OGH 9ObA33/14i

OGH9ObA33/14i25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Harald Kohlruss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** M*****, vertreten durch Mag. Markus Weixlbaumer MBA, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei ***** Gebietskrankenkasse, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, wegen 9.165,64 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 2013, GZ 11 Ra 85/13v‑21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 8. Oktober 2013, GZ 15 Cga 91/13m‑17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00033.14I.0325.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 742,27 EUR (darin 123,71 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage der Einstufung der Klägerin, die bei der Beklagten seit 3. 4. 1989 als Masseurin tätig ist, nach der unstrittig anzuwendenden Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte, Pflegepersonal und zahntechnische Angestellte bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A), bei der es sich um einen Kollektivvertrag handelt (RIS‑Justiz RS0054394). Die Klägerin war bis einschließlich September 2013 in die Gehaltsgruppe I, Dienstklasse B, gemäß § 38 DO.A (I/B) eingestuft und strebt die Einstufung in die Gehaltsgruppe I, Dienstklasse D (I/D), dieser Bestimmung an, wofür sie sich im Revisionsverfahren nur mehr auf den Tatbestand des § 38 Abs 4a Z 1 DO.A beruft. Diese Bestimmung (in der hier anwendbaren, seit 1. 10. 2008 in Geltung stehenden Fassung, § 228 DO.A) samt dazu gehörigen Erläuterungen der DO.A lautet auszugsweise:

§ 38 Einreihung des Pflegepersonals

(1) Das Pflegepersonal ist unter Bedachtnahme auf § 36 ausschließlich nach den Bestimmungen der folgenden Absätze in die dort angeführten Gehaltsgruppen und Dienstklassen einzureihen.

(2) [...]

(3) In Gehaltsgruppe I, Dienstklasse B sind einzureihen:

1. […] Heilmasseure/‑innen gemäß dem MTF‑SHD‑G

2. […]

(4a) In Gehaltsgruppe I, Dienstklasse D sind einzureihen:

1. Medizinische Masseure(innen)/Heilmasseure-(innen), die eine Ausbildung nach dem MMHmG erworben haben,

2. […]

[…]

ERLÄUTERUNGEN ZUR DO.A

(einvernehmliche Auslegungen der

Kollektivvertragspartner)

Zu § 38 :

Die für die Einreihung des Pflegepersonals maßgebenden Bestimmungen der §§ 36 und 38 bilden eine untrennbare Einheit und sind nur im Zusammenhang zu betrachten und anzuwenden. Es handelt sich bei den Einreihungsbestimmungen um eine taxative Aufzählung der für die Einreihung maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale, die eine Einreihung nur bei Vorliegen einer für den speziellen Fall zutreffenden Einreihungsbestimmung zulässt und Einreihungen aufgrund von Analogieschlüssen ausschließt.“

Die Klägerin schloss am 3. 2. 1989 die Ausübung zur Heilbademeisterin und Heilmasseurin nach dem Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch‑technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, BGBl 1961/102 (MTF‑SHD‑G) ab. Sie war bis einschließlich September 2013 in die Gehaltsgruppe I/B und ist seit Oktober 2013 in die Gehaltsgruppe I/D eingestuft.

Am 13. 2. 1993 bestand die Klägerin die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Masseur, am 16. 5. 1994 die Befähigungsprüfung für das gebundene Gewerbe der Masseure sowie die Ausbilderprüfung für Masseure. Zusätzlich absolvierte die Klägerin folgende Spezialausbildungen: Fußreflexzonenmassage; manuelle Lymphdrainage mit besonderen Bandagetechniken und nach Dr. Vodder; Bindegewebsmassage; Akupunkturmassage; traditionelle chinesische Massage/Tuinatherapie; Elektrotherapie gemäß § 81 Medizinisches Masseur‑ und Heilmasseurgesetz (MMHmG, BGBl I 2002/169); geprüfte Sportmasseurin.

