OGH 1Ob76/14d

OGH1Ob76/14d22.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** & Co. GmbH, *****, vertreten durch Hule Bachmayr‑Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. G***** L*****, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in Wien, und 2. A***** L*****, vertreten durch Mag. Michael Stuxer, Rechtsanwalt in Wien, sowie den Nebenintervenienten auf Seiten beider beklagter Parteien Dr. C***** V*****, und den Nebenintervenienten auf Seiten der zweitbeklagten Partei Mag. M***** S*****, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen 378.605,10 EUR sA, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. März 2014, GZ 15 R 19/14w‑134, mit dem das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. November 2013, GZ 1 Cg 165/09f‑125, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung von Willenserklärungen hat stets nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen, sodass sich eine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage in der Regel nicht stellt (RIS‑Justiz RS004255; RS0042936 ua); dies gilt auch für die Erteilung einer Vollmacht (vgl nur RIS‑Justiz RS0019533; RS0044358 [T36]). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

2. Die Forderung des Revisionswerbers nach einer „zumindest analogen“ Anwendung des § 915 erster Halbsatz ABGB geht schon deshalb ins Leere, weil es bei der Bestimmung des Vollmachtsumfangs mit Hilfe der gesetzlichen Auslegungsregeln nicht um das Verhältnis der Rechtsvorgängerin und Mutter der Beklagten zum Zweitbeklagten als Hauseigentümer geht, in dem möglicherweise eine unentgeltliche Zuwendung vorlag, sondern um die Rechtsverhältnisse zur Hausverwalterin, zur Bauprojektmanagement GmbH und zur Klägerin, bei denen es sich zweifellos um entgeltliche Vertragsverhältnisse handelte.

3. Mit seiner Rechtsansicht, die „Beauftragung vom 6. Mai 2002“, also die Vereinbarung mit der Hausverwalterin, sei angesichts der Rechtsstellung der Mutter als bloße Fruchtgenussberechtigte „zweifellos so gemeint“, dass lediglich die Zustimmung zur Vornahme der Sanierung durch den Zweitbeklagten als Hauseigentümer erteilt worden sei, setzt sich der Revisionswerber schon mit den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts in Widerspruch, nach denen die Vorgespräche zur schließlich in Auftrag gegebenen „großen Haussanierung“ von einem Mitarbeiter der Hausverwalterin ausschließlich mit der Mutter der Beklagten geführt worden waren und dieser Mitarbeiter daher auch davon ausging, dass alleine sie (insoweit) Vertragspartnerin der Hausverwalterin sein sollte.

Hat sich nun in erster Linie die Mutter um die Vorbereitung der Haussanierung gekümmert und in der Folge der Hausverwalterin ‑ gemeinsam mit dem Zweitbeklagten ‑ den (Geschäftsbesorgungs‑)Auftrag erteilt, die Generalreparatur des Hauses in Auftrag zu geben und sich um die weiteren dafür erforderlichen Schritte zu kümmern, kann dem Berufungsgericht keine erhebliche Fehlbeurteilung vorgeworfen werden, wenn es die Auffassung vertrat, die Mutter habe die Hausverwalterin bevollmächtigt, (auch) in ihrem Namen die für das erwünschte Sanierungsergebnis erforderlichen Rechtsgeschäfte abzuschließen.

4. Wenn sich der Revisionswerber letztlich darauf beruft, die von seiner Mutter erteilte Vollmacht erfasse jedenfalls nicht die in den Nachtragskostenvoranschlägen angeführten Leistungen, weil deren Beauftragung entgegen Punkt 2.1 der Vereinbarung vom 6. Mai 2002 nicht mit der „Hausinhabung“ abgesprochen worden sei, unterlässt er es, sich mit dem genauen Wortlaut dieser Vertragsbestimmung und deren systematischer Stellung im Gesamtvertrag auseinanderzusetzen. Er geht auch nicht darauf ein, dass Inhalt dieser Vereinbarung in erster Linie eine entsprechende Geschäftsbesorgung durch die Hausverwalterin ist (Auftragsvertrag), die notwendigerweise auch eine Vollmachtserteilung enthalten musste, weil es sonst nicht möglich gewesen wäre, die notwendigen Rechtshandlungen im Namen der ‑ und mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für die ‑ „Hausinhabung“ abzugeben.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers stellt es keine erhebliche Fehlbeurteilung dar, wenn die Vorinstanzen angenommen haben, die von der Mutter der Beklagten erteilte Vollmacht habe sich auch auf die Nachtragsarbeiten bezogen. Abgesehen davon, dass es höchst ungewöhnlich und vor allem ganz unpraktikabel wäre, die Vertretungsmacht im Außenverhältnis an jeweilige Detailabsprachen zwischen dem Geschäftsherrn und dem Bevollmächtigten zu binden, die dem dritten Vertragspartner regelmäßig nicht zugänglich sind, spricht einiges dafür, die vorgesehene Absprache des Sanierungsumfangs mit der „Hausinhabung“ nur auf das Innenverhältnis zu beziehen und im Übrigen von einer umfassenden Vertretungsmacht im Hinblick auf jene Rechtshandlungen auszugehen, die das Sanierungsvorhaben betreffen. Sollte es zutreffen, dass die Hausverwalterin ohne entsprechende Absprache mit ihrer Auftraggeberin nicht erforderliche Zusatzaufträge aufgrund von Nachtragskostenvoranschlägen erteilt hat, kann der Erstbeklagte als Rechtsnachfolger seiner Mutter (anteilig) von jener Ersatz begehren, sollte ein Schaden durch einen abredewidrigen Vollmachtsgebrauch entstanden sein. Dass sämtliche verrechneten Zusatzarbeiten mit der (bevollmächtigten) Hausverwalterin abgesprochen waren, wurde von den Vorinstanzen festgestellt. Geht man nun mit dem Berufungsgericht von deren umfassender Vertretungsmacht aus, erscheint die Auffassung, dass die Mutter durch die jeweilige Auftragserteilung gegenüber der Klägerin unmittelbar verpflichtet wurde, unbedenklich.

Dass bestimmte Positionen der Nachtragskostenvoranschläge nicht in einem ausreichend engen Konnex zum Hauptauftrag gestanden seien, wird vom Revisionswerber im Übrigen nur behauptet, nicht aber nachvollziehbar erklärt.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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