OGH 4Ob174/13m

OGH4Ob174/13m19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI A***** D*****, 2. R***** D*****, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, 2. A***** Ltd., *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 13.775,31 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Mai 2013, GZ 2 R 31/13p-58, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 17. Dezember 2012, GZ 47 Cg 139/10h-54, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 832,74 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die - allein das gegenüber der Zweitbeklagten geltend gemachte Eventualbegehren betreffende - Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

1.1. Das Erstgericht hat die (Tat-)Frage der Kausalität der Werbebroschüre für die Kaufentscheidung der Kläger klar verneint (Urteil S 18: „... Investment allein aufgrund der Beratung […] getätigt wurde“; S 23: „Die Feststellungen lassen jedoch den Schluss auf eine fassbare Beeinflussung der Kaufentscheidung der Kläger durch die Verkaufsbroschüre der Beklagten nicht zu.“).

1.2. Von diesem Ergebnis auf Tatsachenebene ausgehend (das in dritter Instanz nicht in Frage gestellt wird), hängt die Entscheidung nicht von der im Rechtsmittel aufgeworfenen Frage ab, inwiefern jene juristische Person, an der sich die Kläger mit ihrem Investment beteiligt haben, für eine allenfalls irreführende Werbung eines dieser juristischen Person nahestehenden Dritten für dieses Investment einstehen muss.

2.1. Die Rechtsmittelwerber stützen sich weiters auf die Verletzung eines Schutzgesetzes, nämlich der Meldepflicht nach § 48d BörseG, und vertreten den Standpunkt, auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen sei insoweit eine Haftung der Zweitbeklagten zu bejahen. Dem Berufungsgericht seien Verfahrensfehler unterlaufen, weil es bestimmte Außerstreitstellungen bzw gerichtsnotorische Tatsachen nicht übernommen habe.

2.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Kläger der Zweitbeklagten eine Verletzung von Meldepflichten nach § 48d BörseG im Verfahren erster Instanz nicht konkret vorgeworfen, sondern sich vielmehr darauf beschränkt haben, unsubstantiiert zu behaupten, dass „Verstöße gegen das Börsegesetz (sowohl Verletzungen der ad-hoc-Publizitätspflicht als auch Kursmanipulationen) nicht zivilrechtlich sanktionslos“ seien (Schriftsatz ON 17 S 25, AS 177).

Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend erkannt, dass als von der Verantwortlichkeit der Zweitbeklagten für den Werbefolder unabhängige Anspruchsgrundlage allein § 48a BörseG (Marktmanipulation) verbleibt, wobei aber insoweit keine konkrete Verhaltensweise der Zweitbeklagten behauptet worden ist. Unter diesen Umständen fehlt dem geltend gemachten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit § 48d BörseG die Relevanz.

Auch in diesem Zusammenhang sind die Rechtsmittelwerber auf die Feststellungen zu verweisen, wonach sie ihr Investment allein aufgrund der Beratung getätigt haben; eine fassbare Beeinflussung der Kaufentscheidung der Kläger durch die Verkaufsbroschüre der Beklagten liegt demnach nicht vor. Damit wäre der Schaden auch bei inhaltlich richtiger ad-hoc-Mitteilung eingetreten, weshalb eine Haftung nach § 48d BörseG schon aus dem Grund fehlender Kausalität ausscheidet.

3.1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Zweitbeklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

3.2. Zu berücksichtigen ist, dass die Leistungen des österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Klienten nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen. Sie gelten als an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängerortprinzip; vgl § 3a Abs 6 UStG 1994 idF BGBl I 112/2012) und unterliegen daher jener Umsatzsteuer, die dort, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt, zu entrichten ist (4 Ob 255/04k; RIS-Justiz RS0114955). Ob - und allenfalls in welcher Höhe - die Beklagten (oder ihr inländischer Vertreter selbst) für die erbrachten anwaltlichen Leistungen in Jersey Umsatzsteuer abzuführen haben, bedarf keiner näheren Prüfung, weil mit der kommentarlosen Verzeichnung von 20 % USt durch die Zweitbeklagte ohne Zweifel nur die inländische Umsatzsteuer angesprochen worden ist. Dass die Zweitbeklagte für die angesprochenen Leistungen in Jersey umsatzsteuerpflichtig ist, wäre dem Grunde und der Höhe nach zu behaupten und zu bescheinigen gewesen (§ 54 Abs 1 ZPO; 4 Ob 255/04k). Der Zweitbeklagten sind daher nur die Vertretungskosten ohne Umsatzsteuer zuzusprechen.

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