Ab dem Abschluss der Befähigungsprüfung für das gebundene Gewerbe der Masseure und insbesondere auch ab 1. 4. 2003 wandte die Klägerin bei der Beklagten ‑ einer unter ärztlicher Leitung und Aufsicht stehenden Einrichtung, die der Vorbeugung, Feststellung oder Heilung von Krankheiten oder Betreuung pflegebedürftiger Menschen dient ‑ Massagetechniken wie klassische Massagen, manuelle Lymphdrainagen, reflextherapeutische Massagen wie die Bindegewebsmassage und die Behandlung von Triggerpunkten, sowie kombinierte Massagen ua in den klinischen Bereichen der Chirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie, Rheumatologie und Geriatrie an; ebenso die Thermotherapie in den Formen der Ultraschalltherapie und Packungsanwendungen. Masseurinnen wie die Klägerin stehen bei ihrer Arbeit unter Anleitung und Aufsicht eines Arztes. Diese Massagetechniken und Thermotherapien in den genannten Fachbereichen wandte die Klägerin bis spätestens Ende 2004 bei der Beklagten ‑ selbst unter Berücksichtigung etwaiger Teilzeitarbeit ‑ in einem Ausmaß von mehr als 875 Stunden praktisch am Patienten an.

Bei der Beklagten verrichten Masseure, die eine Ausbildung nach dem MMHmG absolviert haben, und jene, welche die Ausbildung nach dem MTF-SHD-G abgeschlossen haben, inhaltlich und qualitativ die gleiche Arbeit. Angehende medizinische Masseure absolvieren auch bei der Beklagten den praktischen Teil der Ausbildung nach dem MMHmG im Umfang von 875 Stunden, wobei der Klägerin Praktikanten zur Betreuung zugeteilt werden.

Über eigene Initiative erhielt die Klägerin schließlich von einem Massageausbildungszentrum in einem anderen Bundesland ein Zeugnis für die verkürzte Ausbildung für Masseure gemäß § 26 MMHmG mit Datum vom 18. 9. 2013 ausgestellt.

Die Klägerin begehrt die Nachzahlung von ‑ der Höhe nach nicht strittigen ‑ Lohndifferenzen für den Zeitraum Juni 2010 bis Mai 2013. Soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung brachte sie vor, dass ihre Ausbildung und Zusatzausbildungen einer Ausbildung nach dem MMHmG entsprechen oder dieser gleichzusetzen seien. Sie habe darüber hinaus im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit bei der Beklagten die verkürzte Ausbildung nach § 26 MMHmG absolviert; die dafür notwendigen fachlichen Voraussetzungen seien bereits seit 16. 5. 1994 vorgelegen. Ein entsprechendes Zeugnis habe sie am 18. 9. 2013 ausgestellt bekommen.

Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass die Klägerin im hier relevanten Zeitraum korrekt eingestuft gewesen sei. Soweit noch von Bedeutung für das Revisionsverfahren brachte sie vor, dass die Klägerin keine Ausbildung nach dem MMHmG erworben habe. Sie sei zur Führung der Berufsbezeichnung „medizinische Masseurin“ gemäß § 80 MMHmG berechtigt, sodass eine verkürzte Ausbildung gemäß § 26 MMHmG gar nicht absolviert werden könne. Das Zeugnis vom 18. 9. 2013 sei der Beklagten erst Anfang Oktober 2013 zugegangen, sodass erst ab diesem Zeitpunkt vom Vorliegen der gesundheitlichen Eignung und der Vertrauenswürdigkeit auszugehen sei, nicht aber rückwirkend.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Da die Klägerin die Spezialmassage oder Lymphdrainage nicht in erheblichem Ausmaß im Sinn des § 38 Abs 4a Z 2 DO.A ausgeübt habe, könne eine Einreihung der Klägerin in die Dienstklasse D nur nach § 38 Abs 4a Z 1 (DO.A) gerechtfertigt sein. Die Klägerin habe eine nach dieser Bestimmung erforderliche Ausbildung nach dem MMHmG erworben, weil sie die von § 26 MMHmG geforderten Voraussetzungen durch ihre praktische Arbeit im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten im Ausmaß von über 875 Stunden bereits Ende 2004 erfüllt habe. Der Klägerin würden sogar Praktikanten zugewiesen, welche die praktische Ausbildung nach dem MMHmG bei der Beklagten absolvierten. § 80 MMHmG diene lediglich dem Schutz von Masseuren nach der alten Ausbildung und stehe einer verkürzten Ausbildung der Klägerin gemäß § 26 MMHmG nicht entgegen. Dem am 18. 9. 2013 zu Recht ausgestellten Zeugnis komme keine konstitutive Wirkung zu. Der Beklagten habe klar sein müssen, dass die Klägerin, auch wenn sie kein Zeugnis vorgelegt habe, die verkürzte Ausbildung nach dem MMHmG bereits vor dem Jahr 2010 abgeschlossen gehabt habe. Der Anspruch auf höhere Einstufung sei bereits mit Erfüllung der Voraussetzungen entstanden und nicht erst mit der Ausstellung dieses Zeugnisses.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten statt und wies das Klagebegehren ab. Eine für die Einstufung gemäß § 38 Abs 4a Z 1 DO.A erforderliche Ausbildung ‑ hier in Form einer verkürzten Ausbildung für Masseure gemäß § 26 MMHmG ‑ komme schon nach dem Wortlaut der Kollektivvertragsbestimmung hier nicht in Betracht.

