OGH 5Nc41/14w

OGH5Nc41/14w26.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Lovrek und den Hofrat Mag. Wurzer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. Y***** I*****, geboren am ***** 2001, 2. Y***** I*****, geboren am ***** 2003, 3. Y***** I*****, geboren am ***** 2007, 4. E***** I*****, geboren am ***** 2008, aufgrund der Vorlage des Aktes AZ 22 P 309/14b durch das Bezirksgericht Steyr zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050NC00041.14W.1126.000

 

Spruch:

Die Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache durch das Bezirksgericht Steyr an das Bezirksgericht Bezau wird nicht genehmigt.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 31. 5. 2011 entzog das Bezirksgericht Enns vorläufig den Eltern die Obsorge über die vier Minderjährigen und übertrug diese dem Land Oberösterreich, vertreten durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft, zwecks sofortiger Unterbringung in einer geeigneten sozialpädagogischen Einrichtung, wozu es jedoch zufolge vorheriger Ausreise in die Türkei mit ihrer Mutter nicht mehr kam (ON 6). Einem dagegen vom Vater erhobenen Rekurs gab das Landesgericht Steyr nicht Folge. Derzeit hat der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichts Bezau; die Minderjährigen befinden sich nach wie vor bei ihrer Mutter in der Türkei und haben keinen Aufenthalt in Österreich.

Am 26. 8. 2014 beantragte der Vater, ihm die Obsorge für die Minderjährigen zu übertragen.

Mit Beschluss vom 17. 9. 2014 übertrug das Bezirksgericht Steyr (als aufnehmendes Gericht nach der Zusammenlegung gemäß § 1 Z 1 BG-VO OÖ 2012, BGBl II 2012/205) die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Bezau, weil der Vater in dessen Sprengel wohnhaft sei. Das Bezirksgericht Bezau lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache ab (ON 36 und 37).

Das Bezirksgericht Steyr legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur „Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt“ (ON 38) ‑ gemeint wohl: zur Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Bezau ‑ vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Genehmigung ist zu versagen.

Eine Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 Abs 2 JN kommt nur in Betracht, wenn dies im Interesse der Pflegebefohlenen zweckmäßig erscheint. Das ist dann der Fall, wenn deren wirksamer Schutz dadurch voraussichtlich gefördert würde. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht erfüllt, wenn sich ‑ wie hier ‑ die Kinder bei der Mutter im Ausland aufhalten und der Vater in einem anderen inländischen Gerichtssprengel wohnt (10 Nc 2/06k; 4 Nc 15/06b mwN). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

Wenn die Übertragung der Zuständigkeit nicht zu genehmigen ist, kann der Oberste Gerichtshof auch schon vor Zustellungen und Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses entscheiden (9 Nc 111/02a; 4 Nc 15/06b). Dass der Übertragungsbeschluss bislang lediglich dem Vater zugestellt wurde, schadet daher nicht.

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