OGH 10Ob43/14t

OGH10Ob43/14t15.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Biedermann & Belihart Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 13.339,34 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 12. Mai 2014, GZ 13 Nc 12/14k‑2, womit der Ablehnungsantrag der beklagten Partei gegen den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Wien Dr. E***** zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00043.14T.0715.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Dem gegenständlichen Verfahren liegt im Wesentlichen ein Streit um die von einer Privatklinik der Beklagten verrechneten Behandlungskosten zu Grunde.

Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gemeinsam mit ihrem Antrag, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision zulässig sei (§ 508 ZPO), lehnte die Beklagte den Vorsitzenden des Berufungssenats, Senatspräsident Dr. E*****, ‑ soweit für das Rekursverfahren von Bedeutung ‑ im Wesentlichen mit der Begründung, der Senatsvorsitzende habe in einem Verfahren vor dem Bezirksgericht Floridsdorf als damaliger Parteienvertreter den Vortrag des nunmehrigen Beklagtenvertreters als „inakzeptabel“ bezeichnet, als befangen ab. Ein Richter, der den Vortrag eines Rechtsfreundes als „inakzeptabel“ geißle, könne nicht den Anschein völliger Unparteilichkeit erwecken, zeige er doch in seiner Diktion eine gewisse Emotionalität auf, die bei der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabs vor allem unter Bedachtnahme auf das Ansehen der Justiz eine Parteilichkeit dieses Richters nicht ausschließe.

Der abgelehnte Richter erklärt in seiner Stellungnahme, nicht befangen zu sein.

Der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Wien wies den Ablehnungsantrag zurück. Der Ablehnungsantrag enthalte keine Behauptungen, nach denen der abgelehnte Richter ein persönliches Naheverhältnis zur klagenden Partei habe oder er der Beklagten oder auch dem Beklagtenvertreter aus persönlichen Gründen ablehnend gegenüberstehe. Selbst eine ‑ allenfalls abschätzige ‑ Bewertung eines Prozessvorbringens als „inakzeptabel“ lege ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht nahe, dass neben dem Prozessvorbringen auch der Parteienvertreter abgewertet werden solle. Persönlich herabsetzende Äußerungen über den Beklagtenvertreter würden auch im Ablehnungsantrag nicht geltend gemacht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgebung des Befangenheitsantrags.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Befangen ist ein Richter, der nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt (RIS‑Justiz RS0046024 [T2, T3]). Für die Annahme des Vorliegens von Befangenheit genügt, dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein entstehen könnte, der Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten (RIS‑Justiz RS0046024 [T7]).

Die Rekurswerberin stützt ihren Befangenheitsantrag im Wesentlichen auf eine Passage in einem vom abgelehnten Richter als seinerzeitigen Parteienvertreter im Verfahren vor dem Bezirksgericht Floridsdorf verfassten vorbereitenden Schriftsatz vom 27. 11. 2012, wonach „ein bisher nie ‑ nicht einmal in der Klage! ‑ ziffernmäßig (der Höhe nach) aufgeschlüssselter Schaden von EUR 2.000 nicht nachvollziehbar und inakzeptabel“ sei. Damit wollte der abgelehnte Richter nach den Ausführungen in seiner Stellungnahme lediglich zum Ausdruck bringen, dass für die von ihm damals vertretene Partei ein von der Gegenseite ziffernmäßig noch nicht aufgeschlüsselter Schaden von 2.000 EUR nicht nachvollziehbar und daher für sie auch nicht akzeptabel gewesen sei. Die Bezeichnung als „inakzeptabel“ habe sich daher weder auf das Vorbringen („Vortrag“) noch auf die Person des damaligen Klags‑ und nunmehrigen Beklagtenvertreters bezogen. Eine unbefangene Lektüre des oben zitierten Vorbringens ergibt auch nach Auffassung des erkennenden Senats keinen anderen als den vom abgelehnten Richter dargestellten Sinngehalt. Ein Befangenheitsgrund lässt sich daraus ‑ wie das Oberlandesgericht Wien zutreffend erkannt hat ‑ jedenfalls nicht ableiten. Nach objektiven Kriterien kann dem abgelehnten Richter nicht zugesonnen und es muss daher auch nicht befürchtet werden, er könnte sich bei der nun anstehenden Entscheidung über den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO von anderen als sachlichen Motiven bzw Erwägungen leiten lassen.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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