OGH 4Ob2/14v

OGH4Ob2/14v17.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Bankaktiengesellschaft, *****, vertreten durch Prof. Hintermayr & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. S***** AG, *****, und 2. J***** S*****, beide vertreten durch Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 72.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2013, GZ 6 R 161/13h‑45, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 6. August 2013, GZ 6 Cg 58/11b‑37, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00002.14V.0217.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen das gegen die Verwendung der Bezeichnung „Sparkasse Salzkammergut“ gerichtete Unterlassungs‑ und Veröffentlichungsbegehren ab. Die Verwendung des Begriffs „Salzkammergut“ in Firma und Werbeauftritt sei nicht irreführend im Sinn des § 2 UWG, weil für das Gebiet des Salzkammerguts keine exakte geografische Gebietsabgrenzung bestehe. Die ausschließliche und monopolisierte Geschäftstätigkeit der Beklagten im Kerngebiet des ursprünglichen historischen Salzkammerguts sei schwerer zu gewichten als eine allfällige Präsenz der Klägerin in den Randgebieten. In ihrem Tätigkeitsbereich erreiche die Beklagte etwa 37 % Marktanteil, was einer herausgehobenen Stellung entspreche. Ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten durch Rechtsbruch scheide aus, weil ihr kein Verstoß gegen eine generelle Norm anzulasten sei. Schon nach dem Klagevorbringen bleibe offen, welche Eigenleistungen der Klägerin die Beklagten durch die gewählte Bezeichnung haben ausnützen wollen.

Die Klägerin vermag in ihrer außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beurteilung der konkreten Irreführungseignung beanstandeter Werbeaussagen oder Bezeichnungen hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab; welche Vorstellung sich mit der geografischen Bezeichnung im Verkehr verbindet, ebenso (RIS‑Justiz RS0078654). Der Gebrauch einer geografischen Bezeichnung kann je nach den Umständen des Einzelfalls zu unterschiedlichen Vorstellungen führen. Je unbestimmter eine geografische Bezeichnung ist, desto weniger wird damit eine Alleinstellungsberühmung verbunden sein; vielmehr liegt dann nur die Inanspruchnahme einer herausgehobenen Stellung nahe (4 Ob 54/95).

Die von der Revisionswerberin angegriffene Einzelfallbeurteilung des Berufungsgerichts bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung; sie ist vielmehr vertretbar.

Der behauptete Widerspruch zur Rechtsprechung (6 Ob 67/01y) besteht nicht. Der dort untersagten Verwendung des Begriffs „Niederösterreich“, der als Bezeichnung eines Bundeslands im Gegensatz zum Begriff „Salzkammergut“ eine für jedermann klare geografische Abgrenzung hat, lag zugrunde, dass die zur Unterlassung verpflichtete Sparkasse ihre Geschäftstätigkeit lediglich in einem vergleichsweisen kleinen Teil des Bundeslands (St. Pölten und Umgebung sowie Teilen eines Viertels der niederösterreichischen Landesfläche) ausübte. Hier entfalten die Beklagten ihre im Sparkassensektor aufgrund der Gebietsabgrenzung herausragende Geschäftstätigkeit in einem wesentlich größeren Teil des in seiner Abgrenzung überdies relativ unbestimmten Gebiets, durchaus vergleichbar der Geschäftstätigkeit der Klägerin in einem großen Teil des von ihr namentlich in Anspruch genommenen Bundeslands (auch dort sind in verschiedenen „Randbereichen“ im Rahmen der gleichen Gebietsaufteilung andere Sparkassen tätig).

Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall die als Rechtsfrage zu beurteilende (4 Ob 222/06k) Relevanz der Irreführung durch die Bezugnahme auf die geografische Herkunft bzw das Gebiet der Geschäftstätigkeit zu verneinen. Für die Relevanz der Irreführung reicht es zwar schon aus, dass die Bezugnahme auf die geografische Herkunft geeignet ist, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0078396, RS0078411, RS0078393), für den Großteil der angesprochenen (potentiellen) Bankkunden (Privatkunden und Kleingewerbetreibende) ist nach der Lebenserfahrung die Richtigkeit geografischer Angaben im Firmenwortlaut und Geschäftsauftritt uninteressant und daher nicht geeignet, Einfluss darauf zu nehmen, mit der beklagten Sparkasse in geschäftlichen Kontakt zu treten. In Ansehung jener Geschäftskunden, für die die Größe des Kreditinstituts und die Ausdehnung seiner regionalen Geschäftstätigkeit von Relevanz sein könnte, kann nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass sie ‑ soweit sie im Einzugsbereich der beklagten Sparkasse tätig sind, diese und die wesentlichen Umstände ihrer Geschäftstätigkeit ohnehin kennen, sodass der Firmenwortlaut und die Eigenbezeichnung im Werbeauftritt gleichfalls irrelevant sind.

Anhaltspunkte für Behinderungswettbewerb oder Rechtsbruch im Sinn des § 1 UWG bestehen nach dem festgestellten Sachverhalt nicht. Weder wurde Behinderungsabsicht festgestellt, noch eine Verletzung der die Streitteile vertraglich bindenden Marktabstimmungsvereinbarung. Überdies wurde festgestellt, dass das Firmenbuchverfahren rechtskräftig zugunsten der Beklagten entschieden worden ist, sodass die Firmenverwendung als vertretbar anzusehen ist.

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