OGH 9ObA106/14z

OGH9ObA106/14z27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Dr. Peter Schnöller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. C***** P*****, vertreten durch Hawel Eypeltauer Gigleitner & Partner Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 1. Juli 2014, GZ 11 Ra 41/14z‑25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00106.14Z.1127.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs- oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 81/11v; 9 ObA 60/12g; RIS‑Justiz RS0106298).

Die Grundsätze für das Vorliegen einer gröblichen Verletzung der Dienstpflichten nach § 32 Abs 2 Z 1 VBG haben die Vorinstanzen zutreffend dargelegt (vgl RIS‑Justiz RS0105940; Ziehensack , VBG § 32 Rz 398j ff). Ob eine Dienstpflichtverletzung gröblich ist, hängt aber wiederum von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0105940 [T5]). Allgemein gilt, dass je schwerwiegender die verletzte dienstliche Pflicht wiegt, desto weniger häufig die Verletzung erfolgt sein muss (9 ObA 53/08x; 8 ObA 39/13p). Auch kleine Dienstpflichtverletzungen können bei Beharrlichkeit das Gewicht einer gröblichen Dienstpflichtverletzung erreichen (8 ObA 39/13p; Ziehensack , VBG § 32 Rz 399). Hat ein Lehrer gegen eine sich auf seinen Unterricht beziehende Weisung verstoßen, so ist das Vorliegen einer gröblichen Verletzung der Dienstpflichten nach § 32 Abs 2 Z 1 VBG zu bejahen. Die Befolgung von Anordnungen der Vorgesetzten zählt nämlich zu den wesentlichen Pflichten des Vertragsbediensteten, insbesondere auch eines Lehrers, wenn die Vorgaben für die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebs notwendig sind (8 ObA 39/13p = DRdA 2014/13 [ Ziehensack ]; Ziehensack , VBG § 32 Rz 403 f). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade im schulischen Bereich, dem für die geistige und emotionale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ein großer Stellenwert zukommt, besondere Sensibilität zu fordern ist. Lehrkräfte üben im Hinblick auf die Aufgabenstellung der Schule eine Vorbildfunktion aus. An sie sind daher erhöhte Anforderungen zu stellen. Auch den Dienstgeber trifft in dieser Hinsicht eine Verantwortung gegenüber den Schülern und den Eltern sowie auch zur Wahrung des Ansehens des Schulunterrichts (8 ObA 39/13p; Ziehensack , VBG § 32 Rz 408 f und §§ 37-49 Rz 85).

Eine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung vermag die außerordentliche Revision nicht aufzuzeigen.

Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass mit der Weisung, Unterlagen (hier: bis 1. 10. 2012 Jahresstoffverteilungen, wöchentlich Stundenplanungen für die Unterrichtseinheiten der darauffolgenden Woche sowie mindestens zwei Unterrichtstage im Voraus Angaben für schriftliche Wiederholungen und Schularbeiten) vorzulegen, nicht in unzulässiger Weise in das Lehramt (§ 17 Abs 1 SchUG) eingegriffen wurde. Mit der Weisung wurden nicht Lehrinhalte vorgeschrieben, sondern es sollte die Tätigkeit der Klägerin im Hinblick auf Beschwerden nur überprüft werden. Dazu ist der Schulleiter als unmittelbarer Vorgesetzter aller an der Schule tätigen Lehrer aber nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (§ 56 Abs 2 und 3 SchUG).

Wenn das Berufungsgericht im nachhaltigen Verstoß der Klägerin gegen diese Weisung trotz Ermahnung bei Würdigung des Gesamtverhaltens der Klägerin ein gröbliches gegen die Dienstpflicht verstoßendes Verhalten gesehen hat, dann ist diese Beurteilung nicht unvertretbar. Soweit die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision damit argumentiert, dass sie gegen die Weisung lediglich in zwei Fällen dadurch verstoßen habe, dass sie die Schularbeitsangaben verspätet übergeben habe, lässt sie wesentliche Feststellungen außer Betracht. So hat sie auch die Jahresstoffverteilungen verspätet erst Anfang Oktober 2012 und ab 20. 9. 2012 keine Stunden‑/Wochenplanungen vorgelegt. Ihrer weiteren Behauptung, sie habe in den 23 Jahren ihrer Tätigkeit als AHS‑Professorin keine Dienstpflichtverletzungen begangen, stehen jedenfalls die nach dem festgestellten Sachverhalt gerechtfertigten Ermahnungen der Schulleiterin bzw des Landesschulrats vom 12. 12. 2011, 23. 3. 2012 und 11. 4. 2012 entgegen. Da die zahlreichen Dienstpflichtverletzungen der Klägerin ihre Ursache nicht im persönlichen Verhältnis zwischen der Schulleiterin und der Klägerin hatten, war die Beklagte auch im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht nicht gehalten, anstelle der Kündigung der Klägerin eine Versetzung in eine andere Schule zu erwägen.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

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