OGH 1Ob114/13s

OGH1Ob114/13s17.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Großmann und Wagner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei A***** GmbH *****, vertreten durch Mag. Philipp J. Graf und Dr. Isabelle Dessulemoustier-Bovekercke-Ofner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 124.105,43 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. März 2013, GZ 3 R 37/12a-53, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Jänner 2012, GZ 43 Cg 31/08v-47, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der von der Beklagten mit ihren Ausführungen zur Aktenwidrigkeit angesprochene Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) wurde geprüft. Er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend darlegte, dient § 1435 ABGB nach ganz herrschender Ansicht über seinen Wortlaut hinaus als Grundlage für die Anerkennung einer Kondiktion wegen Wegfalls des Grundes und Nichteintritts des erwarteten Erfolgs (condictio causa data causa non secuta; RIS-Justiz RS0033952). Eine in Erwartung eines erst abzuschließenden Vertrags erbrachte Vorleistung ist daher wegen Zweckverfehlung rückforderbar, wenn der Vertrag nicht zustandekommt (3 Ob 531/76 = RIS-Justiz RS0017740; RS0014052 [T1]; Lurger in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 1435 Rz 7; Rummel in Rummel, ABGB³ § 1435 Rz 8; Mader in Schwimann, ABGB³ § 1435 Rz 10; Koziol in KBB³ § 1435 ABGB Rz 3, je mwN). Die Beklagte hält der Rechtsansicht des Berufungsgerichts entgegen, sie sei nicht Empfängerin der von der Klägerin im Zeitraum 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007 gelieferten Wärmeenergie gewesen, die tatsächlich den Nutzern der Objekte zugutegekommen sei. Sie habe die Lieferungen weder verursacht noch veranlasst.

3. Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, ist die Feststellung, wer „Leistender“ und wer „Leistungsempfänger“ einer Leistungskondiktion ist, nach der beabsichtigten Zweckbeziehung zu treffen, die sich aus dem (beabsichtigten) Rechtsgrund der Leistung ergibt. Es muss gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein sollte. Die Rückabwicklung ist zwischen diesen Personen vorzunehmen (RIS-Justiz RS0033737; RS0020192; Mader aaO Vor §§ 1431 ff Rz 26). Die Absicht des Leistenden ist wie bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen vom Empfängerhorizont aus festzustellen (RIS-Justiz RS0020192; RS0033737 [T14]).

4. Unstrittig ist, dass die Klägerin Leistungen zur Wärmeversorgung der von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 14. 1. 2005 erworbenen (Wohnungseigentums-)Objekte erbrachte. Die Übergabe dieser Objekte an die Beklagte als Käuferin erfolgte mit 15. 1. 2007, wobei deren Rechtsvorgängerin die Wärmelieferungsverträge mit der Klägerin per 31. 12. 2006 gekündigt hatte. Dessen ungeachtet hielt die Klägerin die Wärmeversorgung der Objekte aufrecht, nachdem sie der Beklagten bereits mit Schreiben vom 2. 11. 2006 ein Anbot zur Wärmeversorgung der Objekte unterbreitet hatte. Die in weiterer Folge zwischen der Klägerin und dem Vertreter der Beklagten geführten Verhandlungen haben zwar (unstrittig) zu keinem Vertragsabschluss geführt, lassen andererseits aber keinen Zweifel darüber aufkommen, dass Zweck dieser Verhandlungen der Abschluss eines Wärmelieferungsvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten war. Die Beklagte hat auch nie behauptet, diese Verhandlungen in Vertretung einzelner Nutzer der von ihr erworbenen Objekte geführt und dies gegenüber der Klägerin offengelegt zu haben, weswegen die von der Klägerin nach dem 31. 12. 2006 gelieferte Wärmeenergie nur als Vorleistung in Erwartung eines mit der Beklagten abzuschließenden Wärmelieferungsvertrags angesehen werden kann. Soweit die Beklagte ungeachtet der Feststellungen die Meinung vertritt, sie habe keine Handlung gesetzt, die bei der Klägerin das Vertrauen auf einen Vertragsabschluss erwecken oder bestärken hätte können, setzt sie sich mit ihren eigenen Ausführungen in Widerspruch, wonach der Klägerin (wohl aufgrund der Verhandlungen) klar sein habe müssen, dass sie [Anm: die Beklagte] lediglich zur Bezahlung eines Betrags von maximal 20.000 EUR bereit gewesen sei. Damit räumt die Beklagte selbst ein, dass - wovon auch die Vorinstanzen ausgingen - ein Vertrag an den unterschiedlichen Preisvorstellungen scheiterte, macht damit aber auch deutlich, dass ihr klar sein musste, dass die Klägerin ihre Leistungen in der Erwartung eines (entgeltlichen) Vertrags erbrachte.

