OGH 5Ob124/13s

OGH5Ob124/13s6.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. A***** GmbH, *****, 2. J***** H*****, beide vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner und Mag. Silvia Schrattenecker, Rechtsanwälte in St. Florian, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob Anteilen der Liegenschaft EZ 1479 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 19. März 2013, GZ 32 R 18/13t‑19, mit dem über Rekurs der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 2. Jänner 2013, TZ 23785/2012, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Ob der Liegenschaft EZ 1479 GB ***** wurde aufgrund des von der Erstantragstellerin und der A***** GmbH (in der Folge: GmbH) geschlossenen Wohnungseigentumsvertrags vom 24. 11. 2011 im Jahr 2012 zu TZ 20175/2012 Wohnungseigentum (15 Wohnungen, 5 Kfz‑[Tiefgaragen-]Abstellplätze) begründet. Derzeit ist die Erstantragstellerin grundbücherliche Eigentümerin sämtlicher 15 Wohnungen sowie der Kfz-Abstellplätze Nr 21, 22 und 23. Die GmbH ist grundbücherliche Eigentümerin der Kfz‑Abstellplätze Nr 19 und 20. Der Zweitantragsteller ist nicht grundbücherlicher Eigentümer eines Wohnungseigentumsobjekts (Bedarfsobjekts) dieser Liegenschaft.

Die Antragsteller begehren ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ‑ mit ihrem Gesuch vom 22. 11. 2012 aufgrund des zwischen der Erstantragstellerin als Verkäuferin und dem Zweitantragsteller als Käufer geschlossenen Kaufvertrags vom 1. 10. 2012 die Einverleibung des Eigentumsrechts an 6/1074 Liegenschaftsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum an „Einheit 18 ‑ KFZ 21“ für den Zweitantragsteller.

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch mit der Begründung ab, dass Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug bis zum Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft nur von einer Person oder Eigentümerpartnerschaft erworben werden könne, der Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einem selbständigen Geschäftsraum der Liegenschaft (Bedarfsobjekt) zukomme. Der Käufer (= Zweitantragsteller) sei aber nicht Eigentümer eines Bedarfsobjekts.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob die Erwerbsbeschränkung des § 5 Abs 2 WEG auf den abgeleiteten Erwerb an Kfz‑Abstellplätzen anzuwenden sei.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, dass auch der abgeleitete Erwerb von Kfz‑Abstellplätzen, an denen bereits Wohnungseigentum begründet sei, durch die dreijährige Wartefrist des § 5 Abs 2 WEG beschränkt sei. Das sei auch aus der Entscheidung 5 Ob 173/05k abzuleiten. Die gegenteilige Ansicht entzöge der Norm im Ergebnis weitestgehend den Anwendungsbereich. Die Begründung von Wohnungseigentum an einer Liegenschaft müsse sich von vornherein auf alle gewidmeten Wohnungen und Kfz‑Abstellplätze beziehen. Innerhalb der Dreijahresfrist des § 5 Abs 2 WEG „nach Begründung von Wohnungseigentum“ sei keine neue konstitutive Begründung von Wohnungseigentum an Kfz‑Abstellplätzen, sondern nur ein abgeleiteter Erwerbsvorgang denkbar.

Die Möglichkeit für den Wohnungseigentumsorganisator, Wohnungseigentum auch ausschließlich an Kfz‑Abstellplätzen ohne die Beschränkungen des § 5 Abs 2 WEG zu begründen (zu erwerben), sei erst durch die WRN 2006 (BGBl 2006/124) geschaffen worden. Im vorliegenden Fall seien jedoch die im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer keine Wohnungseigentumsorganisatoren, da sie als solche nicht im Wohnungseigentumsvertrag ausgewiesen seien. Wäre der weitere Verkauf des durch Bauträger und Immobiliengesellschaften begründeten Wohnungseigentums an Kfz‑Abstellplätzen ohne die Beschränkungen des § 5 Abs 2 WEG zulässig, stünde dies im Widerspruch sowohl zum Gesetzeswortlaut als auch zur Absicht des Gesetzgebers, dass in erster Linie jene Personen bei den Abstellplätzen zum Zuge kommen sollten, denen bereits Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einer sonstigen Räumlichkeit zustehe.

