OGH 8ObA2/14y

OGH8ObA2/14y26.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Hermann Furtner und ADir. Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei ***** M*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17‑19, wegen 7.790 EUR brutto sA, Ausfolgung eines Dienstvertrags, Rechtsgestaltung und Feststellung (Streitwert insgesamt 37.790 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 29. Oktober 2013, GZ 15 Ra 70/13a‑18, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Juni 2013, GZ 42 Cga 124/12z‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00002.14Y.0626.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.638 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der im Bundesdienst beschäftigte Kläger bewarb sich aufgrund einer Ausschreibung um die Position des Rektors einer pädagogischen Hochschule. Nachdem er als erstgereihter Bewerber aus dem Auswahlverfahren hervorgegangen war, bestellte ihn die zuständige Bundesministerin mittels Dekret für die mit 1. 10. 2012 beginnende gesetzliche Funktionsperiode zum Rektor. Im Bestellungsdekret wurde ihm die Übermittlung eines Sonderdienstvertrags für die Dauer der vorgesehenen Funktion angekündigt.

Aufgrund von Unstimmigkeiten über den Inhalt eines vom Kläger gegebenen APA‑Interviews teilte ihm das Bundesministerium mit Schreiben vom 30. 7. 2012 mit, dass er das Vertrauen der Ressortleitung verloren und diese entschieden habe, keinen Sondervertrag als Rektor mit ihm abzuschließen. Er verbleibe daher in seiner bisher ausgeübten Funktion als Bundesbediensteter.

Gegen den Widerstand des Klägers, der die Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise in Zweifel zog, bestellte die Bundesministerin ab 1. 10. 2012 einen anderen, im Besetzungsvorschlag des Hochschulrats nachgereihten Bewerber zum Rektor.

Der Kläger begehrt,

1. die Beklagte zur Ausfolgung eines schriftlichen Dienstvertrags gemäß § 4 iVm § 36 VBG 1948 idgF (mit näher bezeichnetem Inhalt) zu verpflichten,

2. die mit Schreiben des Bundesministeriums vom 30. 7. 2012 erklärte Abberufung des Klägers von der Bestellung zum Rektor für rechtsunwirksam zu erklären, in eventu festzustellen, dass er seit 1. 10. 2012 Rektor der Hochschule sei,

3. die Beklagte schuldig zu erkennen, dem Kläger 7.790 EUR samt Zinsen an seit 1. 10. 2012 nicht erhaltenen Entgeltdifferenzen zu bezahlen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Bestellung zum Rektor einer Hochschule nach § 13 HG 2005 erfordere zwei Teilakte, nämlich den öffentlich-rechtlichen Ernennungsakt und den privatrechtlichen Abschluss eines Arbeitsvertrags. Allein der Ernennungsakt, auf den sich der Kläger berufen könne, verschaffe dem jeweiligen Bewerber im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs noch keine individualrechtlich geschützte Position, aus der sich die Klagsansprüche ergeben könnten. In dem Schreiben vom 30. 7. 2012 könne keine Abberufung des Klägers von der Position des Rektors gesehen werden, weil der Bestellungsvorgang noch gar nicht abgeschlossen gewesen sei.

Ein Arbeitsvertrag sei zwischen den Streitteilen schon mangels Erfüllung des für die Wirksamkeit von Sonderverträgen nach § 36 VBG zwingenden Schriftformerfordernisses nicht zustandegekommen; die in der Klage behauptete mündliche Einigung genüge hier nicht. Der Kläger könne daher weder die Ausfolgung einer Vertragsurkunde begehren, noch bestehe eine Rechtsgrundlage für die Zahlungs‑, Rechtsgestaltungs‑ und Feststellungsbegehren.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge.

Angesichts des öffentlich‑rechtlichen Charakters der Rektorenbestellung nach § 13 HG sei zunächst die Zulässigkeit des Rechtswegs zu prüfen. Dem Dekret über die Bestellung des Klägers zum Rektor komme ‑ ungeachtet seiner Form ‑ jedenfalls materiell Bescheidcharakter zu. Anderes gelte aber für das verfahrensgegenständliche Schreiben vom 30. 7. 2012, das eine bloße Absichtserklärung enthalte, den in Aussicht gestellten Dienstvertrag doch nicht abzuschließen. Eine Abberufung des Klägers von einer Position, die er noch gar nicht wirksam erlangt habe, sei damit nicht ausgesprochen worden. Das Schreiben könne seiner Form nach aber auch nicht als bescheidmäßiger Widerruf der erfolgten öffentlich‑rechtlichen Bestellung aufgefasst werden. Nicht nur das Leistungs‑, sondern auch das Rechtsgestaltungs- und Eventualfeststellungsbegehren, die sich auf den Inhalt des Schreibens vom 30. 7. 2012 bezögen, seien daher als auf den streitigen Rechtsweg gehörige Arbeitsrechtssache zu behandeln.