Die Kollektivvertragsparteien hätten mit der Ausbildung nach dem MMHmG das entscheidende Kriterium für die Einstufung einvernehmlich festgelegt. Die Entscheidung des Kollektivvertrags, der vom Gesetzgeber intendierten höherwertigen Ausbildung nach dem MMHmG einen besonderen Stellenwert für die Einstufung beizumessen, liege nach der Entscheidung 8 ObA 98/11m im zulässigen Gestaltungsspielraum der Kollektivvertragsparteien. Dies entspreche auch den tatsächlichen Gegebenheiten: Die von der Klägerin absolvierte Ausbildung für Heilmasseure nach dem MTF‑SHD‑G habe mindestens 130 und höchstens 210 Unterrichtsstunden umfasst; dagegen sehe § 17 Abs 1 MMHmG für die Ausbildung zum medizinischen Masseur einen theoretischen Unterricht einschließlich praktischer Übungen in der Dauer von insgesamt 815 Stunden sowie eine praktische Ausbildung in der Dauer von 875 Stunden, somit insgesamt 1.690 Stunden vor. Auch erlaube die DO.A nach der Rechtsprechung keine Analogieschlüsse.

Weder der Klägerin noch der Beklagten oder der späteren Ausstellerin des Zeugnisses vom 18. 9. 2013 sei bewusst gewesen, dass die praktische Arbeit der Klägerin eine Ausbildung darstelle. Eine Ausbildung im eigentlichen Sinn liege nur dann vor, wenn ein Bewusstsein um die eigene Funktion als Ausbildner, eine Ausbildungsstätte und Auszubildende vorhanden seien, woran es hier ebenso fehle wie an den weiteren Bedingungen für eine Ausbildung wie etwa das Vorhandensein eines Ausbildungsplans oder von Dokumentationsstandards, wozu auf §§ 24 Abs 1, 30 Abs 1 und 2 MMHmG zu verweisen sei. Diese Grundsätze hätten auch bei der verkürzten Ausbildung gemäß § 26 MMHmG zu gelten. Alleine die Verrichtung von 875 Stunden praktischer Tätigkeit als Masseurin genüge nicht für die von der Klägerin begehrte höhere Einstufung.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, weil zur Frage, ob der in § 26 MMHmG normierten Ausbildungszeit von 875 Stunden auch durch eine praktische Tätigkeit in diesem Zeitausmaß entsprochen werde, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Aus der bereits von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung 8 ObA 98/11m ergibt sich, dass in die Gehaltsgruppe I/D gemäß § 38 Abs 4a Z 1 DO.A nur jene medizinischen Masseure bzw Heilmasseure einzuordnen sind, die eine „Ausbildung nach dem MMHmG“ erworben haben. Die Kollektivvertragsparteien beabsichtigen mit dieser ‑ inhaltlich in den Vorgängerbestimmungen bereits seit 1. 7. 2004 in Geltung stehenden ‑ Regelung, die höhere Ausbildung nach dem MMHmG besonders zu honorieren. Hingegen regeln die Übergangsbestimmungen der §§ 80, 81 MMHmG lediglich Fragen der Berufsberechtigung; die bloße Möglichkeit der Erhaltung der Berufsberechtigung führt aber nicht schon zur höheren Einstufung gemäß § 38 Abs 4a DO.A. Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an, sodass dem in der Revision hervorgehobenen Umstand, dass die Klägerin zur Ausübung des Berufs der medizinischen Masseurin gemäß § 80 MMHmG berechtigt ist, für die Frage der Einstufung nach der DO.A, die auf die „Ausbildung nach dem MMHmG“ abstellt, keine entscheidende Bedeutung zukommt.

2. Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass sie keinen Abschluss über eine Ausbildung als medizinische Masseurin (bzw als Heilmasseurin) nach dem MMHmG hat. Sie beruft sich auch in der Revision darauf, dass sie die Voraussetzungen einer verkürzten Ausbildung zum medizinischen Masseur gemäß § 26 MMHmG allein durch ihre berufliche Praxistätigkeit bei der Beklagten bereits im Jahr 2004 erworben habe. Dem kommt jedoch für die hier allein zu beurteilende Frage der Einstufung nach dem Kollektivvertrag, der auf eine Ausbildung nach dem MMHmG abstellt, keine Bedeutung zu.