Diese Intention des Gesetzgebers zeige sich im Übrigen auch an § 46 WEG, wonach im Fall der Begründung von vorläufigem Wohnungseigentum die Frist des § 5 Abs 2 WEG erst mit dem Erwerb von Miteigentum durch eine vom bisherigen Alleineigentümer verschiedene Person zu laufen beginne.

Die von den Rekurswerbern ins Treffen geführte Beschaffenheit der Tiefgarage, welche sich nach den Behauptungen ohne Trennung auf zwei Einlagezahlen erstrecke, sei für das als reines Akten‑ und Urkundenverfahren konzipierte Grundbuchsverfahren, in welchem keine Beweisaufnahmen oder amtswegige Erhebungen durchgeführt würden, ohne Bedeutung.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den § 5 Abs 2 WEG bestünden nicht.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts wendet sich der aus den Revisionsrekursgründen der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn der Stattgebung des Gesuchs.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Im Revisionsrekurs beziehen sich die Antragsteller ‑ neben einer behaupteten Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens ‑ darauf, dass es der von der Lehre, aber auch der von der Rechtsprechung in den Entscheidungen 5 Ob 151/08d und 5 Ob 164/12x vertretenen Auffassung entspreche, unter „Erwerb“ iSd § 5 Abs 2 WEG nur die konstitutive Begründung von Wohnungseigentum durch Eintragung im Grundbuch, nicht aber den abgeleiteten Erwerb zu verstehen.

Überdies wird im Revisionsrekurs die Auffassung aufrechterhalten, dass § 5 Abs 2 WEG, sollte die Auslegung des Rekursgerichts zutreffen, in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung, Freiheit des Liegenschaftserwerbs sowie des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums eingreife.

Dazu wurde erwogen:

1. Die erstmals im Rekurs erhobene Behauptung, der Zweitantragsteller könne den Kfz-Abstellplatz 21 deshalb trotz der Beschränkung durch § 5 Abs 2 WEG erwerben, weil er Eigentümer einer auf der Nachbarliegenschaft gelegenen Eigentumswohnung sei und sich der Kfz-Abstellplatz in der gemeinsamen und ungeteilt zugänglichen Tiefgarage befinde, verstößt gegen das im Grundbuchverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 122 Abs 2 GBG) und ist schon aus diesem Grund unbeachtlich und kann daher auch die damit begründete Mängelrüge nicht stützen.

2. Im Übrigen erachtet der Oberste Gerichtshof die Begründung des Rekursgerichts für zutreffend:

2.1 § 5 Abs 2 WEG in der hier anzuwendenden Fassung der WRN 2006 (BGBl 2006/124) lautet:

Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug kann bis zum Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft nur von einer Person oder Eigentümerpartnerschaft erworben werden, der Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einem selbständigen Geschäftsraum der Liegenschaft (Bedarfsobjekte) zukommt; dabei kann ein Wohnungseigentümer mehrerer Bedarfsobjekte schon während der dreijährigen Frist eine entsprechende Mehrzahl von Abstellplätzen erwerben. Darüber hinaus kann der Wohnungseigentümer eines Bedarfsobjekts während der dreijährigen Frist mehrere Abstellplätze nur erwerben, soweit die Zahl der auf der Liegenschaft vorhandenen und als Wohnungseigentumsobjekte gewidmeten Abstellplätze die Zahl der Bedarfsobjekte übersteigt; bei der Berechnung der überzähligen Abstellplätze ist der schriftlich erklärte Verzicht eines Wohnungseigentümers auf den ihm vorzubehaltenden Abstellplatz zu berücksichtigen. Nach Ablauf der dreijährigen Frist können auch andere Personen Wohnungseigentum an einem Abstellplatz erwerben. Die Beschränkungen des ersten und zweiten Satzes gelten nicht für denjenigen Wohnungseigentumsorganisator, der im Wohnungseigentumsvertrag als Hauptverantwortlicher für die Wohnungseigentumsbegründung und den Abverkauf der Wohnungseigentumsobjekte bezeichnet ist; dies kann je Liegenschaft nur eine einzige Person sein.

