OGH 8ObA81/13i

OGH8ObA81/13i27.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhold Hohengartner und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Z***** G*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei S***** OEG, *****, vertreten durch Singer‑Musil Singer Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 13.793,45 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. August 2013, GZ 7 Ra 73/13a‑27, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 26. März 2013, GZ 8 Cga 20/12k‑21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 908,64 EUR (darin enthalten 151,44 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die von Arbeitgebern wegen des konkreten Motivs einer möglichen Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin ausgesprochene Kündigung eine nach § 3 Z 7 des Gleichbehandlungsgesetzes verbotene Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt, ist zutreffend. Es kann daher auf dessen Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Höhe des nach § 12 Abs 7 GlBG zugesprochenen Ersatzes des Vermögensschadens ist ebenso wie jene der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung der Höhe nach im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Den Ausführungen der Revision ist ergänzend Folgendes entgegenzuhalten:

Nach den hier maßgeblichen Feststellungen verschlechterte sich das Arbeitsklima bei der Beklagten, nachdem die Klägerin ihre Schwangerschaft bekanntgegeben hatte. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie nicht eingestellt worden wäre, wenn bereits beim Einstellungsgespräch bekannt gewesen wäre, dass später eine Schwangerschaft eintreten würde. Als die Klägerin dann in weiterer Folge eine Fehlgeburt erlitt und drei Wochen im Krankenstand war, wurde sie wenige Tage nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand am 13. 11. 2009 zum 31. 12. 2009 gekündigt. Ihr wurde als Grund angegeben, dass das Kind, das sie verloren hatte, ein Wunschkind gewesen sei und es daher wahrscheinlich sei, dass sie wieder schwanger werde und mit Komplikationen zu rechnen sei. Als konkretes Motiv für die Kündigung wurde die Befürchtung der Beklagten festgestellt, dass die Klägerin in Kürze wieder schwanger werden könne und dies der Beklagten teuer kommen werde. Die von der Beklagten eingewendeten Gründe für die Kündigung hinsichtlich der Qualität der Arbeit der Klägerin konnten nicht festgestellt werden.

§ 3 Z 7 GlBG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl I 2013/107 (vgl § 63 Abs 8 GlBG) lautete wie folgt:

„Aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe‑ oder Familienstand, darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht ...

7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“

§ 5 Abs 1 GlBG bestimmt, dass eine unmittelbare Diskriminierung dann vorliegt, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Für das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung ist entscheidend, dass die betroffene Person wegen des Geschlechts eine nachteilige Behandlung erfährt (vgl Hopf/Mayr/Eichinger , Gleichbehandlungsgesetz [2009] § 5 Rz 15 ff; Rebhahn in Rebhahn , Gleichbehandlungsgesetz § 3 Rz 5). Es wurde in diesem Zusammenhang aber auch bereits klargestellt, dass dann, wenn Kriterien herangezogen werden, die nur von einem Geschlecht erfüllt werden können, wie etwa eine Schwangerschaft, dies ebenfalls eine unmittelbare Diskriminierung darstellt (vgl etwa EuGH 8. 11. 1990, C‑177/88, Dekker , Rz 12 oder EuGH 30. 4. 1998, C‑136/95, Thibault , Rz 29 ff; Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 3 Rz 2; Rebhahn aaO § 3 Rz 39 f; Langenfeld in Grabitz/Hilf , Das Recht der Europäischen Union Bd II Art 157 AEUV Rz 24 f; Schwarze , EU‑Kommentar³ Art 157 Rz 20 ff uva).

Das bedeutet aber auch, dass dann, wenn der maßgebliche Grund für eine Kündigung in der konkreten Annahme des Arbeitgebers liegt, dass eine Arbeitnehmerin bald schwanger werde, dies vom Verbot der unmittelbaren Diskriminierung erfasst ist (Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 5 Rz 14 mwN).

Der wesentliche Einwand der Beklagten geht nun dahin, dass noch keine tatsächliche neue Schwangerschaft vorgelegen sei und die Miteinbeziehung „möglicher Schwangerschaften“ zu einer unabsehbaren Ausuferung des Kündigungsschutzes führen würde, der in diesem Umfang auch durch das Mutterschutzgesetz nicht gewährleistet werde.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Schutz nach dem Mutterschutzgesetz die Schwangere völlig unabhängig von den konkreten Motiven, ja sogar der Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft vor einer Kündigung schützt, während es die Anfechtung nach dem Gleichbehandlungsgesetz erfordert, dass das konkrete Motiv des Arbeitgebers für die Kündigung glaubhaft gemacht wird (§ 12 Abs 12 GlBG).

Die Ausführungen der Beklagten, die darauf hinauslaufen, dass ausgehend von der Rechtsansicht des Berufungsgerichts alle jüngeren Frauen, die potentiell schwanger werden könnten, einen Kündigungsschutz hätten, übergehen, dass nur der konkrete Nachweis des Motivs des Arbeitgebers den Tatbestand der Diskriminierung iSd § 3 GlBG hier erfüllen kann. Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits festgehalten, dass die Glaubhaftmachung des verpönten Motivs nur dem durch die Herabminderung des Beweismaßes erleichterten Indizienbeweis, nicht aber dem Anscheinsbeweis zugänglich ist (RIS‑Justiz RS0123960 mwN).

Soweit sich die Beklagte letztlich noch darauf stützt, dass das festgestellte Motiv doch auch darin gelegen sei, dass die Kündigung auch wegen der zu erwartenden gehäuften Krankenstände erfolgt wäre, entfernt sie sich insoweit von den Feststellungen, da bloß festgestellt wurde, dass das Motiv auch darin gelegen war, dass die Schwangerschaft der Kanzlei „teuer kommen“ werde. Woraus sich die vermehrten Krankenstände bei einer Schwangerschaft ergeben sollten, wurde weder konkret behauptet noch nachgewiesen. Insoweit geht die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und kann daher einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden (vgl RIS‑Justiz RS0043312 mwN).

Insgesamt kann daher auf die Begründung des Berufungsgerichts verwiesen werden.

Der Revision war dementsprechend keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 2 ASGG, §§ 50 und 41 ZPO.

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