3. Maßgeblich für die Frage der Einstufung ist vor allem der Wortlaut der kollektivvertraglichen Regelung des § 38 Abs 4a Z 1 DO.A (RIS‑Justiz RS0010088 ua) sowie die ‑ bereits dargestellte ‑ Absicht, die die Kollektivvertragsparteien mit der Schaffung dieser Bestimmung verfolgten. § 38 Abs 4a Z 1 DO.A bzw die dieser Bestimmung entsprechenden Vorgängerregelungen sind seit 1. 7. 2004 in Kraft (§ 209 DO.A; 8 ObA 98/11m); sie sind daher im zeitlichen Naheverhältnis zum Inkrafttreten des MMHmG mit 1. 3. 2003 (§ 89 Abs 1 MMHmG) geschaffen worden. Es bedarf für die Auslegung dieser Bestimmung der Auseinandersetzung mit der Frage, was unter einer „Ausbildung nach dem MMHmG“ zu verstehen ist.

4. Zur Ausbildung nach dem MMHmG:

Das MMHmG regelt die Ausbildung zum medizinischen Masseur in seinem 3. Abschnitt des 2. Hauptstücks in den §§ 17 ‑ 28. Diese Ausbildung umfasst gemäß § 17 MMHmG einen theoretischen Unterricht einschließlich praktischer Übungen in der Dauer von 815 Stunden (§ 17 Abs 1 Z 1 MMHmG) sowie eine praktische Ausbildung in der Dauer von 875 Stunden (§ 17 Abs 1 Z 2 MMHmG), somit insgesamt 1.690 Stunden. Die Ausbildung kann gemäß § 17 Abs 2 MMHmG im Rahmen eines Dienst‑ oder Ausbildungsverhältnisses und auch als Teilzeitausbildung absolviert werden. Sie ist gemäß § 17 Abs 3 MMHmG innerhalb von drei Jahren abzuschließen; gelingt dies nicht, ist sie neu zu beginnen.

§ 18 MMHmG regelt die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Ausbildung zum medizinischen Masseur, § 19 MMHmG den Ausschluss von der Ausbildung. § 20 MMHmG regelt den Ablauf der Ausbildung, die in zwei aufbauenden Modulen A (theoretische Ausbildung von 360 Stunden, § 21 MMHmG) und B (theoretische und praktische Ausbildung von 1.330 Stunden, § 22 MMHmG) oder in einem durchgeführt werden kann. Die Leitung der Ausbildung obliegt gemäß § 23 MMHmG entsprechend geeigneten Personen (Heilmasseur/in bzw Arzt/Ärztin).

Die Ausbildung schließt mit der in § 24 MMHmG geregelten kommissionellen Prüfung zum medizinischen Masseur ab. Nach Abschluss der Gesamtausbildung und dieser Prüfung ist gemäß § 24 Abs 3 MMHmG ein Zeugnis auszustellen (§ 2 Abs 1 der Medizinischen Masseur‑ und Heilmasseur‑Zeugnisverordnung [MMHmZV, BGBl II 2006/458).

§ 25 MMHmG regelt die Anrechnung von Prüfungen und Praktika, die im Rahmen anderer Ausbildungen erworben wurden, auf die Ausbildung zum medizinischen Masseur. Eine Anrechnung solcher Prüfungen und Praktika auf die kommissionelle Prüfung ist gemäß § 25 Abs 3 MMHmG nicht zulässig.

Die §§ 26 und 27 MMHmG regeln die verkürzten Ausbildungen für Masseure und diplomierte medizinisch‑technische Fachkräfte, worauf noch näher einzugehen sein wird.

Gemäß § 73 Abs 1 MMHmG bedarf es für die theoretische und praktische Ausbildung zum medizinischen Masseur der Bewilligung durch den Landeshauptmann.

Die näheren Vorschriften über Ausbildung und Prüfung zum medizinischen Masseur sind in der gemäß § 28 MMHmG erlassenen Medizinischen Masseur‑ und Heilmasseur‑Ausbildungsverordnung (MMHm‑AV, BGBl II 2003/250) enthalten. Insbesondere enthält diese Verordnung nähere Bestimmungen über den Lehrbetrieb und den Lehrplan (§ 28 Z 1 MMHmG) sowie über die verkürzten Ausbildungen (§ 28 Z 10 MMHmG, vgl §§ 31, 32 MMHm‑AV).