2.2 Die Gesetzesauslegung beginnt mit der Wortinterpretation (vgl RIS-Justiz RS0008896), darf dabei aber nicht stehen bleiben; der übliche formale Wortsinn ist (nur) ein Hinweis für die Auslegung der Norm. Bleiben nach der Wortauslegung und der logischen Auslegung Zweifel, dann ist die Absicht des Gesetzgebers zu erforschen (RIS‑Justiz RS0008836) und der Sinn einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung zu erfassen (objektiv-teleologische Interpretation). Der Rechtsanwender hat unter gleichzeitiger Heranziehung aller zur Verfügung stehenden Kriterien in wertender Entscheidung den Sinn der Regelung klarzustellen (9 Ob 241/02k; 5 Ob 99/05b).

2.3 Der Wortlaut („Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für Kraftfahrzeuge kann innerhalb von drei Jahren nach Begründung …. nur ... erworben werden“) ist eindeutig dahin zu verstehen, dass die Beschränkungen des § 5 Abs 2 WEG gerade für derivative Erwerbsvorgänge gilt.

Aus diesem Grund bedurfte es der Klarstellung in der Entscheidung 5 Ob 99/05b (wobl 2006/95 [ Vonkilch ] = immolex 2006, 22 [ Prader ]), die einen Antrag auf erstmalige Einverleibung des Wohnungseigentums betraf, dass die Beschränkungen des § 5 Abs 2 WEG bereits anlässlich der Wohnungseigentumsbegründung zu beachten sind, also auch zu diesem Zeitpunkt die Vergabe von Abstellplätzen an „liegenschaftsfremde“ Personen und die überproportionale Kumulation von Abstellplätzen in einer Hand nicht zulässig ist.

2.4 Die Auslegung, dass § 5 Abs 2 WEG derivative Erwerbsvorgänge innerhalb der Dreijahresfrist erfasst, steht auch im Einklang mit der Absicht des Gesetzgebers:

Mit dem WEG 2002 wurde (erstmals) die Möglichkeit der Begründung von selbständigem Wohnungseigentum an Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge (§ 2 Abs 2 WEG) geschaffen.

Zum Zweck dieser Regelung führte der Gesetzgeber in den Materialien aus, dass die neu vorgesehene Möglichkeit des selbständigen Wohnungseigentums an Kfz‑Abstellplätzen freilich „mit einer bedeutsamen Vorkehrung“ verbunden werden sollte: Es sollte durch geeignete Gesetzesregelungen gewährleistet werden, dass in erster Linie jene Personen bei den Kraftfahrzeug‑Abstellplätzen zum Zug kämen, die bereits eine Wohnung oder sonstige selbständige Räumlichkeit auf der Liegenschaft im Wohnungseigentum besäßen. Es sollte also den auf der Liegenschaft „wohnenden“ oder „geschäftlich tätigen“ Wohnungseigentümern die Priorität beim Erwerb von selbständigem Wohnungseigentum an Kfz‑Abstellplätzen eingeräumt werden. Diese rechtspolitische Vorgabe wurde in § 5 Abs 2 des Entwurfs umgesetzt (ErlRV 989 BlgNR XXI. GP 27 f).

Ferner halten die Materialien wörtlich fest:

