OGH 5Ob183/14v

OGH5Ob183/14v18.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien Ing. K***** T*****, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P*****, Frankreich, wegen 58.438,20 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 15. Juli 2014, GZ 5 R 129/13x‑58, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00183.14V.1118.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung

Der Kläger begehrt die Zahlung von 58.438,20 EUR sA an Verbesserungskosten und Preisminderung aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes. Mit Kaufvertrag vom 6. 7. 2011 habe er von der Beklagten eine Motoryacht um 478.400 EUR mit der Zusicherung völliger Schadensfreiheit erworben. Einen Kaufpreisteil von 239.200 EUR habe er in Teilbeträgen gezahlt und den Restkaufpreis über eine Leasinggesellschaft finanziert.

Die Zuständigkeit des Erstgerichts stützte der Kläger auf Art 16 der Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates vom 22.  12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Er habe seinen Wohnsitz in Österreich, die Beklagte ihren Sitz in Frankreich. Als Angestellter habe er die Motoryacht zu privaten Zwecken erworben und sei daher Verbraucher im Sinne der EuGVVO. Als solcher könne er in Österreich klagen.

Die Beklagte hat sich in das Verfahren nicht eingelassen.

Das Erstgericht sprach seine internationale Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück.

Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Kläger erhobenen Rekurs nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und verneinte ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Relevanz ‑ ebenfalls das Vorliegen eines Teilzahlungskaufs im Sinne des Art 15 Abs 1 lit a EuGVVO, weil der Kläger die im Kaufvertrag vorgesehenen Teilzahlungen noch vor Übergabe des Kaufgegenstands geleistet habe.

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 528 Abs 1 ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit der Kläger in seinem außerordentlichen Rechtsmittel geltend macht, ihm sei im Verfahren erster Instanz keine Möglichkeit gegeben worden, die Angabe zur (hier: internationalen) Zuständigkeit zu präzisieren, wiederholt er einen von ihm schon im Rekurs behaupteten Verfahrensmangel, den bereits das Rekursgericht mit eingehender Begründung verneinte. Ein angeblicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, der vom Gericht zweiter Instanz

verneint wurde, kann auch im Revisionsrekursverfahren nicht abermals geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0043919).

2. Wesentliches Thema des Revisionsrekurses ist die Frage, ob die Verkäuferin mit ihrem Auftritt im Internet die Voraussetzungen des Art 15 Nr 1 lit c zweite Alternative EuGVVO erfüllt (Ausrichtung der Tätigkeit des Gewerbetreibenden [auch] auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers).

3. In den verbundenen Rechtssachen C‑585/08 und C‑144/09, Pammer/Schlüter und Alpenhof/Heller, hat der EuGH mit Urteil vom 7. 12. 2010 folgende Kriterien (wiedergegeben auch zu RIS‑Justiz RS0125001 [T2]) als geeignete Anhaltspunkte für die Ausrichtung der im Internet präsentierten Tätigkeit eines Gewerbetreibenden auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers (nicht erschöpfend) aufgezählt: den internationalen Charakter der Tätigkeit, die Angabe von Anfahrtsbeschreibungen von anderen Mitgliedstaaten aus zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache, die Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl, die Tätigung von Ausgaben für einen Internetreferenzierungs-dienst, um in anderen Mitgliedstaaten wohnhaften Verbrauchern den Zugang zur Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers zu erleichtern, die Verwendung eines anderen Domainnamens oberster Stufe als desjenigen des Mitgliedstaats der Niederlassung des Gewerbetreibenden und die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, die sich aus in verschiedenen Mitgliedstaaten wohnhaften Kunden zusammensetzt (Rn 93). Die bloße Zugänglichkeit der Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, sah der EuGH ebenso wenig als ausreichend an wie die Angabe einer elektronischen Adresse oder anderer Adressdaten oder die Verwendung einer Sprache oder Währung, die in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden die üblicherweise verwendete Sprache und/oder Währung sind (Rn 94).

