlassung dieser Anordnung zulässigen und durch erforderliche behördliche Bewilligungen gedeckten Nutzungsmöglichkeit, die dann gemäß § 34 Abs 4 WRG zu entschädigen wäre (vgl dazu RIS‑Justiz RS0082579), in sich schließt. Dadurch werde, so der Antragsteller in seinem einleitenden Schriftsatz weiter, auch „seine Existenzgrundlage zerstört“, weil er dann keine von der Abbaukubatur abhängigen Zahlungen mehr erhalte. Es ist daher keineswegs unvertretbar, wie die Revisionsrekurswerberin meint, dass das Rekursgericht das Vorbringen des Antragstellers in der Tagsatzung vom 17. 3. 2014 in diesem Sinn deutete. Die von ihr im Zusammenhang mit der Frist des § 117 Abs 4 WRG aufgeworfenen Fragen stellen sich schon deshalb nicht, weil hier nicht von einer erstmals in der Tagsatzung vom 17. 3. 2013 vorgetragenen Anspruchsgrundlage ausgegangen werden kann.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 117 Abs 6 WRG (idF vor dem Agrarrechtsänderungsgesetz 2005) iVm § 30 Abs 4 (aF), § 44 EisbEG 1954 (vgl 1 Ob 127/13b). Auch der Ersatz für die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung, in der der Antragsgegner auf die mangelnde Zulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, richtet sich nach dem ersiegten Entschädigungsbetrag (§ 44 Abs 2 EisbEG). Darüber kann erst mit der endgültigen Sachentscheidung abgesprochen werden.

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