5. Zur verkürzten Ausbildung nach dem MMHmG:

5.1 § 26 MMHmG lautet:

„Verkürzte Ausbildung für Masseure

§ 26 (1) Personen, die

1. die Befähigung für das reglementierte Gewerbe der Massage gemäß der Verordnung über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Masseure, BGBl 618/1993, auf Grund einer erfolgreich abgelegten Prüfung nach dem 1. Oktober 1986 nachgewiesen haben und

2. die zur Erfüllung der Berufspflichten als medizinischer Masseur erforderliche gesundheitliche Eignung sowie Vertrauenswürdigkeit besitzen,

sind berechtigt, eine verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur zu absolvieren.

(2) Die Ausbildung besteht aus einer praktischen Ausbildung im Rahmen der Ausbildung zum medizinischen Masseur im Gesamtumfang von 875 Stunden.

(3) Personen, die die praktische Ausbildung gemäß Abs 2 mit Erfolg abgelegt haben, ist durch den fachspezifischen und organisatorischen Leiter der Ausbildung ein Zeugnis, in dem der Erfolg sowie die Berufsbezeichnung 'medizinischer Masseur'/'medizinische Masseurin' anzuführen sind, auszustellen.“

Die verkürzte Ausbildung besteht danach aus einer „praktischen Ausbildung“ von 875 Stunden. Sie wird zwar nicht mit einer Prüfung abgeschlossen, endet aber ebenfalls mit der Ausstellung eines Zeugnisses. Gemäß § 3 Abs 1 MMHm‑ZV ist dieses Zeugnis ‑ ebenso wie eine vom jeweiligen Ausbildungsleiter zu unterzeichnende Ausbildungsbestätigung, § 2 MMHm‑ZV ‑ nach der erfolgreichen Absolvierung der verkürzten Ausbildung auszustellen.

5.2 Die Durchführung der „praktischen Ausbildung“ iSd §§ 17 Abs 1 Z 2, 26 Abs 2 MMHmG ist in den §§ 30 und 31 MMHm‑AV geregelt, die auszugsweise lauten wie folgt:

Durchführung der praktischen Ausbildung

§ 30 (1) Die praktische Ausbildung hat in Einrichtungen stattzufinden, die die für die Erreichung der Ausbildungsziele erforderliche Sach‑, Personal‑ und Raumausstattung besitzen. Die organisatorische und zeitliche Einteilung der praktischen Ausbildung ist vom fachspezifischen und organisatorischen Leiter der Ausbildung zum medizinischen Masseur festzulegen.

(2) Die praktische Ausbildung ist unter Anleitung und Aufsicht von Fachkräften in Einrichtungen gemäß § 14 MMHmG durchzuführen. Nach Prüfung durch die medizinisch‑wissenschaftliche Leitung kann mit Zustimmung der medizinisch‑wissenschaftlichen Leitung die praktische Ausbildung auch bei einem freiberuflichen Heilmasseur durchgeführt werden.

(3) […]

(5) Im Rahmen der praktischen Ausbildung dürfen die medizinischen Masseure in Ausbildung nur zu Tätigkeiten herangezogen werden, die

1. im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausbildung zum medizinischen Masseur stehen und

2. zur Erreichung der Ausbildungsziele erforderlich sind.

(6) Die medizinischen Masseure in Ausbildung haben im Rahmen der praktischen Ausbildung Aufzeichnungen über die durchgeführten Tätigkeiten zu führen. Diese sind von der betreffenden Fachkraft schriftlich zu bestätigen.

(7) Medizinische Masseure können im Rahmen der praktischen Ausbildung zur Unterstützung der Fachkräfte herangezogen werden. […]

2. Abschnitt

Verkürzte Ausbildungen ‑ Ausbildungsablauf

Verkürzte Ausbildung für Masseure

§ 31 (1) Die verkürzte Ausbildung für Masseure umfasst die praktische Ausbildung im Rahmen der Ausbildung zum medizinischen Masseur im Gesamtumfang von 875 Stunden gemäß der Anlage 2.

