Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt judiziert, dass über Initiative von Einrichtungen des Deutschen Reichs während des Zweiten Weltkriegs in fremden Liegenschaften errichtete Luftschutz‑Stollenanlagen als Superädifikate im Sinne des § 435 ABGB zu qualifizieren sind (1 Ob 513/93 = SZ 66/38; 6 Ob 2164/96w; 7 Ob 99/11a; RIS‑Justiz RS0009887; RS0011252; RS0011062). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass, von dieser Judikatur abzugehen.
Daran ändert auch der Hinweis nichts, dass der deutsche Bundesgerichtshof bei der Beurteilung nach deutschem Recht zu einem anderen Ergebnis gelangt ist (NJW 1960, 1003), stand doch in Österreich auch im maßgeblichen Zeitraum das ABGB (mit hier nicht relevanten Ausnahmen, vgl etwa Schey/Klang in Klang² I 18) in Geltung (vgl nur Floßmann, Österreichische Privatrechtsgeschichte6, 18 mwN) und wurde bereits zu 1 Ob 513/93 ausgeführt, dass sich die vom BGH in der zitierten Entscheidung behandelte deutsche Rechtslage von der österreichischen unterscheidet.
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, das Deutsche Reich sei Eigentümer der Luftschutzstollen geworden, weil es für jedermann erkennbar gewesen sei, dass die klagende Stadtgemeinde nicht im eigenen Namen, sondern nur in ihrer Funktion als „in Anspruch genommene Behörde“ den Auftrag zu den Baumaßnahmen erteilt habe, steht mit den Ergebnissen der höchstgerichtlichen Vorjudikatur nicht in Widerspruch. In der zu 1 Ob 513/93 ergangenen Entscheidung war ein vergleichbarer Sachverhalt zu beurteilen. Danach hatte eine GmbH, die während des Zweiten Weltkriegs als Wehrbetrieb in der Kriegsproduktion für das Deutsche Reich tätig gewesen war, die Weisung erhalten, die (wehrtechnisch bedeutsamen) Produktionsanlagen aus Luftschutzgründen unter Tag zu verlegen, wobei das Bauvorhaben von der GmbH als Bauführerin im Auftrag und auf Kosten einer Einrichtung des Deutschen Reichs ausgeführt worden war. Der Oberste Gerichtshof vertrat dazu die Ansicht, das Benützungsrecht sei aufgrund wehr‑ und luftschutzrechtlicher Vorschriften dem Deutschen Reich zugestanden, weshalb die darauf gestützte Bauführung im Auftrag und auf Rechnung der erwähnten Einrichtung des Deutschen Reichs dazu führe, dass dieses als zu diesem Bauvorhaben befugter Bauführer anzusehen gewesen sei. Habe der Erbauer der Stollenanlage das Eigentum daran durch seine Bauführung erworben, sei dafür somit nur das Deutsche Reich als Eigentümer in Betracht gekommen.
Im hier zu beurteilenden Fall war dem Bürgermeister der klagenden Partei als örtlichem Luftschutzleiter vom Landrat des Kreises im Rahmen des Luftschutz‑Führerprogramms der Auftrag erteilt worden, die notwendigen Luftschutzmaßnahmen ‑ darunter auch die Errichtung der Luftschutzstollen ‑ durchzuführen, wofür Baustoffe aus dem Luftschutz‑Führerprogramm zur Verfügung stünden. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass die Gemeinde durch den Erlass des Baubevollmächtigten eines Reichsministeriums in das Programm als Luftschutzort erster Ordnung aufgenommen worden sei. Der Bürgermeister übermittelte dem Landrat des Kreises die Projektpläne und ersuchte um Weiterleitung zwecks Erteilung der Genehmigung, Zuweisung einer Dringlichkeitsstufe und Zuteilung der notwendigen Bau‑ und Betriebsstoffe. In der Folge erteilte er Bauaufträge vorbehaltlich der Genehmigung der angebotenen Preise durch das Luftgaukommando. Weiters wurden Entwürfe für Dienstbarkeitsverträge mit vom Stollenbau betroffenen Grundeigentümern aufgesetzt, die allerdings in der Folge entweder gar nicht oder ‑ allerdings unvollständig ausgefüllt ‑ nur von zwei Liegenschaftseigentümern unterfertigt wurden. In diesen Vertragsentwürfen schien die klagende Partei als Vertragspartnerin auf. Die Stollen wurden schließlich in den Jahren 1944 und 1945 gebaut. Das Deutsche Reich übernahm die Kosten dafür und stellte Arbeitskräfte und Materialien bei.
Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen die Auffassung vertreten hat, das Deutsche Reich, dessen Behörden bzw Einrichtungen den Bau der Stollen veranlasst und finanziert haben, sei auch Eigentümer geworden, so weicht diese Rechtsauffassung nicht in korrekturbedürftiger Weise von der bereits dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur ab. Eine erhebliche Fehlbeurteilung des Einzelfalls kann dem Berufungsgericht jedenfalls nicht vorgeworfen werden, womit eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen war. Da auch nicht festgestellt werden konnte, dass die klagende Partei privatrechtlich Benützungsrechte an den betroffenen Liegenschaften begründet hätte, erscheint es durchaus vertretbar, von hoheitlichen Eingriffen auszugehen, die auf Anordnungen von Behörden des Deutschen Reichs beruhten (vgl nur § 1 dLuftschutzG).
3. Die Revisionswerberin Republik Österreich gesteht zu, dass sie im Falle eines ursprünglichen Eigentumserwerbs durch das Deutsche Reich aufgrund Art 22 des Staatsvertrags vom 15. 5. 1955 Eigentümerin auch der Stollenanlagen geworden wäre, wobei dieser Eigentumsübergang unabhängig von ihrer Kenntnis und unter Umständen sogar gegen ihren Willen erfolgt wäre.
Vor diesem Hintergrund kann ihren Revisionsausführungen, sie habe ihre (offenbar dem Staatsvertrag) nachfolgende Gesetzgebung („Rückstellungsgesetze“) so eingerichtet, dass Luftschutzstollen nicht als Eigentum des Bundes erfasst worden seien, was zweifelsfrei den Willen dokumentiere, das allfällige Eigentum an diesen Stollen aufzugeben, schon deshalb nicht gefolgt werden, weil darin entgegen ihrer Rechtsauffassung keineswegs ein von außen erkennbarer Akt der Dereliktion (vgl 7 Ob 388/56 = RIS‑Justiz RS0010333) erblickt werden könnte. Abgesehen davon, dass aus den Ausführungen nicht einmal erkennbar ist, zu welchem Zeitpunkt und durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen die Beklagte eine allfällige Dereliktionsabsicht zum Ausdruck gebracht haben könnte, steht die Annahme einer derartigen Absicht vor allem mit ihrer Prämisse in Widerspruch, sie habe gar keine Kenntnis von den betreffenden Luftschutzstollen bzw dem auf sie übergegangenen Eigentum daran gehabt. Auch wenn in den Erläuternden Bemerkungen zum Staatsvertrag ausgeführt worden sein sollte, dass für die Durchführung, insbesondere die Ersichtlichmachung, des Eigentumsübergangs eindeutige Regeln aufgestellt würden, in denen der Umfang der durch Art 22 betroffenen Vermögenswerte klar abgegrenzt werde, könnten daraus keine Rückschlüsse für an sich vom festgelegten Vermögensübergang erfasste Sachen gezogen werden, deren Existenz den österreichischen Staatsorganen nicht bekannt war. Im Übrigen liegt auch eine ‑ für eine wirksame Dereliktion regelmäßig erforderliche ‑ Besitzaufgabe (vgl nur Eccher in KBB³, § 386 ABGB Rz 2 mwN) nicht vor, gesteht die Revisionswerberin doch ausdrücklich zu, niemals Besitz ‑ sondern allenfalls nur Eigentum ‑ an den Stollen gehabt zu haben.
4. Die weitere Behauptung, die Klägerin habe das Eigentum an der Stollenanlage durch Aneignung erlangt, scheitert somit bereits an der fehlenden Herrenlosigkeit der Stollen.
Aber auch eine Ersitzung durch die Klägerin ist aus den getroffenen Feststellungen nicht ableitbar, zumal entgegen der Auffassung der Revisionswerberin keine Anhaltspunkte für einen entsprechenden Besitzwillen ihrer zuständigen Organe (vgl dazu nur Meissel in KBB³ § 1460 ABGB Rz 1, 5, 7 iVm Eccher aaO § 309 Rz 2 mwN) vorliegen. Wenn die Stadtgemeinde nach Kriegsende die Pölzung entfernt und das ausgebaute Holz für Heizzwecke freigegeben sowie die Entfernung der Kanalisationsrohre und deren Verwendung für Kanalinstandsetzungsarbeiten genehmigt hat, liegt darin schon deshalb keine (zur Ersitzung erforderliche) Besitzergreifungsmaßnahme, weil es eben keineswegs um die Benützung der Stollen durch die Klägerin ging, sondern allein darum, das dort vorhandene Material für eine sinnvolle Nutzung zu verwenden bzw der von den Kriegsfolgen geplagten Bevölkerung zum Heizen zu überlassen. Selbst wenn man hier Aneignungshandlungen der Klägerin selbst annehmen wollte, bezögen sich diese allein auf das Holz und die Kanalrohre, nicht aber auf die Stollenanlage als solche. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin hat sie daher mit diesen Handlungen auch keineswegs ihren Willen zum Eigentumserwerb an den Stollen dokumentiert.
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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