European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00030.14H.0521.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.610,64 EUR (darin enthalten 268,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).
Die vorliegende Klage ist auf die Bezahlung von Mietzinsrückständen in Höhe von 27.015,50 EUR sA sowie Räumung der P*****parzellen ***** samt Überresten des Superädifikats „H*****“ (einem Gastronomiebetrieb) gerichtet.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt und wies nur einen Teil des Zinsenbegehrens (unangefochten) ab.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine gefestigte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob bei Zerstörung eines auf einem Grundstück befindlichen Hauptgebäudes das Bestandverhältnis auch am Grundstück selbst und an einem darauf befindlichen Kiosk, dem nur untergeordnete Bedeutung zukomme, gemäß § 1112 ABGB aufgelöst werde.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 1112 ABGB bei teilweisem Untergang einer Bestandsache ist zunächst von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen auszugehen. Danach ergibt sich schon aus dem Text des Bestandvertrags eindeutig, dass es beiden Parteien darum ging, das Geschäftslokal „H*****“ in Bestand zu geben und zu nehmen (Mietgegenstand ist das Geschäftslokal „H*****“ … als Superädifikat … ausschließlich … zum Betrieb eines P***** Restaurants, Cafe, Imbiss und Buffet …); während weder der P*****parzelle als solcher, noch dem darauf (nach wie vor) befindlichen Kiosk (nach dem klar dokumentierten Parteiwillen) selbstständige Bedeutung zukam. Das genannte Geschäftslokal wurde jedoch „vollständig vernichtet“.
Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Frage, ob mehrere in Bestand gegebene Sachen eine einheitliche Bestandsache bilden, in erster Linie vom Parteiwillen bei Vertragsabschluss ab (der gemeinsame Verwendungszweck der Bestandobjekte indiziert das Vorliegen einer einheitlichen Bestandsache); die Lösung dieser Frage, die teilweise eine Tat- und teilweise eine Rechtsfrage darstellt, ist daher von den Umständen des Einzelfalls abhängig (RIS-Justiz RS0020405 [T2, T7, T8, T12]; RS0014368 [T1, T3]).
Demgemäß kann es auch bei der Beurteilung, ob ein Bestandvertrag gemäß § 1112 ABGB ganz oder teilweise erlischt, nicht allein auf die räumliche Abgrenzbarkeit einzelner in Bestand gegebener Räumlichkeiten ankommen. Vielmehr ist, wenn ‑ wie im vorliegenden (Einzel-)Fall ‑ die für den Vertragszweck maßgebende Hauptsache vollständig untergeht und nur wirtschaftlich betrachtet vollkommen untergeordnete Nebengebäude bestehen bleiben, nach der zitierten Bestimmung „die bestandene Sache“ zu Grunde (§ 1112 ABGB) gegangen.
Da die Revision ‑ im Hinblick auf die bindenden (Negativ-)Feststellungen zu einer Vereinbarung, die die Klägerin zur Wiedererrichtung des Gebäudes verpflichtet hätte, und weiters zum Vorliegen der Voraussetzungen des Vollausnahmetatbestands nach § 1 Abs 2 Z 5 MRG (vgl RIS‑Justiz RS0127181 und 2 Ob 169/10g) ‑ auch sonst keine erheblichen Rechtsfragen aufzeigt, ist sie zurückzuweisen, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung bedarf.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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