OGH 14Os58/14g

OGH14Os58/14g17.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juni 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kotanko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Valentin-Victoras C***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 6. Februar 2014, GZ 26 Hv 88/13i-149, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Valentin-Victoras C***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall, 15 StGB (I) sowie jeweils eines Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (II) und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er im einverständlichen Zusammenwirken mit zwei abgesondert verfolgten Mittätern

(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig im Urteil namentlich genannten Personen und Gewahrsamsträgern von Unternehmen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch weggenommen und wegzunehmen versucht (I/2/g und I/3), und zwar

1) in der Nacht zum 12. Juni 2013 in S***** 80 Liter Dieseltreibstoff durch Aufbrechen des Tankdeckels eines LKWs;

2) in der Nacht zum 13. Juni 2013 in W***** in sieben Fällen Bargeld, Dieseltreibstoff, Mobiltelefone, eine Digitalkamera und andere Wertgegenstände (in einem Fall auch einen leeren Kanister und einen Gummischlauch [I/2/a], welche Gegenstände er in der Folge zum Absaugen von Dieseltreibstoff verwendete [I/2/b]) durch Einschlagen, Aufzwängen und Aufhebeln von Fenstern, Aufbrechen und Aufzwängen von Türen, Aufbrechen eines Tankdeckels, eines Türschlosses und von Handkassen;

3) am 13. Juni 2013 in I***** Wertgegenstände, Bargeld und zwei Fassdietriche durch Überklettern einer zwei Meter hohen Umzäunung eines Firmenareals, wobei die Täter von einem zufällig anwesenden Zeugen vertrieben wurden;

(II) in der Nacht zum 13. Juni 2013 in W***** in vier Fällen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bewegungsmelder, Außenleuchten und eine Straßenlaterne durch Ausreißen und Manipulieren beschädigt oder unbrauchbar gemacht;

(III) in der Nacht zum 13. Juni 2013 in W***** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Geldkassettenschlüssel aus dem Gewahrsam der Berechtigten dauernd entzogen, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen, indem er die Schlüssel mitnahm und wegwarf.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a, 10 und 11 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten haben die Tatrichter

auf Basis einer ausführlichen und sorgfältigen Beweiswürdigung - den Gesetzen logischen

Denkens und grundlegenden

Erfahrungssätzen entsprechend ‑ aus einer vernetzten Betrachtung einer Vielzahl von Indizien abgeleitet (US 8 ff). Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ausschließlich die Bezugnahme auf die Auswertung der Daten der Mobiltelefone des Beschwerdeführers und seiner mutmaßlichen Mittäter und jenen von Mautstellen der Brennerautobahn hinsichtlich des von ihnen benützten Fahrzeugs releviert, ohne auf die übrigen diesbezüglichen Erwägungen im Urteil einzugehen, bringt sie den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.

Die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung bloß einzelner von mehreren erheblichen Umständen, die erst in der Gesamtschau mit anderen zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen führen, kann nämlich aus Z 5 nur dann bekämpft werden, wenn die Tatrichter darin erkennbar eine notwendige Bedingung für Feststellungen hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache erblickt hätten (RIS-Justiz RS0116737, RS0099507; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410), was hier gerade nicht der Fall ist.

Im Übrigen bezog sich das Erstgericht nur insoweit auf Daten von Mautstellen, als die daraus ersichtlichen mehrfachen Passagen des in Rede stehenden Fahrzeugs auf der Brennerautobahn in Richtung I***** beziehungsweise Italien die wiederholte Ein- und Ausreise des Angeklagten nach und aus Österreich im Tatzeitraum (mithin dessen Anwesenheit im Inland) indizierten (US 8, 15). Die von der Beschwerde angesprochene Fahrt innerhalb des Bundesgebiets (von M***** bis S*****) ist daher nicht entscheidend (vgl zudem ON 23 S 3 iVm ON 80 S 19, wonach die Fahrtzeit ‑ entgegen dem auf eine angeblich „notorische Tatsache“ hinweisenden Beschwerde-standpunkt ‑ nicht 20 bis 30, sondern 9 bis 10 Minuten beträgt). Mit der substratlosen Behauptung, aus den Mobiltelefondaten des Beschwerdeführers und seiner Mittäter ergäbe sich gerade nicht, dass die Geräte jeweils in „unmittelbarer“ Tatortnähe eingeloggt gewesen seien (vgl im Übrigen ON 80 S 21 und 183 ff), und aktenfremden Spekulationen zur Anzahl der im Tatzeitraum im österreichischen Mobilfunknetz und „beim Sendemasten in W*****“ eingeloggten Handys wird bloß unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Weshalb in Bezug auf die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zum Schuldspruch I der Gebrauch von verba legalia ‑ unter konkretem, von der Beschwerde ohnehin teilweise zitierten Sachverhaltsbezug (US 7) ‑ als Tatsachengrundlage für die vorgenommene Subsumtion ungenügend sein soll und welcher darüber hinausgehenden Feststellungen es bedurft hätte, lässt die Beschwerde (Z 9 lit a) offen (RIS-Justiz RS0099620, RS0095939).

Die bloß auf einen Teil der Diebsbeute zum Schuldspruch I/2/a, nämlich einen ‑ tateinheitlich mit Bargeld weggenommenen ‑ Kanister und einen Gummischlauch, bezogenen Einwände (nominell Z 9 lit a) beziehen sich nicht auf für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidende Tatsachen. Wegfall oder Hinzukommen von Beutestücken können nämlich nicht Gegenstand eines (Teil-)Freispruchs sein, weil § 127 StGB alle Gegenstände eines einzigen diebischen Zugriffs (derselben Tat im materiellen Sinn) unter den Begriff „einer“ fremden beweglichen Sache zusammenfasst, womit sie weder unter dem Gesichtspunkt der Identität von Anklage- und Urteilsgegenstand beachtlich sind, noch den dem materiellen Tatbegriff zugrundeliegenden historischen Sachverhalt verändern (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 516, 522; zum Ganzen: RIS-Justiz RS0120128, RS0118720, RS0117261).

Die Urteilsannahmen zur Gewerbsmäßigkeit blieben keineswegs unbegründet. Die Tatrichter leiteten diese vielmehr ‑ von der Rüge (nominell Z 10, der Sache nach Z 5 vierter Fall) prozessordnungswidrig übergangen ‑ aus der Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers, den raschen Einreisen in und Ausreisen aus dem Bundesgebiet, den zahlreichen Angriffen in einem engen zeitlichen Intervall und der äußerst geplanten Vorgangsweise ab (US 16), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.

Mit der Behauptung zu geringer Gewichtung des Milderungsgrundes des bisher ordentlichen Lebenswandels des Angeklagten und Unangemessenheit der verhängten Freiheitsstrafe bringt die Sanktionsrüge (Z 11) bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung.

Die unter dem Aspekt der Generalprävention erfolgte Bezugnahme auf die Einreise in das Bundesgebiet rein zu „kriminaltouristischen Zwecken“ bewirkt ‑ ihrem Standpunkt zuwider ‑ keinen unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (

Z 11 dritter Fall) und stellt daher den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht her (vgl dazu schon 12 Os 78/06x).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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