Als Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären unterschiedliche Instrumentarien denkbar. ... Im Einklang mit der grundsätzlichen Zielrichtung dieses Gesetzesprojekts wurde ... einer Lösung der Vorzug gegeben, die sich sowohl logistisch als auch in der Rechtsanwendung verhältnismäßig einfach verwirklichen lässt, nämlich die Konstruktion über eine Wartefrist. Für eine Frist von drei Jahren ab erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft ist der Erwerb von selbständigem Wohnungseigentum an einem Kraftfahrzeug‑Abstellplatz in zweifacher Hinsicht beschränkt: Erstens können nur solche Personen einen Abstellplatz erwerben, denen bereits Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit der Liegenschaft zukommt; gleiches gilt für Eigentümerpartnerschaften. Zweitens können auch diese Personen während der dreijährigen Frist nur einen Kraftfahrzeug‑Abstellplatz (also nicht deren mehrere) erwerben, es sei denn, es wären auf der Liegenschaft mehr Abstellplätze als andere wohnungseigentumstaugliche Objekte vorhanden. Soweit eine übersteigende Zahl von Kraftfahrzeug‑Abstellplätzen besteht, kann ein Wohnungseigentümer einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit auch mehr als einen Abstellplatz erwerben. ... Nach Ablauf der dreijährigen Frist gelten beide Beschränkungen nicht mehr; es können also auch „liegenschaftsfremde“ Personen Wohnungseigentum an einem Kraftfahrzeug‑Abstellplatz erwerben; weder für auf der Liegenschaft „wohnende“ oder geschäftlich tätige Wohnungseigentümer noch für „liegenschaftsfremde“ Personen besteht dann noch eine zahlenmäßige Beschränkung beim Erwerb von Abstellplätzen. Bei dieser verhältnismäßig einfachen „Fristenlösung“ herrscht also nach Ablauf der Frist der Markt ohne weitere Beschränkungen (ErlRV 989 BlgNR XXI. GP 40).

2.5 Die von den Antragstellern gewünschte einschränkende Auslegung des § 5 Abs 2 Satz 1 WEG dahin, dass davon nur die Wohnungseigentumsbegründung erfasst sei, würde nicht nur der klaren Absicht des Gesetzgebers zuwider laufen, ja diese, wie das Rekursgericht zutreffend hervorhob, geradezu konterkarieren, sondern auch ‑ worauf das Rekursgericht ebenfalls hinwies ‑ der Dreijahresfrist im Ergebnis den Anwendungsbereich nehmen, muss doch seit dem WEG 2002 Wohnungseigentum zwingend gleichzeitig an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten der Liegenschaft begründet werden (vgl dazu Würth/Zingher/Kovanyi , Miet- und Wohnrecht 22 Band II § 3 WEG Rz 29). Der Fall, dass innerhalb der Dreijahresfrist ab Begründung von Wohnungseigentum neuerlich Wohnungseigentum an der Liegenschaft begründet wird, kann somit ‑ jedenfalls bei erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum im Geltungsbereich des WEG 2002 ‑ an sich nicht eintreten.

2.6 Die Entscheidung 5 Ob 173/05k (wobl 2006/94 [ Vonkilch ] = immolex 2006/8 [ Prader ] = NZ 2006/645 ‑ GBSlg [ Hoyer ]) wandte die Erwerbsbeschränkung des § 5 Abs 2 WEG auf einen Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts an mehreren Abstellplätzen einer Liegenschaft, an der bereits Wohnungseigentum begründet worden war, also auf einen Fall des abgeleiteten Erwerbs an.

Die an dieser Entscheidung von Vonkilch (EAnm wobl 2006/94) geübte Kritik bezieht sich nicht auf die hier interessierende Frage der Anwendung des § 5 Abs 2 WEG auf derivative Erwerbsvorgänge innerhalb der Dreijahresfrist, sondern (nur) darauf, dass der Antragsteller als Eigentümerpartner eines Bedarfsobjekts (Wohnung) nach dem Zweck der Regelung entgegen der Entscheidung nicht als „Liegenschaftsfremder“ zu qualifizieren sei.

Die Entscheidung 5 Ob 95/06s (ecolex 2006/278 [ Friedl ] = immolex 2006/110 [ Prader ]) unterstellte einen derivativen Erwerb nach Begründung von Wohnungseigentum innerhalb der Dreijahresfrist ab Begründung von Wohnungseigentum ebenfalls ganz selbstverständlich der Erwerbsbeschränkung des § 5 Abs 2 WEG.

