OGH 9ObA84/14i

OGH9ObA84/14i25.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Harald Kohlruss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** E*****, vertreten durch Rainer‑Ruetz Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Land *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 8.945,01 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 3.563,25 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Juni 2014, GZ 15 Ra 60/14g‑22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00084.14I.0925.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach einem Beschluss des ***** Landtags vom 9. 7. 1981 soll den ab 1. 7. 1983 ausgeschiedenen Landesbediensteten mit dem auf das Ende des Dienstverhältnisses folgenden Monatsersten ein Pensionszuschuss aus Landesmitteln zu der nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (ASVG) zustehenden Pension mit folgender Maßgabe gewährt werden:

2. Der Anspruch auf den Pensionszuschuss besteht, wenn

a) der Bedienstete das 60. Lebensjahr vollendet und die tatsächlich zum Land ***** zurückgelegte Dienstzeit mindestens 15 Jahre betragen hat, oder …

d) infolge einer sonstigen Krankheit dauernd dienstunfähig geworden ist.

Punkt 2. a) des Beschlusses wird von der Beklagten tatsächlich so gehandhabt, dass ein Pensionszuschuss nur jenen Bediensteten gewährt wird, die das 60. Lebensjahr bei ihrem Ausscheiden vollendet haben und direkt in die Alterspension gehen. Auf dieser Basis wird auch Bediensteten, die nach Vollendung des 55. und vor Vollendung des 60. Lebensjahres aufgrund vorzeitiger Alterspension ausschieden, ein solcher Zuschuss gewährt, dies allerdings erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres. In jedem Falle war und ist es erforderlich, dass unmittelbar an das Ausscheiden des Bediensteten der Bezug einer Alterspension bzw vorzeitigen Alterspension anknüpft(e). Pensionszuschüsse im Sinne des Punkts 2. d) des Beschlusses gewährt die Beklagte dann, wenn zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten ein Bescheid auf dauernde Gewährung einer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension vorliegt, sowie bei späterem Vorliegen eines solchen Bescheides dann, wenn der Bedienstete entweder bis dahin im Krankenstand war oder ‑ zur Abfederung sozialer Härten seit 18. 5. 2005 von der Beklagten so gehandhabt ‑ Krankengeld, Arbeitslosengeld, Notstandhilfe oä bezogen hat.

Das privatrechtliche Dienstverhältnis der am ***** 1952 geborenen Klägerin, die vom 1. 10. 1976 bis 15. 4. 1979 und vom 1. 9. 1989 bis 16. 3. 2006 bei der Beklagten als Gesundheits- und Krankenschwester tätig war, endete infolge eines mehr als einjährigen Krankenstandes ex lege. Vom 2. 11. 2007 bis 30. 6. 2008 war die Klägerin bei einem anderen Arbeitgeber auf Teilzeitbasis beschäftigt. Am 1. 3. 2009 wurde der Klägerin die Berufsunfähigkeitspension unbefristet zuerkannt.

Mit einem Standardschreiben teilte die Beklagte der Klägerin am 31. 3. 2006 mit, dass die Klägerin ab der Vollendung des 60. Lebensjahres bei der zuständigen Personalabteilung einen Antrag auf Zuerkennung eines Pensionszuschusses stellen könne.

Die Revisionswerberin stellt nicht in Frage, dass der Beschluss des ***** Landtags vom 9. 7. 1981 betreffend die Gewährung von Pensionszuschüssen an ausgeschiedene, nicht pragmatisierte Bedienstete des Landes als solcher ihr gegenüber keine normative Wirkung entfaltet (vgl 9 ObA 13/13x). Sie stützt ihren Anspruch auf Pensionszuschuss daher ausschließlich auf eine betriebliche Übung der Beklagten.

Die Frage, ob eine Betriebsübung besteht und zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge wurde, kann stets nur anhand der konkreten Umstände beurteilt werden und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0014543 [T22]; RS0014539 [T24]), sofern keine korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vorliegt. Das ist hier in den klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen nicht der Fall:

Wie bereits in der Entscheidung 9 ObA 13/13x, die ebenfalls einen Anspruch auf Pensionszuschuss aufgrund betrieblicher Übung des erwähnten Landtagsbeschlusses zum Gegenstand hatte, ist auch im vorliegenden Verfahren im Hinblick auf die Revisionsausführungen Folgendes hervorzuheben: Für das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Betriebsübung ist entscheidend, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung von dem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers haben durften. Hierbei darf der Kollektivbezug der Verpflichtung des Arbeitgebers, dem zu unterstellen ist, dass er die betroffenen Arbeitnehmer bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen auch gleich behandeln wollte, nicht übersehen werden. Es ist daher nur objektiv zu prüfen, ob die Arbeitnehmer auf die Verbindlichkeit der Vergünstigung vertrauen durften (RIS‑Justiz RS0014489, zuletzt 9 ObA 142/13t). Ob jeder einzelne Arbeitnehmer darauf vertraut hat, ist nicht zu prüfen (RIS‑Justiz RS0014489 [T1]). Darauf, dass die Klägerin selbst nicht in Kenntnis der tatsächlichen Handhabung der Pensionszuschussgewährung war, kann es danach nicht ankommen (9 ObA 13/13x).

Das von der Beklagten an alle Mitarbeiter, deren Dienstverhältnisse nach einjährigem Krankenstand endeten, gerichtete Standardschreiben vom 31. 3. 2006 stand der Begründung der festgestellten Betriebsübung aufgrund tatsächlicher Handhabung des Landtagsbeschlusses schon deshalb nicht entgegen, weil die Beklagte darin lediglich zur Antragstellung einlud und keine Veranlassung für sie bestand, die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pensionszuschusses im Einzelnen darzulegen.

Soweit die Klägerin meint, durch die von der Beklagten mehrfach geänderte und daher unterschiedlich gehandhabte Gewährung der Pensionszuschüsse sei kein hinreichender Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der eine betriebliche Übung begründet hätte, lässt sie wesentliche Feststellungen außer Betracht. Danach wurde lediglich zur Abfederung sozialer Härten ab 18. 5. 2005 ein Pensionszuschuss im Sinne des Punkts 2. d) des Beschlusses auch dann gewährt, wenn der Bedienstete zwischen dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis und der dauernden Gewährung der Berufsunfähigkeits- bzw Invaliditätspension zwar nicht im Krankenstand war, aber Krankengeld, Arbeitslosengeld, Notstandhilfe oä bezog. Die im Falle der Klägerin maßgeblichen Voraussetzungen wurden von der Beklagten hingegen immer gleich gehandhabt. Aus der Entscheidung 9 ObA 238/99m ist für die Klägerin daher nichts zu gewinnen.

Auf die konkret bei der Beklagten herrschende Betriebsübung kann die Klägerin somit ihren Standpunkt nicht stützen. Zur Begründung ihrer gegenteiligen Rechtsansicht muss aber auch eine Berufung auf die Entscheidung 9 ObA 13/13x erfolglos bleiben. Der Oberste Gerichtshof hat darin einen Anspruch auf Pensionszuschuss aufgrund des bezogenen Landtagsbeschlusses (Punkt 2. a)) schon deshalb verneint, weil die dortige Klägerin keine 15 Dienstjahre bei der Beklagten zurückgelegt hatte. Zur Frage allenfalls weiterer Voraussetzungen musste er daher keine Stellung beziehen.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

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