OGH 6Ob28/14g

OGH6Ob28/14g26.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 15. Juni 2003 geborenen mj A***** H*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung Bezirk 21, 1210 Wien, Am Spitz 1, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Dezember 2013, GZ 43 R 696/13s‑58, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 20. September 2013, GZ 16 PU 220/09p‑52, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00028.14G.0626.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Der Vertreter des Kindes beantragte zuletzt, ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters von 1.841,29 EUR für die Zeit vom Dezember 2012 bis Mai 2013, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 370 EUR ab 1. Juli 2013 zu verpflichten.

Dem Vater wurden sowohl die früheren Unterhaltsfestsetzungsanträge als auch dieser Antrag mit der Aufforderung zur Äußerung dazu gemäß § 17 AußStrG zugestellt; er äußerte sich jedoch zu keinem dieser Anträge.

Bei früheren Anträgen hatte das antragstellende Amt darauf verwiesen, dass die (nicht näher bezeichnete) Transferleistung berücksichtigt worden sei. In seinem über einen dieser Anträge ergehenden Beschluss vom 18. Mai 2011 setzte das Erstgericht den Unterhalt „unter Berücksichtigung der Transferleistung“ fest.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zu monatlichen Unterhaltsbeträgen von 345 EUR ab 1. Juli 2013. Das Mehrbegehren von weiteren 25 EUR monatlich wies es ab. Nach ständiger Rechtsprechung sei bei höheren Unterhaltsbemessungsgrundlagen im Fall der Haushaltstrennung die steuerliche Entlastung eines geldunterhaltspflichtigen Elternteils durch teilweise Anrechnung der Familienbeihilfe grundsätzlich geboten. Dem zehnjährigen Kind komme ein Unterhalt von 20 % des anrechenbaren Nettoeinkommens des Vaters zu.

Die Feststellung, dass die obsorgeberechtigte Mutter die Familienbeihilfe für das Kind bezogen habe und ihr damit in untrennbarem Zusammenhang auch der Kinderabsetzbetrag zukomme, traf das Erstgericht nicht.

Dem Rekurs des Kindes, der sich allein gegen die amtswegig vorgenommene steuerliche Entlastung des Vaters richtete, gab das Rekursgericht nicht Folge. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig.

Den Rekursausführungen sei zwar zuzustimmen, dass die Voraussetzungen nach der herrschenden oberstgerichtlichen Rechtsprechung für eine amtswegige Berücksichtigung von Transferleistungen (RIS‑Justiz RS0117746 [T9]) nicht vorlägen. Allerdings sei aufzugreifen, dass das Erstgericht von Amts wegen die für eine derartige Anrechnung erforderlichen Grundlagen festgestellt habe. Dass die obsorgeberechtigte Mutter nach der Aktenlage die Familienbeihilfe für das Kind beziehe, sei zwar nicht ausdrücklich festgestellt worden, jedoch sei dieser Umstand eine Voraussetzung für die vorgenommene Anrechnung der Transferleistungen und damit inhaltlich erkennbar in den ausdrücklich festgestellten Sachverhalt miteinbezogen worden. Da auch der Rekurs dazu keine Bestreitung enthalte, habe auch der Bezug der Familienbeihilfe als unstrittig und auch aktenkundig zu gelten. Das Gericht dürfe ungeachtet des § 17 AußStrG weitere Beweise aufnehmen, weil es aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes bei der Stoffsammlung durch das Verhalten der Parteien in keiner Weise eingeschränkt sei. Die hier gesetzlich gebotene steuerliche Entlastung des Vaters setze daher einen ausdrücklich darauf abzielenden Antrag des Unterhaltspflichtigen nicht voraus (vgl 10 Ob 49/10v).

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil bezogen auf die gegenständliche Fallkonstellation noch keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege, in der auch schon vertreten worden sei, dass die gesetzlich gebotene steuerliche Entlastung einen ausdrücklich darauf abzielenden Antrag nicht voraussetze.

Dagegen erhob das Kind einen Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der vollen Stattgebung des Antrags. Der Vater hätte dem Unterhaltsbegehren generell entgegentreten müssen, was jedoch trotz Aufforderung zur Äußerung unterblieben sei.

Der Vater beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach der Entscheidung des verstärkten Senats 1 Ob 160/09z (= SZ 2010/48) ist eine Berücksichtigung der Familienbeihilfe ebenso von Amts wegen geboten, wenn das Gericht sie bei einer früheren Entscheidung berücksichtigt hat und der unterhaltspflichtige Antragsteller daher keinen Grund hat anzunehmen, dass das Gericht die in der letzten Entscheidung für maßgeblich angesehenen Kriterien nicht neuerlich heranziehen werde.

Dieser Fall liegt auch hier vor, weshalb die bei früheren Unterhaltsfestsetzungen durch das Gericht berücksichtigte, unterhaltsmindernde „Transferleistung“ (Familienbeihilfe) auch jetzt von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

Vom kürzlich anders entschiedenen Fall 3 Ob 13/14d unterscheidet sich der vorliegende dadurch, dass es dort ‑ im Gegensatz zum hier zu beurteilenden Sachverhalt ‑ um die erstmalige Unterhaltsfestsetzung ging.

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