OGH 7Ob146/14t

OGH7Ob146/14t17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Felfernig & Graschitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 54.747,42 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juni 2014, GZ 1 R 45/14s‑52, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00146.14T.0917.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Das Berufungsgericht konnte nicht feststellen, ob oder wann die Klägerin die „Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung“ und die „Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden“ erhielt. Da die Beweiswürdigung vor dem Obersten Gerichtshof nicht angefochten werden kann (RIS‑Justiz RS0043371), hat eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten zu unterbleiben.

2. Die Rechtsausführungen der Beklagten zur Frage, wie § 6 Abs 5 VersVG auszulegen sei, wenn der Versicherungsnehmer von einem Makler vertreten werde, dem auftragsgemäß die Versicherungspolizze samt Versicherungsbedingungen in zweifacher Ausfertigung zugegangen sei, gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Dass der Versicherungsmakler die Versicherungspolizze samt Versicherungsbedingungen erhalten hat, steht weder fest noch hat dies die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren konkret behauptet. Insofern ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (RIS‑Justiz RS0043603; RS0043312 [T14]).

3. Zur verneinten Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht:

3.1. Nach § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind jene Gefahrenumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich (in der Fassung des VersRÄG 2012, BGBl I 2012/34: in geschriebener Form) gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich.

Die Beklagte fragte die Klägerin weder ausdrücklich noch genau umschrieben nach Vorschäden des zu versichernden Hauses. Auch solche Fälle, in denen der Versicherer dem Versicherungsnehmer gar keine Fragen oder auch keine Fragen stellte, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, können die sogenannte „spontane Anzeigepflicht“ auslösen ( Schauer , Das österreichische Versicherungsvertragsrecht³ 111; Fenyves in Fenyves/Kronsteiner/Schauer , Kommentar zu den Novellen zum VersVG [1998] § 16 Rz 2; Prölss in Prölss/Martin , VVG 27 §§ 16, 17 Rn 1). Der Versicherungsnehmer hat nicht nachgefragte Umstände dem Versicherer dann mitzuteilen, wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint (vgl 7 Ob 30/05w = SZ 2005/69).

Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 VersVG zuwider die Anzeige eines erheblichen Umstands unterblieben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten. Hat der Versicherungsnehmer einen (erheblichen) Umstand nicht angezeigt, nach dem der Versicherer nicht ausdrücklich und nicht genau umschrieben gefragt hat, so kann dieser nach § 16 Abs 3 Satz 2 zweiter Halbsatz VersVG vom Vertrag nur dann zurücktreten, wenn die Anzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig unterblieben ist.

3.2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin habe die Mitteilung des seit Jänner 2008 unbehobenen Wasserrohrgebrechens samt den daraus resultierenden alten Nässeschäden nicht als selbstverständlich erscheinen müssen, weil sie ohnehin wenige Tage nach Abschluss des Versicherungsvertrags die notwendigen Behebungsarbeiten durchführen ließ, ist jedenfalls vertretbar.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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