(2) Personen, die die praktische Ausbildung gemäß Abs 1 mit Erfolg abgelegt haben, ist durch den fachspezifischen und organisatorischen Leiter der Ausbildung ein Zeugnis, in dem der Erfolg sowie die Berufsbezeichnung 'medizinischer Masseur'/'medizinische Masseurin' anzuführen sind, auszustellen.“

6.1 Zutreffend hat das Berufungsgericht daher ausgeführt, dass allein der Umstand, dass die Klägerin Praxiszeiten bei der Beklagten absolviert hat, noch nicht dazu führt, dass eine von § 38 Abs 4a Z 1 DO.A geforderte „Ausbildung nach dem MMHmG“ vorliegt. Für eine Ausbildung bedarf es nämlich nach den dargestellten Bestimmungen der dafür erforderlichen, durch Gesetz und Verordnungen vorgesehenen Rahmenbedingungen, wie insbesondere der Bestimmung von Ausbildungsleitern, der Organisation und Einteilung der Ausbildungsmodule, der Führung von Aufzeichnungen und vor allem auch der Ausstellung einer Ausbildungsbestätigung und eines Ausbildungszeugnisses. Die Ausbildung ist innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums zu absolvieren, widrigenfalls sie von vorn begonnen werden muss. Dass der bloße Erwerb von Praxiszeiten nicht schon bedeutet, dass es sich dabei um eine „Ausbildung“ iSd MMHmG handelt, ergibt sich auch aus § 25 MMHmG, der nur die Anrechenbarkeit bestimmter Praxiszeiten als zulässig erachtet. Aber auch aus § 30 Abs 5 MMHm‑AV ergibt sich, dass die Auszubildenden nur bestimmte, ausbildungsnahe Tätigkeiten ausführen dürfen. Dies gilt auch für die verkürzte Ausbildung, weil § 31 MMHm‑AV auf die Regelungen über die praktische Ausbildung von medizinischen Masseuren verweist. Aus all diesen Bestimmungen folgt, dass Zeiten der beruflichen Praxis allein nicht einfach gleichgesetzt werden können mit Zeiten der Ausbildung.

6.2 Die Voraussetzungen einer organisierten verkürzten Ausbildung nach § 26 MMHmG lagen bei der Klägerin jedenfalls für den hier relevanten Zeitraum (Juni 2010 bis Mai 2013) nicht vor; so hat sie insoweit auch nicht das Vorhandensein von Ausbildungsleitern behauptet. Der bloße Umstand, dass die Klägerin unter ärztlicher Anleitung gearbeitet hat, ändert daran nichts, weil dies die Tätigkeit auch des ausgebildeten medizinischen Masseurs von jener des Heilmasseurs unterscheidet, der (lediglich) nach ärztlicher Anordnung arbeitet (§§ 5, 29 MMHmG).

6.3 Die verkürzte Ausbildung nach dem MMHmG wird mit der Ausstellung einer Ausbildungsbestätigung und eines Ausbildungszeugnisses nach den Vorschriften der MMHm‑ZV beendet. Der Umstand, dass die Klägerin ein solches Zeugnis bei der Beklagten weder erhalten noch verlangt hat, spricht ebenfalls gegen die Annahme, dass sie eine „Ausbildung nach dem MMHmG“ im gesetzlich vorgesehenen Sinn bei der Beklagten absolviert hat. Der in den Feststellungen enthaltenen rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, die Klägerin wäre berechtigt gewesen, ein Zeugnis über die verkürzte Ausbildung bereits 2004 zu erhalten, kommt keine Erheblichkeit zu. Ein anderes Zeugnis als jenes vom 18. 9. 2013 wurde von der Klägerin nicht vorgelegt.

6.4 Im Hinblick auf das schon vom Berufungsgericht zutreffend hervorgehobene, aus den Erläuterungen zur DO.A hervorgehende Analogieverbot (RIS‑Justiz RS0054613) genügt es für die von der Klägerin begehrte höhere Einstufung nicht, dass sie ‑ ohne Vorliegen einer Ausbildung nach dem MMHmG ‑ praktische Tätigkeiten verrichtet hat, die den Ausbildungstätigkeiten entsprachen.

7. Die Behauptung in der Revision, dass Masseure, die ihre Ausbildung nach dem MTF‑SHD‑G abgeschlossen haben, bei der Beklagten letztlich dieselben Tätigkeiten verrichten wie Masseure, die ihre Ausbildung nach dem MMHmG abgeschlossen haben, ändert für die nach der Ausbildung differenzierende Einstufung nach der DO.A nichts, weil bei der Klägerin keine für die begehrte Einstufung maßgebliche „Ausbildung nach dem MMHmG“ vorliegt (8 ObA 98/11m). Soweit sich die Klägerin in der Revision auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützt und der DO.A als Kollektivvertrag Willkür unterstellt, stellt dies eine unbeachtliche Neuerung dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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