OGH 6Ob187/13p

OGH6Ob187/13p23.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. E. Solé sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** B*****, vertreten durch Mag. iur. Oliver Lorber Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 8.684,33 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 24. Juni 2013, GZ 18 R 288/12z‑19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Neunkirchen vom 6. August 2012, GZ 3 Cg 1915/11t‑15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00187.13P.0123.000

 

Spruch:

I. Die Bezeichnung der Beklagten wird von M***** GmbH auf E***** GmbH berichtigt.

II. Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (vgl § 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob eine Haftung nach § 275 UGB die persönliche Einsicht des Anlegers in die konkreten haftungsbegründenden Bestätigungsvermerke voraussetzt.

Der Oberste Gerichtshof hat jüngst zu 10 Ob 46/13g die Möglichkeit einer Haftung einer Abschlussprüferin Anlegern gegenüber für den Fall von Sorgfaltspflichtverletzungen auch dann bejaht, wenn mit den Anlegern in den Beratungsgesprächen über Bestätigungsvermerke der Abschlussprüferin nicht gesprochen worden war und die Anleger ‑ ebenso wie der Anlageberater selbst ‑ weder gewusst hatten, was ein Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers für den Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft bedeutet, noch, ob Bestätigungsvermerke überhaupt vorgelegen waren beziehungsweise ob es sich um uneingeschränkte Bestätigungsvermerke gehandelt hatte. Voraussetzung sei insoweit lediglich, dass die Information über eine (tatsächlich nicht erfolgte) Einschränkung des Bestätigungsvermerks durch die Abschlussprüferin den Anlegern zugekommen wäre und die Anleger aufgrund dieser Information das Investment unterlassen oder sofort verkauft hätten; dabei scheine es durchaus plausibel, dass sich eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks am Kapitalmarkt rasch verbreitet und zu einer Kaufwarnung geführt hätte, sodass es auch nicht zu einer Kaufempfehlung des Anlageberaters gekommen wäre.

Mit dieser Rechtsprechung steht die Auffassung des Berufungsgerichts in Einklang, dass Kenntnis des Bestätigungsvermerks als Voraussetzung für eine Haftung des Abschlussprüfers zwar nicht eine persönliche Einsichtnahme des Anlegers in den Bestätigungsvermerk und den diesem zugrunde liegenden Jahresabschluss voraussetze, wohl aber rechtzeitiges Einholen von Informationen über den Bestätigungsvermerk, wobei diese Information auch vom Anlageberater stammen könne. Hier wurde der Klägerin vor dem Kauf der Genussscheine über ihre Anfrage vom Versicherungsmakler mitgeteilt, die Bestätigungsvermerke der beklagten Abschlussprüferin seien „in Ordnung“. Das Berufungsgericht hat somit die Kausalität zwischen Bestätigungsvermerk der Beklagten und dem Kaufentschluss der Klägerin zu Recht bejaht.

Da die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage vom Obersten Gerichtshof bereits beantwortet ist, war der Rekurs zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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