OGH 6Ob103/14m

OGH6Ob103/14m28.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr.

 Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1.) DI Dr. E***** B*****, 2.) Mag. S***** M*****, 3.) Dr. L***** A*****, alle als Mitglieder des Stiftungsvorstands der im Firmenbuch des Landesgerichts Feldkirch zu FN ***** eingetragenen A***** Privatstiftung mit dem Sitz in *****, alle vertreten durch Dr. Klaus Winsauer, Notar in Dornbirn, sowie der weiters sich am Verfahren beteiligenden 4.) Ing. M***** D*****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, 5.) A***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Univ.‑Prof. Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, 6.) S***** Wirtschaftsprüfungs-GmbH, *****, gegen den Antragsgegner DI Dr. A***** D*****, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH in Feldkirch, wegen Bestellung des Stiftungsprüfers, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 12. Mai 2014, GZ 3 R 14/14d‑308, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00103.14M.0828.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Privatstiftung hat keinen Aufsichtsrat, jedoch einen Beirat, der sich aus den beiden Stiftern (Vater und Sohn) zusammensetzt, die im Wesentlichen ‑ als Beiratsmitglieder und Stifter ‑ nur gemeinsam Einfluss auf die Stiftung nehmen können. Nach dem Inhalt der Stiftungsurkunde erfolgt die Bestellung des Stiftungsprüfers ‑ bei zulässiger Wiederbestellung ‑ auf höchstens drei Jahre, solange beide Stifter leben und voll geschäftsfähig sind, über deren gemeinsamen Vorschlag durch das Gericht. Seit dem Jahr 2001 kann zwischen den beiden Stiftern (Beiratsmitgliedern) Übereinstimmung zu maßgeblichen Belangen der Stiftung nicht gefunden werden, so auch zur Person des Stiftungsprüfers.

Das Erstgericht hat die schon für die Geschäftsjahre 2011 bis 2013 zum Stiftungsprüfer bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nunmehr auch für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016 zum Stiftungsprüfer bestellt. Der Rechtsmittelwerber (Vater) bekämpft diese Beschlussfassung und beantragt die Bestellung einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Stiftungsprüfer.

1. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 10. 10. 2002, 6 Ob 231/02t (= RIS‑Justiz RS0115131 [T4]), zur gegenständlichen Privatstiftung ausgesprochen, der Revisionsrekurswerber (auch damals der Vater) als einer von zwei Stiftern habe sowohl nach dem Gesetz als auch nach der Stiftungsurkunde kein eigenständiges, selbständig auszuübendes Nominierungsrecht. Dieses stehe ihm nur gemeinsam mit dem zweiten Stifter zu. Ohne dessen Zustimmung könne er die Bestellung eines bestimmten Stiftungsprüfers nur anregen. Die Nichtbeachtung seines Vorschlags greife daher in keine eigenständigen subjektiven Rechte des Mitstifters ein und verschaffe ihm keine Rechtsmittellegitimation. Das für die Bestellung des Stiftungsprüfers zwingend zuständige Gericht sei an die Vorschläge der Stifter nicht gebunden. Die Entscheidung des Erstgerichts, den bisherigen Stiftungsprüfer weiter zu bestellen, greife daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in eigenständige subjektive Rechte des Revisionsrekurswerbers als einer von zwei nur gemeinsam zur Nominierung befugten Mitstiftern ein.

Auch jetzt besteht zwischen den beiden Stiftern bzw Beiratsmitgliedern kein Einvernehmen über die Person des für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016 zu bestellenden Stiftungsprüfers. Die Zurückweisung des Rekurses des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers durch das Rekursgericht, soweit der Rekurs die Bestellung einer konkret benannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Stiftungsprüfer anstrebt, ist daher durch die zitierte oberstgerichtliche Entscheidung gedeckt.

2. Sämtliche Rechtsfragen, die der Rechtsmittelwerber im Zusammenhang mit dem Beirat aufwirft, sind nicht entscheidungserheblich, weil mangels Einigkeit der beiden Stifter als Beiratsmitglieder betreffend die Bestellung des Stiftungsprüfers kein Beschluss des Beirats zustandegekommen ist, der allenfalls Einfluss auf die Entscheidung über den zu bestellenden Stiftungsprüfer haben könnte.

3. Lediglich zur Klarstellung ist anzumerken, dass die Aussage des Rekursgerichts, die Einrichtung eines aufsichtsratsähnlichen Beirats widerstreite dem Gesetz, in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft: Der Oberste Gerichtshof hat nicht judiziert, ein Beirat dürfe nicht aufsichtsratsähnlich oder aufsichtsratsgleich sein; er hat vielmehr aus der Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats die analoge Anwendung von gesetzlichen Bestimmungen über den Aufsichtsrat (insbesondere § 23 Abs 2 Satz 2 PSG) auf einen solchen Beirat gefolgert (vgl RIS‑Justiz RS0107655 [T2]).

4.1. Als weitere erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG releviert der Revisionsrekurswerber, es existiere keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen,

a) ob im Prüfungsbericht des Stiftungsprüfers nur das Prüfungsergebnis, nicht aber auch die Herleitung und Dokumentation der Herleitung selbst enthalten sein muss und ob die „Arbeitspapiere“ des Stiftungsprüfers vertraulich oder der Einsicht der Beteiligten und dem Zeugnisverweigerungsrecht des Stiftungsprüfers unterworfen sind;

b) ob Stiftungsvorstände nach dem PSG bei einer einflussgewährenden Mehrheit von 80 % über eine Holding AG diese Leitungsfunktion nur restriktiv ausüben dürfen;

c) ob der Stiftungsprüfer die Werthaltigkeit des nahezu einzigen Vermögens der Stiftung prüfen muss.

4.2. Ein unmittelbarer Zusammenhang dieser Rechtsfragen mit der bekämpften Stiftungsprüferbestellung ist nicht erkennbar. Soweit der Revisionsrekurswerber zu den Fragen 4.1. lit a) und c) implizit dem (wieder) bestellten Stiftungsprüfer für seine Tätigkeit in der Vergangenheit Pflichtversäumnisse oder allenfalls Unfähigkeit vorwirft, könnte dies Anlass zur Prüfung sein, ob beim wiederbestellten Stiftungsprüfer die Voraussetzungen für eine gerichtliche Abberufung aus wichtigem Grund gemäß § 27 Abs 2 PSG vorliegen. Der Rechtsmittelwerber hat einen Antrag auf Abberufung des bestellten Stiftungsprüfers nach dieser Gesetzesstelle aber nicht gestellt (zur verfahrensrechtlichen Stellung des Revisionsrekurswerbers im Verfahren nach § 27 Abs 2 PSG vgl die ebenfalls zu dieser Privatstiftung ergangene E 6 Ob 305/01y = RIS‑Justiz RS0115131 [T2, T3]).

Ob das diesbezügliche Vorbringen des Revisionsrekurswerbers als Anregung für eine amtswegige Prüfung der Voraussetzungen nach § 27 Abs 2 PSG beim bestellten Stiftungsprüfer ausreicht, bleibt der Beurteilung des Erstgerichts überlassen. Solange die Vorinstanzen nicht in die amtswegige Prüfung gemäß § 27 Abs 2 PSG eingetreten sind, ist es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, dabei allenfalls auftretende Rechtsfragen schon im Vorhinein zu beantworten.

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