4. Im Verfahren erster Instanz verwies der Kläger lediglich darauf, dass die in Frankreich ansässige Verkäuferin Generalimporteurin der von ihm erworbenen Motoryacht sei, und berief sich auf deren Unternehmereigenschaft. Zum Beweis des Geschäftsfeldes, in dem die Beklagte tätig sei, fügte er den Link an, unter dem deren Internetauftritt aufgerufen werden kann. Zur Aufmachung dieses Internetauftritts, insbesondere im Sinn des nunmehr im Revisionsrekurs behaupteten Ausrichtens von deren Tätigkeit auch auf das Staatsgebiet seines Wohnsitzes, fand sich in seinem Vorbringen aber kein Wort. Seine pauschale Argumentation mit den in der Judikatur des EuGH vertretenen Grundsätzen lässt nicht nur jeden Bezug zum tatsächlichen Auftritt der Beklagten im Internet vermissen, sondern erweist sich damit auch als unzulässige Neuerung.

5. Ein Kauf auf Teilzahlung liegt nach der Rechtsprechung des EuGH nur vor, wenn der Verkäufer dem Erwerber den Besitz an der betreffenden Sache übertragen hat, bevor der Erwerber den gesamten Kaufpreis gezahlt hat oder mit dem Kaufgeschäft ein Finanzierungsvertrag verbunden ist (EuGH vom 21. 6. 1978, Rs 150/77 , Bertrand, Rn 19/22). Art 15 Nr 1 lit a EuGVVO bezweckt daher den Schutz des Käufers nur für den Fall, dass ihm der Verkäufer ein Darlehen gewährt hat (EuGH vom 27. 4. 1999, C‑99/96, Mietz / Intership Yachting Sneek , Rn 31). Der Kläger stellt gar nicht in Abrede, dass er den ganzen Kaufpreis ‑ wenn auch zum Teil über Finanzierung durch einen Dritten ‑ noch vor Übergabe der Motoryacht am 1. 9. 2011 beglichen hat. Die Ansicht der Vorinstanzen, die einen Kauf auf Teilzahlung und damit das Vorliegen des Zuständigkeitstatbestands nach Art 15 Nr 1 lit a EuGVVO verneinten, weil der Kläger die letzte Teilzahlung auf den Kaufpreis leistete, bevor noch der Besitz an der Motoryacht an ihn übertragen wurde, entspricht damit der Rechtsprechung des EuGH (vgl dazu auch Nemeth in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer, Inter-nationales Zivilverfahrensrecht Art 15 EuGVVO Rn 28; Kropholler/Hein, EuZPR9 Art 15 EuGVO Rn 15; Gmeiner in Gmeiner/Schütze, EuZVR³ Art 15 Rn 29; Tiefenthaler in Czernich/Tiefenthaler/Kodek/Heiss, Kurzkommentar, Art 15 Rn 17 Staudinger in Rauscher, EuZPR2 Art 15 Brüssel I‑VO Rn 5). Anhaltspunkte dafür, dass der vom Kläger mit einer Finanzierungsgesellschaft abgeschlossene Vertrag mit dem Kaufgeschäft in einer der Kreditierung eines Teils des Kaufpreises gleichzuhaltenden Weise verbunden wäre (vgl Mayr, Europäisches Zivilprozessrecht Rz II/106), lassen sich dem Vorbringen in der Klage nicht entnehmen und macht der Kläger auch in seinem Revisionsrekurs nicht geltend. Ob der Finanzierungsvertrag allenfalls Art 15 Nr 1 lit b unterstellt werden könnte (vgl dazu Kropholler/Hein aaO Rn 19), muss in Anbetracht der vom Kläger aus dem Kaufgeschäft abgeleiteten Ansprüche nicht geprüft werden. Damit zeigt der Kläger auch mit der von ihm aus dem gewählten Finanzierungsmodell abgeleiteten Schutzwürdigkeit keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichts auf, die im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre.

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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