5. Soweit die Beklagte daraus, dass sie die von der Klägerin mit Fernwärme versorgten Objekte mit Kaufvertrag vom 6. 7. 2007 verkaufte, nunmehr ableitet, die Klägerin habe spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erwarten können, dass ein Vertrag über Wärmelieferungen mit ihr zustandekommen werde, lässt sie - abgesehen vom Fehlen jeglicher Feststellungen zum Eigentumsübergang - unberücksichtigt, dass ihr Vertreter die Klägerin nicht nur nicht von der Weiterveräußerung in Kenntnis setzte, sondern ihr noch im Dezember 2007 mit Bezug auf sämtliche Objekte ein Anbot zur Abgeltung für die bezogene Wärmeenergie bis 30. 11. 2007 und ein solches über Wärmelieferungen bis einschließlich 30. 6. 2008 unterbreitete. Aus welchen Gründen in Anbetracht dieser Umstände die Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung nach dem 6. 7. 2007 nicht mehr in Erwartung eines Vertragsabschlusses mit der Beklagten erfolgt sein soll, bleibt damit unerfindlich. Der Bereicherungsanspruch richtet sich aber stets gegen den, dem die Leistung zukommen sollte, und nicht gegen den, dem sie tatsächlich zugeflossen oder für den sie faktisch verwendet wurde (5 Ob 54/09s = RIS-Justiz RS0109153 [T1]). Wer die von der Klägerin mit Wärmeenergie versorgten Objekte tatsächlich nutzte, ist damit unerheblich. Es begründet daher keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, wenn dieses die analoge Anwendung des § 1435 ABGB für den gesamten der Klage zugrunde liegenden Zeitraum bejahte. Darin liegt auch keine für die Beklagte überraschende Rechtsansicht, weil das Berufungsgericht lediglich dieselben Tatsachen, die schon der bisher erörterten Rechtslage zugrunde lagen, rechtlich anders gewertet hat als das Erstgericht, das einen Verwendungsanspruch der Klägerin bejaht hatte (RIS-Justiz RS0037300 [T30, T44]).

6. Auch mit ihrem Hinweis auf die Bestimmung des § 864 Abs 2 ABGB idF BGBl I 1997/6 zeigt die Beklagte keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen einer Sache, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist, nicht als Annahme eines Antrags. Zweck dieser Bestimmung ist es, den verpönten Vertrieb durch Realofferte, das heißt durch die Zusendung der angebotenen Waren, möglichst unattraktiv zu machen (Bollenberger in KBB³ § 864 ABGB Rz 4). Veranlassung einer Übersendung, die dann nicht von § 864 Abs 2 erfasst wird, bedeutet zumindest adäquate Verursachung durch den Empfänger (vgl Wiebe in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 864 Rz 8). Die Klägerin hat die Lieferung von Wärmeenergie in Erwartung des Vertragsabschlusses mit der Beklagten vorgenommen, wobei diese Erwartungshaltung - wie bereits dargestellt - im Verhalten der Beklagten begründet lag, und war damit von dieser veranlasst. Schon nach dem Gesetzeswortlaut scheidet damit eine Anwendung des § 864 Abs 2 ABGB aus. Dass es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Verhältnis dieser Bestimmung zu § 1435 ABGB per analogiam fehlen mag, wie die Beklagte meint, begründet daher auch keine erhebliche Rechtsfrage.

7. Der Kondiktionsanspruch ist primär auf Herausgabe in natura gerichtet. Ist das nicht möglich oder nicht tunlich, gebührt ein angemessenes Entgelt, dessen Höhe sich im Sinne des § 1431 ABGB nach dem verschafften Nutzen richtet (RIS-Justiz RS0016322). Maßstab für den erlangten Nutzen ist grundsätzlich dasjenige, was der Bereicherte sonst auf dem Markt für diesen Vorteil hätte aufwenden müssen (RIS-Justiz RS0019900). Das Erstgericht hat dazu festgestellt, dass die Klägerin einen üblichen und ortsangemessenen Preis für die bezogene und verbrauchte Energie in Rechnung stellte. Damit geht die Beklagte gesetzwidrig nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (vgl RIS-Justiz RS0043312; RS0043603 [T2, T8]), wenn sie meint, der von ihr angebotene Betrag von insgesamt 20.000 EUR entspreche dem durch die gelieferte Energie verschafften Nutzen.

8. Die außerordentliche Revision der Beklagten ist damit zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

9. Die ohne Mitteilung im Sinn des § 508a Abs 2 Satz 1 ZPO erstattete Revisionsbeantwortung der Klägerin war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Sie hat die darauf entfallenden Kosten selbst zu tragen (RIS-Justiz RS0113633).

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