OGH 1Ob178/13b

OGH1Ob178/13b17.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, gegen die beklagte Partei Gemeinde N*****, vertreten durch Mag. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Mai 2013, GZ 2 R 13/11t-94, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Imst vom 21. Oktober 2010, GZ 7 C 1781/05z-82, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776 [T6]; RS0042871 ua). Dies gilt auch dann, wenn eine andere Auslegung ebenfalls vertretbar wäre (RIS-Justiz RS0042936 [T3, T17]; RS0042776 [T2, T23]; RS0112106 [T2, T3, T4]).

Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen:

Die Haftung der Beklagten als Mitschuldnerin und damit die Berechtigung der klagenden Republik zum Regress nach § 896 ABGB hängt - wie in der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung 1 Ob 197/08i dargelegt wurde - davon ab, ob die Beklagte die Instandhaltungs- oder Räumpflicht für ein Rückhaltebecken eines Baches trifft. Das Berufungsgericht ging ausgehend vom Übereinkommen vom 25. 3. 1913, wonach der Aufsichts- und Erhaltungsdienst von der damaligen Reichsstraßenverwaltung ausgeübt wird, unter Berücksichtigung des Protokolls der Kollaudierung vom 3. 9. 1919 und der damals anzuwendenden Rechtsnormen vertretbar davon aus, dass die Räumung des Geschiebebeckens vom Erhaltungsdienst umfasst sei und die beklagte Gemeinde damit ihre Instandhaltung- bzw Räumungspflicht auf die der Klägerin zuzurechnende Reichsstraßenverwaltung übertragen habe. Zwar wird im Protokoll vom 3. 9. 1919 neben der Erhaltungspflicht der Reichsstraßenverwaltung auch die der Beklagten genannt, wobei die kollaudierten Bauten „im Sinne der eingegangenen Verpflichtungen vom heutigen Tage an zur künftigen Instandhaltung“ übernommen wurden. Wenn das Berufungsgericht darin keine Abänderung des Übereinkommens aus dem Jahr 1913 sieht, weil mit dem Ausdruck „im Sinne der eingegangenen Verpflichtungen“ nur diejenigen dieses Übereinkommens gemeint sein können, im dazwischen liegenden Zeitraum keine sonstigen Vereinbarungen behauptet worden seien und im Protokoll vom 3. 9. 1919 keine solchen (näher bestimmten) Verpflichtungen enthalten seien, ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden. Nach dem Übereinkommen vom 25. 3. 1913 hat sich die Beklagte als Erhaltungspflichtige zwar an den Erhaltungskosten zu beteiligen, während aber der Erhaltungsdienst - die Durchführung der Erhaltungsarbeiten - von der Reichsstraßenverwaltung durchzuführen ist. Die Klägerin vermag keine zwingenden Gründe anzuführen, warum anlässlich der Kollaudierung der errichteten Schutzbauten von dieser Vereinbarung, mit der die Beklagte (zulässigerweise) ihre Instandhaltungspflicht übertrug, abgegangen worden sein sollte.

Dass die Beklagte die „alleinige Sachherrschaft“ über das Rückhaltebecken gehabt hat, steht entgegen der Ansicht der Klägerin nicht fest und ergibt sich auch nicht als Schlussfolgerung aus der Niederschrift vom 29. 5. 1952 anlässlich der Befundaufnahme zur Überprüfung eines Entwurfs für die Verbauung des Baches. Wenn die Klägerin nunmehr unter Bezugnahme auf die Förderungsbestimmung des § 28 Abs 2 Z 2 Wasserbautenförderungsgesetz 1985 überhaupt bestreitet, dass die Räumung des Rückhaltebeckens als Instandhaltungsmaßnahme anzusehen sei, widerspricht sie ihrer eigenen Argumentation in der Berufung, wonach diese Bestimmung auf das Rückhaltebecken gar nicht zur Anwendung gelange und der Definition von „Instandhaltungsmaßnahmen“ in diesem Gesetz für die Frage, wen die Instandhaltungspflichten treffen, keine Relevanz zukomme. Die Begründung, warum dies nun anders sein soll, bleibt die Klägerin schuldig.

Insgesamt wird in der außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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