OGH 8Ob102/13b

OGH8Ob102/13b28.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. K***** T*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger, Mag. August Schulz, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. B***** T*****, gemäß § 28 Abs 1 ZPO unvertreten, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 18. Juni 2013, GZ 44 R 283/13p‑88, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00102.13B.1028.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die einzelfallbezogene Auslegung von Prozesserklärungen bildet keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0042828 [T16]). Die Beurteilung, dass der Beklagte in erster Instanz ‑ nach ausdrücklicher Erörterung dieses Themas zwecks Klarstellung seines Vorbringens ‑ keinen Mitverschuldenseinwand gegen die Klägerin erhoben hat, ist nach dem Protokollsinhalt keineswegs unvertretbar. Davon ausgehend bedurfte es auch keiner Beweisaufnahmen und Feststellungen zu etwaigen Eheverfehlungen der Klägerin.

2. Die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen kann im Revisionsverfahren nicht mehr angefochten werden (RIS‑Justiz RS0069246; RS0043371 [T6]), das Gleiche gilt für in zweiter Instanz bereits geprüfte und verneinte Verfahrensmängel (RIS‑Justiz RS0042963). Einen dem Berufungsgericht selbst unterlaufenen Verfahrensfehler (vgl RIS‑Justiz RS0043086) zeigt die Revision nicht auf.

3. Die Frage, ob schwere Eheverfehlungen gesetzt wurden, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung des Wesens der Ehe zu beantworten; zu beurteilen ist die innere Einstellung des verletzenden Ehegatten sowie die Wirkung seines Verhaltens auf den verletzten Ehegatten, das freilich auch objektiv geeignet sein muss, eine Zerrüttung der Ehe herbeizuführen. Dabei kommt es nicht auf das persönliche Empfinden des verletzten Ehegatten, sondern darauf an, ob die Pflichtverletzungen unter gewöhnlichen Verhältnissen bei einem selbst von echter ehelicher Gesinnung erfüllten, also auch zur Nachsicht bereiten Gatten eine völlige Entfremdung herbeiführen würden (RIS‑Justiz RS0056369).

Ein Ehepartner verstößt gegen die Verpflichtung zur gegenseitigen Achtung, Rücksichtnahme und zum ehrlichen Bemühen, dem anderen Ehepartner das Zusammenleben erträglich zu machen, wenn er ein Verhalten an den Tag legt, das den anderen kränkt oder geeignet ist, ihm Aufregung zu bereiten (RIS‑Justiz RS0055998). Ein Zurückziehen des Ehegatten aus dem Familienverband begründet ebenso eine schwere Eheverfehlung (RIS‑Justiz RS0056505) wie wiederholte grundlose Beschimpfungen und überhaupt die Verletzung der Verpflichtung zur anständigen Begegnung zwischen Ehegatten (RIS‑Justiz RS0056711).

Das Berufungsgericht ist diesen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen bei seiner Entscheidung gefolgt. Eine krasse Fehlbeurteilung, die zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, ist nicht zu erkennen.

4. Das Gleiche gilt für die im Revisionsrekurs thematisierte Frage einer Verfristung der Scheidungsklage. Der an der Zerrüttung der Ehe allein schuldige Teil, der danach weitere Eheverfehlungen setzt, kann sich nicht auf die Verwirkung des Scheidungsrechts durch den an der Zerrüttung schuldlosen Teil mit der Begründung berufen, dieser habe nicht binnen sechs Monaten nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung die Ehescheidungsklage eingebracht (RIS‑Justiz RS0107286). Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen hat der Beklagte bis zur Klagseinbringung und auch noch während des erstinstanzlichen Verfahrens wiederholt Eheverfehlungen an den Tag gelegt, sodass die Revision auch in diesem Punkt keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag.

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