OGH 15Os116/14v

OGH15Os116/14v29.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Einberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Ferenc F***** und Robert B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 8. August 2014, GZ 50 Hv 40/14f‑125, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0150OS00116.14V.1029.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ferenc F***** und Robert B***** unter Bezugnahme (vgl Lendl, WK‑StPO § 260 Rz 33) auf die im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 3, 130 dritter und vierter Fall, § 15 StGB (vgl zum ersten Rechtsgang 15 Os 58/14i) jeweils auch der Verwirklichung der Qualifikation des Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach § 130 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

In Zusammenschau mit dem Urteil im ersten Rechtsgang haben sie zwischen 15. April und 24. Juli 2013 in M***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken ‑ teilweise mit weiteren Unbekannten -Personenkraftwagen durch Aufbrechen der Fahrzeugtüren oder Einschlagen von Seitenscheiben sowie durch Ausbau oder durch Aufbrechen des Zündschlosses und Manipulation zum Umgehen von elektronischen Wegfahrsperren, sohin durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in im Urteilsspruch jeweils näher beschriebenen sieben Angriffen Kraftfahrzeuge im Gesamtwert von 94.900 Euro weggenommen (I./) und in weiteren elf Angriffen Kraftfahrzeuge im Gesamtwert von 167.100 Euro wegzunehmen versucht (II./), wobei sie den Diebstahl als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begingen.

Rechtliche Beurteilung

Das im zweiten Rechtsgang gefällte Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt bekämpfen der Angeklagte F***** mit auf Z 5a und „9a“ und der Angeklagte B***** mit auf Z 5 und 11 jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten F*****:

Ungeachtet der unterschiedlichen Anfechtungsansätze werden die Nichtigkeitsgründe der Z 5a und 9 lit a undifferenziert ausgeführt.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld‑ oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780). Durch den Hinweis des Rechtsmittelwerbers, er selbst habe ausgesagt, „die Personen, die mit waren,“ zum Teil gar nicht gekannt zu haben, am Weiterverkauf oder Weiterverbringen der von ihnen gestohlenen Fahrzeuge gar nicht beteiligt gewesen zu sein, davon auch nichts gewusst zu haben und den Angeklagten B***** erst durch einen gemeinsamen Bekannten kennen gelernt zu haben, gelingt es jedenfalls nicht, beim Obersten Gerichtshof derartig erhebliche Bedenken zu wecken.

Soweit der Angeklagte den Tatrichtern vorwirft, die Feststellungen zum Willen der Angeklagten, sich zu einer kriminellen Vereinigung zusammenzuschließen, mit „weiteren verschiedenen Beweismitteln bzw Umständen“ begründet zu haben, wobei dafür jedoch „kein Verfahrensergebnis“ vorliege (inhaltlich Z 5 vierter Fall), übergeht er die Gesamtheit der tatrichterlichen Erwägungen (US 9 f; RIS‑Justiz RS0119370).

Zum Nichtigkeitsgrund nach Z 9 lit a wird kein inhaltliches Vorbringen erstattet.

Mit seiner Forderung, ihn vom Vorwurf der kriminellen Vereinigung freizusprechen, verkennt der Rechtsmittelwerber, dass ein Qualifikationsfreispruch nicht in Frage kommt (RIS‑Justiz RS0120128).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*****:

Entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat das Erstgericht bei seinen Feststellungen zur Begehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung keine „Entlastungsbeweise aus der Hauptverhandlung“ mit Stillschweigen übergangen. Die Aussage des Angeklagten F*****, er habe den Angeklagten B***** aus Geldmangel „angesprochen“, und der Entschluss, Autos zu stehlen, sei spontan gefasst worden, wurde von den Tatrichtern sehr wohl erörtert, jedoch als unglaubwürdig angesehen (US 9). Ob der Angeklagte B***** „den Chef“ kannte, ist weder entscheidend noch erheblich (vgl zu den Begriffen Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399 und 409). Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte Fa***** sagte entgegen dem diesbezüglichen Vorbringen nicht aus, dass lediglich der Angeklagte F***** „einen Chef habe“ (ON 124 S 13 f). Der Nichtigkeitswerber trifft mit der eigenen Interpretation der Angaben des Zeugen nicht den gesetzlichen Bezugspunkt. Insgesamt verfehlt die Mängelrüge eine gesetzmäßige Ausführung, weil sie es verabsäumt, die Gesamtheit der Entscheidungsgründe zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0119370).

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) verkennt mit der Behauptung, die zweifache Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 1 und Z 3 StGB hätte nicht als erschwerend gewertet werden dürfen, dass beim alternativen Mischtatbestand die Erfüllung mehr als einer der Alternativen weder die Strafbarkeit noch die Strafdrohung bestimmt, weshalb die Annahme eines in der Tatbegehung durch Verwirklichung mehr als einer dieser Alternativen (bei einer Tat) bestehenden Erschwerungsgrundes nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB verstößt (RIS‑Justiz RS0126145, RS0119965). Ebensowenig liegt in der Wertung der Vielzahl der Angriffe als erschwerend ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot. Die Tatwiederholung, mag sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, gehört nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation und kann daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe nicht außer Betracht bleiben (RIS‑Justiz RS0091204 [T41]).

Nach dem diesbezüglich in Rechtskraft erwachsenen Urteil aus dem ersten Rechtsgang hat der Rechtsmittelwerber Sachen in einem Gesamtwert von 262.000 Euro weggenommen bzw wegzunehmen versucht. Dies vernachlässigt der Rechtsmittelwerber, indem er behauptet, konkrete Feststellungen zur Schadenshöhe fehlten, weshalb das Erstgericht die fünffache Überschreitung der Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB nicht hätte erschwerend werten dürfen (Z 11 zweiter Fall).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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