OGH 3Ob34/14t

OGH3Ob34/14t30.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Jensik, die Hofrätin Dr. Grohmann und den Hofrat Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** e.Gen., *****, vertreten durch Stipanitz-Schreiner & Partner Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. D*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der V***** Ges.m.b.H., *****, wegen 152.000 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2013, GZ 1 R 196/13w‑47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 1. Juli 2013, GZ 10 Cg 137/09s‑43, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

In ihrer außerordentlichen Revision wiederholt die klagende Bank ihren ‑ von den Vorinstanzen nicht geteilten ‑ Standpunkt, dass es zur Wirksamkeit der sicherungsweisen Abtretung der von den Mietern an die Schuldnerin zu entrichtenden Mietzinse an sie ausgereicht habe, die Hausverwaltung zu verständigen (ein Buchvermerk ist nicht festgestellt). Damit seien die Publizitätsvoraussetzungen des § 452 ABGB erfüllt, weil die Hausverwaltung für die „Kundmachung an sämtliche Wohnungs- und Miteigentümer verantwortlich“ sei. In diesem Sinn sei „die Hausverwaltung als Wissensvertreter der Liegenschaftseigentümer und Mieter … damit betraut, Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit ist, entgegenzunehmen und den Mietern gegenüber anzuzeigen“. Die klagende Partei habe durch Verständigung der Hausverwaltung „eine verlässliche Auskunftsquelle geschaffen“: Die Hausverwaltung komme „nicht nur stellvertretend für sämtliche Mieter als Empfänger in Frage …, sondern [sei] auch Zahlstelle“.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht aufgezeigt.

Da die sicherungsweise Übertragung von Forderungen (Sicherungszession) denselben Zwecken dient wie eine Forderungsverpfändung, sind zu ihrer Gültigkeit nach ständiger Rechtsprechung die Publizitätsbestimmungen der Pfandbestellung einzuhalten (§ 452 ABGB; RIS‑Justiz RS0011386, RS0032577), damit die Gläubiger des Sicherungsgebers das Ausscheiden der abgetretenen Forderung aus dem Haftungsvermögen verlässlich erkennen können (RIS‑Justiz RS0115472).

§ 452 fordert die Übergabe durch Zeichen, „woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann“. Bei buchführungspflichtigen Sicherungsgebern wird entweder ein Vermerk in den Geschäftsbüchern des Verpfänders oder die Drittschuldnerverständigung gefordert (RIS‑Justiz RS0121560). Bei nicht verbuchten Forderungen kommt von vornherein nur die Drittschuldnerverständigung als Publizitätsakt in Betracht (4 Ob 100/04s = ÖBA 2004/1233, 867 [ Koziol ]; 6 Ob 116/05k).

Unstrittig hat die klagende Partei nicht die Mieter (als Drittschuldner) verständigt, sondern die Hausverwalterin, an die die Mietzinse abzuführen waren. Entscheidend ist daher, ob die Verständigung der Hausverwaltung als verlässliches, nach außen in Erscheinung tretendes Zeichen zu qualifizieren ist. Die klagende Partei beruft sich darauf, dass das Wissen der Hausverwalterin als Wissen der Mieter anzusehen sei; sie meint also, dass die Hausverwalterin (auch) „Wissensvertreterin“ der Mieter sei. Diese Ansicht findet keine Deckung in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Die Rechtsprechung nimmt eine Wissenszurechnung durch jene Personen („Wissensvertreter“) an, die ‑ sowohl als selbständige Dritte als auch als Gehilfen ‑ vom Geschäftsherrn damit betraut worden sind, Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit ist, entgegenzunehmen oder anzuzeigen (RIS‑Justiz RS0065360 [T10]); in diesen Fällen wird dem Geschäftsherrn das Wissen des „Wissensvertreters“ als eigenes zugerechnet (RIS‑Justiz RS0065360 [T11]). Dem liegt der allgemeine Gedanke zugrunde, dass die „Rollenspaltung“ durch den Einsatz von Gehilfen nicht zum Nachteil Dritter gehen darf, weshalb der Geschäftsherr so zu behandeln ist, als wäre er selbst tätig geworden (RIS‑Justiz RS0065360 [T12]).

Allerdings ist die Hausverwalterin in Bezug auf die Mietzinse nicht Drittschuldnerin, sondern eine von der Vermieterin eingerichtete Zahlstelle (6 Ob 247/03x; vgl auch 2 Ob 534/56 = SZ 30/5) und kann von der Vermieterin auch einfach geändert werden. Sie ist jedenfalls nicht den Mietern zuzurechnen (vgl RIS‑Justiz RS0068927; ebenso RS0019697 [T2 und T3]). Da im vorliegenden Fall somit die von der klagenden Partei vorgenommene Verständigung nicht über den der Vermieterin zuzurechnenden Bereich hinausgegangen ist, liegt ein ausreichend nach außen in Erscheinung tretender, verlässlich erkennbarer Publizitätsakt nicht vor.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen bewegen sich im Rahmen der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.

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