OGH 6Ob109/14v

OGH6Ob109/14v9.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers C***** G*****, USA, vertreten durch Mag. Christian Mayer, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, gegen die Antragsgegnerin S***** E*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rückführung des Minderjährigen Caleb E*****, geboren am 26. Juni 2008, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. April 2014, GZ 42 R 158/14t‑41, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00109.14V.0709.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretenen Auffassung beginnt die Jahresfrist des Art 12 Abs 1 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, BGBl 512/1980 (HKÜ), jedenfalls auch dann mit dem Zeitpunkt der widerrechtlichen Verbringung des Kindes, wenn der antragstellende Elternteil zwar von der Tatsache der Verbringung, nicht jedoch vom tatsächlichen Aufenthalt des Kindes Kenntnis hat (arg: Frist … seit dem Verbringen oder Zurückhalten verstrichen); dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Regelungskonzept des ‑ hier nicht anzuwendenden ‑ Art 10 Brüssel IIa‑VO betreffend den Übergang der internationalen Zuständigkeit vom Ursprungsstaat auf den Zufluchtsstaat. Dass die Antragsgegnerin mit Caleb am 30. 11. 2011 die Vereinigten Staaten von Amerika verlassen hat und dass dieser Umstand dem Antragsteller auch bekannt war, räumt der Antragsteller jedoch im außerordentlichen Revisionsrekurs selbst ein.

Unerheblich ist auch, dass sich die Antragsgegnerin mit Caleb zunächst bis 5. 6. 2012 in einem Nichtvertragsstaat des HKÜ und erst ab diesem Zeitpunkt in Österreich aufhielt, langte doch der Rückführungsantrag des Antragstellers erst am 22. 8. 2013 beim zuständigen Erstgericht ein (das im außerordentlichen Revisionsrekurs genannte Datum „21. 12. 2012“ lässt sich weder dem Akteninhalt noch den Feststellungen der Vorinstanzen entnehmen); bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Caleb somit bereits mehr als ein Jahr in Österreich aufgehalten.

Da zwischen dem Verbringen von Caleb durch die Antragsgegnerin und der Antragstellung nach dem HKÜ auf jeden Fall mehr als ein Jahr verstrichen ist, kommt es nach Art 12 Abs 2 HKÜ auf die von den Vorinstanzen getroffene und den Obersten Gerichtshof bindende Feststellung an, wonach sich Caleb zwischenzeitlich in Österreich gut eingelebt hat, die deutsche Sprache beherrscht und Freunde gefunden hat. Die Abweisung des Rückführungsantrags durch die Vorinstanzen begegnet daher keinerlei Bedenken.

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