OGH 10ObS124/13b

OGH10ObS124/13b22.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtsrechtssache der klagenden Partei R***** M*****, vertreten durch Dr. Erich Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Juli 2013, GZ 12 Rs 70/13w-20, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Kläger, der zuletzt als Leiter der Abteilung Vertrieb gebrauchter Nutzfahrzeuge in die Beschäftigungsgruppe 5 des Kollektivvertrags für Handelsangestellte einzustufen gewesen sei, könne nach § 273 Abs 1 ASVG auf die der Beschäftigungsgruppe 4 dieses Kollektivvertrags zugehörenden Verkaufstätigkeiten mit selbständiger Preisdisposition verwiesen werden, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen (vgl 10 ObS 45/95, SSV-NF 9/29 ua).

2. Soweit der Revisionswerber geltend macht, er habe als Verkaufsleiter ein für Verkaufstätigkeiten überdurchschnittliches jährliches Bruttoeinkommen von 120.000 EUR ins Verdienen gebracht, weshalb er bei der von den Vorinstanzen vorgenommenen Verweisung auf Verkaufstätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 4 des genannten Kollektivvertrags eine unzumutbare Einkommenseinbuße auf weniger als die Hälfte des bisherigen Einkommens zu erwarten habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung die Verweisung von Angestellten auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Beschäftigungs- oder Verwendungsgruppe eines Kollektivvertrags in der Regel mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden ist, auch wenn es sich dabei um Arbeiten mit weniger Eigenverantwortung handelt. Auch gewisse Einbußen an Entlohnung und sozialem Prestige muss ein Versicherter hinnehmen (vgl RIS-Justiz RS0085599 [T2, T5, T6, T14 ua] mwN). Die geringe Entlohnung stellt daher für sich allein noch kein ausreichendes Kriterium für einen unzumutbaren sozialen Abstieg dar (10 ObS 45/95, SSV-NF 9/29 ua). Im Übrigen hat die Prüfung der Frage der Zumutbarkeit einer Lohneinbuße auch im Rahmen des Berufsschutzes nach § 273 Abs 1 ASVG grundsätzlich abstrakt zu erfolgen. Dies bedeutet, dass nicht vom individuellen früheren Verdienst des Versicherten bei seinem konkreten Arbeitgeber, sondern vom Durchschnittsverdienst gleichartig Beschäftigter auf dem Arbeitsmarkt auszugehen ist (vgl 10 ObS 78/95, SSV-NF 9/46; 10 ObS 447/89, SSV-NF 4/15 ua). Nur diese Betrachtungsweise entspricht der in der Pensionsversicherung herrschenden abstrakten Ermittlung der Minderung der Arbeitsfähigkeit und ermöglicht eine weitgehend gleiche Beurteilung vergleichbarer Fälle.

2.1 Auch der weitere Einwand des Revisionswerbers, er werde durch die von den Vorinstanzen vorgenommene Verweisung auf Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 4 des Kollektivvertrags für Handelsangestellte „zum Befehlsempfänger ohne jedes eigenverantwortliche Handeln degradiert“, trifft nicht zu, weil in der Beschäftigungsgruppe 4 dieses Kollektivvertrags Angestellte mit selbständiger Tätigkeit zusammengefasst werden, wie beispielsweise Filialleiter, die selbständig über Waren, Lagerhaltung und sonstige Betriebsmittel Verfügungen treffen oder Lagerleiter, die für Wareneingang, Lagerhaltung und Warenausgang verantwortlich sind (vgl 10 ObS 45/95, SSV-NF 9/29 ua).

3. Das Berufungsgericht ist somit bei seiner Entscheidung den von der Rechtsprechung zum „sozialen Abstieg“ entwickelten Grundsätzen gefolgt. Da es sich bei der Frage, ob bei Beachtung dieser Grundsätze eine Verweisung einen unzumutbaren sozialen Abstieg bewirkt oder nicht, um eine Beurteilung im Einzelfall handelt und die angefochtene Entscheidung, die die Verweisbarkeit des Klägers auf Verkaufstätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 4 auch ungeachtet des Verlusts der Vorgesetztenfunktion bejaht, auch insoweit mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang steht (vgl 10 ObS 73/08w, SSV-NF 22/43 ua), war die außerordentliche Revision mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

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