OGH 2Ob137/14g

OGH2Ob137/14g27.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerlinde E*****, vertreten durch HOFBAUER & NOKAJ Rechtsanwalts GmbH in Ybbs an der Donau, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 15.216 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 16. Juni 2014, GZ 16 R 98/14w‑33, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. April 2014, GZ 58 Cg 73/13a‑27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00137.14G.0827.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 978,84 EUR (darin enthalten 163,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin brachte vor, die beklagte Partei habe auf ihren Grundstücken Telefonkabel verlegt, die den Wert der Grundstücke um 8 EUR pro Quadratmeter minderten. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage eine Abgeltung gemäß § 5 Abs 5 TKG in Höhe von 15.216 EUR (1.902 m² mal 8). Die Leitungsanlage sei im Jahr 1977 errichtet worden, wobei die Klägerin der damaligen Verlegung zugestimmt habe, zumal damals ausdrücklich besprochen gewesen sei, dass im Fall irgendwelcher Änderungswünsche der Klägerin das Kabel von der beklagten Partei unverzüglich verlegt werde. Aufgrund dieser Zusage habe die Klägerin auch keine finanzielle Abgeltung für die Verlegung der Kabel auf ihrer Liegenschaft erhalten. Trotz mehrfacher Aufforderung habe die beklagte Partei weder die Kabel umverlegt noch den zum Ausgleich dafür begehrten Betrag gezahlt. Das Klagebegehren werde auch auf die mit der beklagten Partei getroffene Vereinbarung gestützt.

Die beklagte Partei wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs für auf § 5 Abs 5 TKG 2003 gestützte Wertminderungsansprüche fehle.

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung eines Revisionsrekurses wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 iVm § 528a ZPO).

1. Anzuwendende Gesetzesbestimmungen:

Gemäß § 5 Abs 4 des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003) sind Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes berechtigt, Leitungsrechte an privaten Liegenschaften in Anspruch zu nehmen, sofern öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen und wenn

1. die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft durch diese Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird und

2. eine Mitbenutzung von Anlagen, Leitungen oder sonstigen Einrichtungen nach § 8 Abs 1, 1c oder 2 TKG 2003 nicht möglich oder nicht tunlich ist.

Gemäß § 5 Abs 5 TKG 2003 ist dem Eigentümer einer gemäß § 5 Abs 4 TKG 2003 belasteten Liegenschaft eine der Wertminderung entsprechende Abgeltung zu leisten.

Werden Leitungsrechte in den nicht in § 6 Abs 1 TKG 2003 geregelten Fällen in Anspruch genommen, so hat gemäß § 6 Abs 2 TKG 2003 der Leitungsberechtigte dem Eigentümer der Liegenschaft das beabsichtigte Vorhaben unter Beigabe einer Planskizze schriftlich und nachweislich bekanntzumachen und diesem eine Abgeltung gemäß § 5 Abs 5 TKG 2003 anzubieten. Bestehen auf der in Anspruch genommenen Liegenschaft andere Anlagen, so ist gegenüber ihren Unternehmern in gleicher Weise vorzugehen.

Kommt zwischen dem gemäß § 5 Abs 4 TKG 2003 Verpflichteten und dem Berechtigten eine Vereinbarung über das Leitungsrecht an privaten Liegenschaften oder über die Abgeltung binnen einer Frist von vier Wochen ab nachweislicher Bekanntmachung des Vorhabens nicht zustande, kann gemäß § 6 Abs 3 TKG 2003 jeder der Beteiligten die Regulierungsbehörde zur Entscheidung anrufen.

Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH hat gemäß § 115 Abs 1 TKG 2003 sämtliche Aufgaben, die durch das TKG 2003 und durch die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen sind, wahrzunehmen, sofern hierfür nicht die Telekom‑Control‑Kommission (§ 117 TKG 2003) oder die KommAustria zuständig ist.

Gemäß § 117 Z 1 TKG 2003 ist der Telekom‑Control‑Kommission ua die Entscheidung in Verfahren gemäß § 6 TKG 2003 zugewiesen. Sofern das TKG 2003 nichts anderes bestimmt, wendet gemäß § 121 Abs 1 TKG 2003 die Telekom‑Control‑Kommission das AVG 1991 an. Gegen Bescheide der Telekom‑Control‑Kommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen kann gemäß § 121 Abs 5 TKG 2003 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (bis 31. 12. 2013: an den Verwaltungsgerichtshof) erhoben werden.

2. Folgerungen:

Nach den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ist die Entscheidung über die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche eindeutig und klar der Telekom-Control-Kommission im Verwaltungsverfahren zugewiesen und somit den ordentlichen Gerichten entzogen. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst ‑ wie hier ‑ eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656).

3. Soweit die Klägerin ihre Ansprüche auch auf Vereinbarunge stützt, hat schon das Rekursgericht zutreffend darauf verwiesen, dass sich aus der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung ein im ordentlichen Rechtsweg zu beurteilender Anspruch auf Abgeltung der Wertminderung nicht ableiten lässt.

4. Soweit die Klägerin im Revisionsrekurs neuerlich Wiederaufnahmsgründe gemäß § 530 Abs 1 Z 2 und 7 ZPO behauptet, beziehen sich diese Ausführungen offenbar auf den erstgerichtlichen Beschluss über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Dieser ist nicht Gegenstand des drittinstanzlichen Verfahrens.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.

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