2.7 Die damit in Widerspruch stehenden und für die Anlassfälle jeweils nicht entscheidungswesentlichen Aussagen in 5 Ob 151/08d (immolex 2009/33 [ Malaun ]) und 5 Ob 164/12x (bbl 2013/59), dass unter „Erwerb“ iSd § 5 Abs 2 WEG nur die konstitutive Begründung von Wohnungseigentum durch Eintragung im Grundbuch zu verstehen sei, können sich entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung auch nicht auf Lehrmeinungen stützen:

Die im Revisionsrekurs zitierte Passage ( Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht, § 5 WEG Rz 19) bezieht sich ‑ ebenso wie Würth/Zingher/Kovanyi , Miet- und Wohnrecht 22 Band II § 5 WEG Rz 9 ‑ ausschließlich auf § 5 Abs 3 WEG, der den Modus beim Erwerb von Wohnungseigentum regelt. In beiden Kommentierungen zu § 5 Abs 2 WEG wird hingegen der derivative Erwerb innerhalb der Dreijahresfrist ganz selbstverständlich dem Anwendungsbereich dieser Bestimmung unterstellt (ebenso Dirnbacher , WEG idF WRN 2009 [2010] 94 ff; die im Revisionsrekurs zitierte Belegstelle [95] bezieht sich lediglich auf die Wiedergabe der Entscheidung 5 Ob 151/08d ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit deren Richtigkeit).

Auch die von Friedl (EAnm ecolex 2006/278) im Zusammenhang mit möglichen Umgehungsversuchen der Erwerbsbeschränkungen erstatteten Ausführungen zeigen klar, dass er § 5 Abs 2 WEG gerade bei derivativen Erwerbsvorgängen für anwendbar hält (ebenso Vonkilch , Anmerkungen zum Ministerialentwurf für eine Wohnrechtsnovelle 2005, wobl 2005, 82 [84]; Dirnbacher , Baustelle Wohnrecht ‑ Wünsche, Anregungen und Forderungen an den Gesetzgeber, wobl 2011, 295 [302]).

2.8 Schließlich hat auch die Änderung des § 5 Abs 2 WEG durch die WRN 2006 (BGBl 2006/124) auf den hier zu beurteilenden Fall keine Auswirkungen: Der ‑ neben Änderungen und Verdeutlichungen in den Sätzen 1 bis 3 ‑ dem § 5 Abs 2 WEG eingefügte vierte Satz diente der für die Praxis bedeutsamen Klarstellung, dass für den „operativ tätigen“ Wohnungseigentumsorganisator die Beschränkungen des ersten und zweiten Satzes des § 5 Abs 2 WEG 2002 nicht gelten, dass dieser also, wenn er noch nicht sämtliche im selbständigen Wohnungseigentum stehenden Kfz‑Abstellplätze abverkauft hat, während der dreijährigen Frist ‑ auch ohne Wohnungseigentum an Bedarfsobjekten (bzw auch bei Wohnungseigentum an verhältnismäßig zu wenigen Bedarfsobjekten) ‑ Eigentümer der ihm noch verbliebenen Abstellplätze sein kann. Die Einschränkung dieser Ausnahmeregelung auf den operativ tätigen Wohnungseigentumsorganisator war deshalb erforderlich, weil die Umschreibung des Begriffs „Wohnungseigentumsorganisator“ in § 2 Abs 6 WEG 2002 aus Erwerberschutzgründen sehr umfassend ist und zB auch den (Mit‑)Eigentümer der Liegenschaft erfasst, sodass ohne diese einschränkende Spezifikation einer Umgehung der „Reservierungsregelung“ des § 5 Abs 2 WEG 2002 Tür und Tor geöffnet wäre (ErlRV 1183 BlgNR XXII. GP 12).

Da die Erstantragstellerin, wie das Rekursgericht zutreffend ‑ im Revisionsrekurs auch gar nicht bezweifelt ‑ erkannte, nicht „Wohnungseigentumsorganisatorin“ iSd § 5 Abs 2 Satz 4 WEG ist, bedarf es keiner Auseinandersetzung damit, wie diese Ausnahmeregelung auszulegen ist.

