OGH 1Ob1/14z

OGH1Ob1/14z23.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** G***** und 2. M***** N*****, vertreten durch Dr. Monika Linder, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P***** C*****, 2. W***** C*****, 3. O***** C*****, 4. A***** H*****, und 5. G***** C*****, alle vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechnungslegung und Leistung (Gesamtstreitwert 10.000 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 4. September 2013, GZ 35 R 234/13s‑35, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 7. Juni 2013, GZ 26 C 327/12i‑30, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Kläger brachten im Wesentlichen vor, sie seien als Erbenermittler im Rahmen des von ihnen geführten Büros für Genealogie von einem Gerichtskommissär in einem Verlassenschaftsverfahren ersucht worden, den Sohn der Erblasserin auszuforschen, was ihnen aber nicht gelungen sei. Im Zuge ihrer Recherchen hätten sie allerdings die Beklagten als weitere Nachkommen von Geschwistern der Verstorbenen eruiert. Erstere seien von den Klägern über ihr Erbrecht nach der Verstorbenen und deren in der Zwischenzeit ebenfalls verstorbenen Sohn informiert worden, weshalb den Klägern gemäß § 1037 ABGB eine Entlohnung zustehe, die nach der Verkehrsübung in Österreich 25 % des erlangten Vermögens betrage. Die Beklagten hätten jegliche Rechnungslegungs- und Zahlungsverpflichtung geleugnet. Die Kläger begehrten daher Rechnungslegung über das im Erbweg erlangte Vermögen sowie die Zahlung von 25 % des sich aus der Abrechnung ergebenden Werts. Das den Beklagten zugekommene Nachlassvermögen betrage etwa 35.000 EUR, wovon auf jeden Beklagten ein Fünftel entfalle. Die Kläger bewerteten die gegen die einzelnen Beklagten erhobenen Begehren mit je 2.000 EUR, insgesamt somit mit 10.000 EUR.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Zum Bewertungsausspruch führte es aus, dass die mehreren in der Klage erhobenen Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN im Hinblick auf die Rechtsfolgen gemäß § 55 Abs 4 JN zusammenzurechnen seien, weil ein einheitlicher rechtserzeugender Tatbestand vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die dagegen erhobene Revision der Beklagten kommt (derzeit) nicht in Betracht, weil die Zulässigkeit der Revision noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die gegen die (fünf) Beklagten erhobenen Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN zusammenzurechnen seien ‑ was gemäß § 55 Abs 4 JN auch für die Rechtsmittelzulässigkeit maßgeblich wäre ‑, wird vom erkennenden Senat aus folgenden Gründen nicht geteilt:

Unproblematisch erscheint die Zusammenrechnung auf Seiten der Kläger, die ein gemeinschaftliches Vorgehen behaupten und daraus ihnen gemeinsam zustehende Ansprüche ableiten wollen. Im Übrigen hat eine Zusammenrechnung allerdings nur stattzufinden, wenn die in einer Klage gemeinsam geltend gemachten Ansprüche gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind (§ 55 Abs 1 Z 2 JN). Eine Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO liegt vor, wenn die beklagten Streitgenossen in Ansehung des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen ‑ was hier nicht der Fall ist ‑ oder aus demselben tatsächlichen Grund (oder solidarisch) verpflichtet sind.

Bei der Beurteilung, ob eine Verpflichtung „aus demselben tatsächlichen Grund“ besteht, wird unter anderem darauf abgestellt, ob die (behaupteten) anspruchsbegründenden Tatsachen bei allen Streitgenossen die selben sind, oder ob für einzelne zusätzliche Sachverhaltselemente eigens zu prüfen sind. Eine Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben tatsächlichen Grund im Sinn des § 11 Z 1 ZPO setzt einen einheitlichen rechtserzeugenden Tatbestand voraus, ohne dass für einen Streitgenossen noch weitere rechtserzeugende Tatsachen für die Ableitung des Anspruchs hinzutreten (RIS‑Justiz RS0035450).

Derartiges kann gerade bei Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 1037 ABGB nicht angenommen werden, mögen die Kläger auch gegenüber sämtlichen Beklagten dieselben „Vorarbeiten“ geleistet haben. Es ergibt sich schon aus der Natur der Sache, dass bei jedem einzelnen durch die Tätigkeit Begünstigten gesondert zu prüfen ist, ob und inwieweit ihm überhaupt ein Nutzen aus der Tätigkeit des Geschäftsführers erwachsen ist. In Fällen wie dem vorliegenden hängt dies vor allem davon ab, welchen Informationsstand der jeweilige Beklagte bereits vor der erstmaligen Kontaktaufnahme durch die Kläger hatte und ob dieser durch die erhaltenen Mitteilungen überhaupt verbessert wurde. Ebenso ist bei jedem einzelnen gesondert zu prüfen, ob er sich etwa im Sinne des § 1040 ABGB gegen die Geschäftsführung ausgesprochen hat. Schließlich liegt auch insofern kein für alle Beklagten einheitlicher anspruchsbegründender Sachverhalt vor, als bei jedem einzelnen ein Vorteil erst durch die ihm ‑ jeweils gesondert ‑ zugekommene Information über sein mögliches Erbrecht eingetreten sein kann.

Wären die Kläger für die Beklagten aufgrund jeweils gesondert erteilter Aufträge ‑ und nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag ‑ tätig geworden, wäre der Tatbestand des § 11 Z 1 ZPO jedenfalls nicht erfüllt (vgl nur RIS‑Justiz RS0053096 [T12]). Auch mehrere aus einem Unfall Geschädigte werden etwa nur als formelle Streitgenossen nach § 11 Z 2 ZPO angesehen, sodass es zu keiner Zusammenrechnung der in einer Klage geltend gemachten Ansprüche kommt (RIS‑Justiz RS0110982), die aufgrund des allgemeinen Grundsatzes der Nichtzusammenrechnung auch in allen Zweifelsfällen ausscheidet (RIS‑Justiz RS0122950).

Liegen somit mehrere ‑ gegen verschiedene Beklagte erhobene ‑ Begehren vor, die nicht zusammenzurechnen sind, ist jedes vom Berufungsgericht gesondert zu bewerten (RIS‑Justiz RS0053096 [T14]). Das Berufungsgericht wird daher seinen Bewertungsausspruch - durch Einzelbewertung (bei der für jeden Beklagten die Werte des Rechnungslegungs‑ und des Zahlungsbegehrens nach § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen sind) ‑ entsprechend zu berichtigen haben. Dabei wird die Behauptung der Kläger über den Wert des den Beklagten insgesamt zugekommenen Erbes zu berücksichtigen sein. Soweit hinsichtlich einzelner Beklagter ausgesprochen werden sollte, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteigt, wäre weiters auch eine Korrektur des Zulässigkeitsausspruchs vorzunehmen, ist doch eine Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO bei einem 5.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand jedenfalls unzulässig. Dem Obersten Gerichtshof werden die Akten nur dann wieder vorzulegen sein, wenn zumindest hinsichtlich eines Beklagten ausgesprochen wird, dass der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR übersteigt.

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