OGH 8ObA29/14v

OGH8ObA29/14v26.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** L*****, vertreten durch Dr. Thomas J. A. Langer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch die Haslinger Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 13.220,34 EUR sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 100.751,94 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 18. März 2014, GZ 12 Ra 6/14k‑9, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00029.14V.0526.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1 Unstrittig ist, dass die erworbenen Pensionsanwartschaften des Klägers aus der direkten Leistungszusage mit Pensionskassen‑Betriebsvereinbarung („Pensionsreform '99“) zum 31. 12. 1999 auf eine Pensionskasse übertragen wurden, dadurch ein Umstieg auf ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell (ohne Nachschusspflicht des Dienstgebers) erfolgte, weiters dass der rechnungsmäßige Zinssatz mit 5,5 % und der rechnungsmäßige Überschuss mit 7,5 % veranschlagt wurde und die Beklagte auch eine Arbeitgeberreserve in Höhe von 10 % des Deckungserfordernisses zum Schwankungsausgleich geleistet hat.

Auf den Vorwurf der Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Beklagte anlässlich des Umstiegs auf das Pensionskassensystem kommt der Kläger nicht mehr zurück.

1.2 Der Kläger moniert, dass die Betriebsvereinbarung „Pensionsreform '99“ zum Zeitpunkt der Klagseinbringung (30. 8. 2013) bzw zum Stichtag 1. 10. 2010 zu einer Kürzung der betrieblichen Zuschussleistung in Höhe von 40,5 % geführt habe. In dieser Kürzung sieht der Kläger einen Eingriff in seine verfassungsrechtlich geschützte Vertrauensposition. Er habe die Erwartung gehabt, dass es durch den Ruhegenuss zu keinem erheblichen Absinken seines Lebensstandards komme.

2.1 Auch im Pensionsrecht sind an sich sachlich gerechtfertigte Eingriffe in erworbene Rechtspositionen nicht ausgeschlossen. Der grundrechtliche Vertrauensschutz bildet allerdings auch für die Betriebsvereinbarungs‑ und Kollektivvertragsparteien den zulässigen Gestaltungsrahmen (8 ObA 52/03k).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs genießt das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Nur unter besonderen Umständen muss dem Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (VfGH G 6/11). Eingriffe in bestehende Rechtspositionen verletzen den Gleichheitssatz demnach dann, wenn der durch die Änderung der Rechtslage bedingte Eingriff (ohne entsprechende Übergangsregelungen) plötzlich und intensiv erfolgt.

2.2 Die sachliche Rechtfertigung der Umwandlung der direkten Leistungszusage in eine Pensionskassenzusage bestreitet der Kläger tatsächlich nicht. Vielmehr weist er darauf hin, dass die Pensionsreform '99 das Ziel verfolge, im Interesse der Arbeitnehmer das Pensionssystem langfristig zu finanzieren.

Für den Kläger bestand zwischen Zielübertragung und Pensionsantritt ein Zeitraum von rund 13 Jahren. Von einem plötzlichen Eingriff in seine erworbene Rechtsposition kann daher keine Rede sein (vgl 9 ObA 89/06p). Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger nicht zur Gruppe der knapp vor der Pensionierung stehenden Mitarbeiter mit hoher Zielübertragung und hohem Kapitalmarktrisiko gehörte, ist in jedem Fall vertretbar.

3. Abgesehen von diesen Erwägungen sind die Ausführungen des Klägers schon im Ansatz nicht geeignet, einen unzulässigen Eingriff in seine geschützte Rechtsposition darzulegen.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann darin, dass bei beitragsorientierten Zusagen das Risiko der Veranlagung auf den Arbeitnehmer überwälzt werden kann, keine unzulässige Gestaltung gesehen werden (8 ObA 52/03k; 9 ObA 89/06p). Ebenso wurde ausgesprochen, dass die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei kollektivrechtlichen Änderungen grundsätzlich zu vermuten ist, weil sie nur unter Mitwirkung der zur Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer berufenen Gewerkschaft bzw des Betriebsrats erfolgen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 ObA 52/03k einen rechnungsmäßigen Überschuss von 7 bis 7,5 % als unbedenklich beurteilt, auch wenn sich die zugrunde liegenden Annahmen nachträglich als unrealistisch erwiesen haben (vgl dazu auch § 20 Abs 2a PKG ab BGBl I 2003/71).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, der Kläger habe die Verhältnismäßigkeitsvermutung nicht widerlegen können, weshalb auch nicht von einer Verletzung des Gleichheitssatzes ausgegangen werden könne, steht mit den dargelegten Grundsätzen im Einklang und stellt keine Überschreitung des Entscheidungsspielraums dar.

4. Schließlich ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Frage einer allfälligen Überschreitung des Gestaltungsspielraums durch die Umwandlung einer direkten Leistungszusage in eine Pensionskassenzusage ausgehend vom Zeitpunkt der Umstellung zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0119228). Der Kläger bezieht die von ihm angegriffene Kürzung der betrieblichen Zuschussleistung auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung bzw auf den Stichtag 1. 10. 2010. Ausführungen zum Wert der Pensionsansprüche zum Zeitpunkt der Zielübertragung finden sich auch in der außerordentlichen Revision nicht. Der später faktisch eingetretenen Entwicklung kommt aber keine wesentliche Bedeutung zu (8 ObA 52/03k).

5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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