2.9 Daraus folgt ‑ in Übereinstimmung mit den Entscheidungen 5 Ob 173/05k und 5 Ob 95/06szusammengefasst, dass die hier maßgebliche Beschränkung des § 5 Abs 2 Satz 1 WEG sowohl für die erstmalige Begründung von Wohnungseigentum als auch für derivative Erwerbsvorgänge innerhalb der Dreijahresfrist gilt. Die in den Entscheidungen 5 Ob 151/08d und 5 Ob 164/12x enthaltenen gegenteiligen obiter dicta werden nicht aufrecht erhalten (so auch 5 Ob 125/13p und 5 Ob 126/13k).

Da der Zweitantragsteller nicht Eigentümer eines Bedarfsobjekts der Liegenschaft ist, kann er während der Frist von drei Jahren ab Begründung von Wohnungseigentum einen Kfz-Abstellplatz auf dieser Liegenschaft nicht erwerben.

3. Der Senat teilt die im Revisionsrekurs geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken an der in § 5 Abs 2 Satz 1 WEG normierten Erwerbsbeschränkung nicht:

3.1 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs gilt der erste Satz des Art 5 StGG ebenso für Eigentumsbeschränkungen, auf die sich allerdings auch der im zweiten Satz des genannten Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt erstreckt: Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt, soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt und nicht unverhältnismäßig ist (VfSlg 14.704; weitere Nachweise bei Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer , Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts 10 [2007] Rz 1484; s auch RIS-Justiz RS0038544).

3.2 Gemäß Art 6 Abs 1 2. Fall StGG kann jeder Staatsbürger Liegenschaften jeder Art erwerben und über dieselben frei verfügen.

Nach neuerer Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sind auch Einschränkungen der Liegenschaftsverkehrsfreiheit nur unter den Voraussetzungen verfassungskonform, unter denen auch Eigentumsbeschränkungen zulässig sind ( Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer , Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts 10 Rz 1504 mwN).

3.3 Die Beurteilung, ob gegen die Regelung des § 5 Abs 2 Satz 1 WEG verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, ist daher sowohl bezüglich Art 5 StGG als auch bezüglich Art 6 2. Fall StGG von einem öffentlichen Interesse an der Regelung und deren Verhältnismäßigkeit abhängig.

3.4 Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Gewährung eines „Überfremdungsschutzes“, also der Absicht, den auf der Liegenschaft wohnenden oder geschäftlich tätigen Wohnungseigentümern eine prioritäre Stellung einzuräumen (ErlRV 989 BlgNR XXI. GP 40), ist unter dem Gesichtspunkt des andernfalls vom Gesetzgeber befürchteten „Ausverkaufs“ von Kfz-Abstellplätzen an wirtschaftlich potente „Extranei“ grundsätzlich legitim.

Die Eigentumsbeschränkung bzw der Eingriff in die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs ist ferner nach Auffassung des Senats im Hinblick darauf, dass nach Ablauf von drei Jahren ab erstmaliger Einverleibung des Wohnungseigentums keinerlei Erwerbsbeschränkungen für „Liegenschaftsfremde“ gelten, auch nicht unverhältnismäßig, sondern liegt im Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade auch die Gefahr eines Mangels an Kfz-Abstellplätzen für die „echten“ Wohnungseigentümer im Haus dazu führte, dass der im Juni 2001 versandte Ministerialentwurf zum WEG 2002 die Möglichkeit der Begründung von selbständigem Wohnungseigentum noch nicht enthielt. Die schließlich erzielte Lösung (zu den Details der Gesetzwerdung s Schernthanner , Der Kfz-Abstellplatz im Wohnungseigentumsrecht ‑ Was ändert sich durch das neue WEG 2002? immolex 2002, 228) ist daher ein vernünftiger Kompromiss ( Würth , Sonderprobleme der WE- Begründung: Kfz-Abstellplätze, Vorratsteilung, obligatorische Begründung, wobl 2002, 118 [119]) zwischen einer völligen Freigabe des Erwerbs an Kfz-Abstellplätzen und anderen Gestaltungsmöglichkeiten, wie etwa der Unzulässigkeit selbständiger Wohnungseigentumsbegründung an Kfz‑Abstellplätzen.

3.5 Aus diesen Gründen sieht sich der Senat nicht veranlasst, der Anregung im Revisionsrekurs zu folgen und einen Antrag auf Gesetzesaufhebung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

4. Dem unberechtigten Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

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