Das Klagebegehren sei jedoch nicht berechtigt. Ein schriftlicher Dienstvertrag liege unstrittig noch nicht vor, sodass das Ausfolgungsbegehren ins Leere gehen müsse. Eine Verpflichtung zum Abschluss eines Sondervertrags sei nicht Klagsgegenstand. Ohne Dienstvertrag bestehe aber auch keine Gehaltsvereinbarung, auf die das Zahlungsbegehren gegründet werden könnte. Auf etwaige Schadenersatzansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten habe der Kläger sein Begehren wiederum nicht gegründet, überhaupt sei er in seinem Rechtsmittel auf das Zahlungsbegehren nicht mehr substantiiert eingegangen.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Bestellungsvorgang des Rektors einer Hochschule vorliege und die angesprochenen Rechtsfragen auch über den Anlassfall hinaus von Bedeutung seien.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist unzulässig. Der Revisionswerber muss in seinem Rechtsmittel eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er darin nur Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen. Allein der Umstand, dass zu einer bestimmten Fallgestaltung keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht, begründet unter anderem dann keine erhebliche Rechtsfrage, wenn ‑ wie hier ‑ die konkret relevanten rechtlichen Grundsätze geklärt sind (RIS‑Justiz RS0102181; 8 ObA 60/11y; 8 ObA 8/14f).

1. Das Berufungsgericht hat die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs geprüft und bejaht. Auch wenn es diese Ausführungen nicht in den Spruch, sondern nur in die Entscheidungsgründe aufgenommen hat, wäre gegen die Verneinung des Nichtigkeitsgrundes kein weiteres Rechtsmittel zulässig (RIS‑Justiz RS0043405 [T37]). In solchen Fällen bleibt dem erkennenden Senat auch eine neuerliche amtswegige Überprüfung der Frage der Rechtswegzulässigkeit verwehrt, selbst dann, wenn begründete Bedenken gegen das Ergebnis der Vorinstanzen bestünden.

2. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass sich im Bestellungsverfahren nach § 13 HG allein aus dem öffentlich-rechtlichen Ernennungsakt noch keine subjektive Rechtsposition des designierten Rektors ergibt, aus der die von ihm erhobenen zivilrechtlichen Ansprüche abzuleiten wären. Sie haben sich dabei der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs zum Bestellungsverfahren nach dem UG 2002 (VfGH B 574/08) angeschlossen, dem die Beschwerde eines zunächst gewählten, aber wegen Fehlschlagens der Dienstvertragsverhandlungen letztlich nicht bestellten Rektors einer Universität zugrundelag. Der Verfassungsgerichtshof hielt in diesem Beschluss fest, dass die zum Rektor gewählte Person erst durch den zweiten Teilakt des Bestellungsverfahrens, nämlich den Abschluss eines Arbeitsvertrags, auch subjektive Rechte und wirtschaftliche Ansprüche erwerbe. Die öffentlich-rechtliche Auswahlentscheidung allein begründe noch keine individuelle Rechtssphäre, in die mit ihrer Aufhebung eingegriffen werden könne.

Wenn die Vorinstanzen diese Grundsätze auf das ganz ähnlich, nämlich ebenfalls in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teilakt gegliederte Bestellungsverfahren an pädagogischen Hochschulen übertragen haben, ist dies jedenfalls nicht unvertretbar. Diese Rechtsauffassung wird in den Revisionsausführungen inhaltlich auch gar nicht bekämpft.

3. Verschaffte aber die Ernennung per Dekret dem Kläger noch keine subjektiven wirtschaftlichen Rechte, haben die Vorinstanzen die Berechtigung der Klagsansprüche konsequent und ohne aufzugreifenden Rechtsirrtum verneint.

Zum Begehren auf Ausfolgung eines Dienstvertrags setzen sich die Revisionsausführungen zudem völlig begründungslos über die gesetzlichen Wirksamkeitserfordernisse für Sonderverträge nach § 36 VBG hinweg, nämlich Schriftform (RIS‑Justiz RS0123171) und Genehmigung durch den Bundeskanzler (RIS‑Justiz RS0115297; Ziehensack, VertragsbedienstenG § 36 Rz 16). Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird damit nicht aufgezeigt.

Die Interpretation des Berufungsgerichts, dass das Klagebegehren seinem Wortsinn entsprechend nur auf Ausfolgung einer Vertragsurkunde gerichtet war und keine (unrichtig formulierte) Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Sondervertrags gemeint war, bleibt in der Revisionsschrift unbekämpft.

4. Auch das Zahlungsbegehren wurde in der Klage nur mit dem vermeintlichen Bestehen eines Dienstvertrags begründet.

Ob dafür allenfalls andere Rechtsgründe in Frage kommen könnten, beispielsweise eine Verletzung vorvertraglicher Schutz‑ und Sorgfaltspflichten, war mangels Geltendmachung im Rechtsmittelverfahren nicht zu prüfen. Im zivilgerichtlichen Verfahren sind nicht abstrakte Rechtsfragen und theoretisch mögliche Eventualitäten zu prüfen, sondern nur das konkret erhobene Rechtsschutzbegehren.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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