OGH 9ObA55/14z

OGH9ObA55/14z27.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. H***** S*****, vertreten durch Donnerbauer & Hübner Rechtsanwälte GmbH in Retz, gegen die beklagte Partei A***** U*****, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 489.948 EUR und Ausstellung eines Dienstzeugnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. März 2014, GZ 8 Ra 16/14b‑13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E107888

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Im Vorverfahren der Parteien wurden die Begehren des Klägers, die Rechtsunwirksamkeit der von der Beklagten zum 14. 9. 2004 ausgesprochenen Kündigung seines Dienstverhältnisses festzustellen und die Beklagte zur Zahlung der „aus dem aufrechten Dienstverhältnis entspringenden Leistungen“ zu verpflichten, rechtskräftig abgewiesen. Das Vertragsverhältnis wurde als freier Dienstvertrag beurteilt, der infolge nicht gemeldeter Beitragsrückstände des Klägers vereinbarungskonform beendet worden sei. Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Zahlung von Entgelt aus dem Vertragsverhältnis seit Juni 2010 und die Ausstellung eines Dienstzeugnisses für den gesamten Beschäftigungszeitraum seit 1. 4. 2002, weil die Kündigung mangels Beitragsrückständen zu Unrecht erfolgt sei. Die Beitragsberechnung der Sozialversicherungsanstalt habe sich nachträglich als unrichtig herausgestellt. Die Revision des Klägers richtet sich gegen die von den Vorinstanzen angenommene materielle Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen Urteils. Damit zeigt er aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

Ist der in einem Verfahren als Hauptfrage entschiedene Anspruch eine Vorfrage für ein weiteres Verfahren zwischen denselben Parteien, entfaltet die Vorentscheidung Bindungswirkung (RIS‑Justiz RS0039843 [T35]; RS0127052). Die Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft einer Vorentscheidung für den Folgeprozess erstreckt sich auf das Vorbringen von Tatsachen, die zur Vervollständigung oder Entkräftung jenes rechtserzeugenden Sachverhalts dienten, aus dem das Ersturteilsbegehren abgeleitet wurden, sohin auf den „maßgeblichen“ Sachverhalt. Von dieser Vorentscheidung kann nur dann und soweit abgegangen werden, als sich der zu Grunde liegende Sachverhalt geändert hat (RIS‑Justiz RS0039843 [T11]).

Richtig ist, dass die Rechtsprechung eine Bindungswirkung nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage, nicht aber eine dort beurteilte Vorfrage annimmt (RIS‑Justiz RS0039843 [T19 ua]; s auch RS0127052). Damit ist für den Kläger jedoch nichts gewonnen, weil er zu Unrecht davon ausgeht, Hauptfrage des Vorprozesses sei alleine die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung gewesen. Da Rechtshandlungen prinzipiell nicht feststellungsfähig sind (RIS‑Justiz RS0039036; RS0039087), war das Rechtsschutzziel des Vorprozesses in der Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses zu sehen (RIS‑Justiz RS0039036; vgl auch RS0039010). Die Hauptfrage des Vorprozesses lag damit in der Klärung des Fortbestands des Vertragsverhältnisses, der allerdings verneint wurde. Die Vorinstanzen haben sich danach zutreffend daran gebunden erachtet, dass das Vertragsverhältnis des Klägers infolge der im Vorprozess als wirksam erachteten Kündigung beendet war. Wie weit der Kläger weitere Tatsachen zur Frage, ob der Beitragsrückstand zu Recht als Grund für die Auflösung seines Vertragsverhältnisses herangezogen worden war, zum Gegenstand einer Wiederaufnahmsklage machen könnte, ist hier nicht zu prüfen.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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