OGH 13Os13/13f

OGH13Os13/13f29.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Imed S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall und Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 12. Oktober 2012, GZ 61 Hv 37/12p-92, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Ulrich, und des Verteidigers des Imed S*****, Mag. Patsch, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Badr K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 (sechster Fall) und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er am „4. Juni 2012 vorschriftswidrig 8.216 Gramm Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 10,77 %, somit eine Reinsubstanz von Delta-9-THC von zumindest 884 Gramm, somit ein(e) die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigendes Suchtgift einem verdeckten Ermittler angeboten, wobei er die Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge begangen hat“.

Imed S***** wurde gemäß § 259 Z 3 StPO von der Anklage freigesprochen, „er habe am 4. Juni 2012 dadurch, dass er im Wissen um ein bevorstehendes Suchtgiftgeschäft mit Fouad M***** und Badr K***** zum Tatort gefahren und sowohl dort, als auch bei der unmittelbar zuvor erfolgten Anbahnung des Geschäftes seine Bereitschaft, bei diesem Geschäft allenfalls Übersetzungsdienste zu leisten, zeigte“, zur Begehung der strafbaren Handlung des Badr K***** beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Freispruch richtet sich die aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass der angefochtenen Entscheidung zum Nachteil des Badr K***** der von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet:

Nach den Feststellungen wurde Badr K***** von einem ihm unbekannten verdeckten Ermittler „angesprochen, der ihn fragte, ob er Cannabis besorgen kann. Es wurde vereinbart,“ dass Badr K***** „10 kg Cannabisharz besorge“. Badr K***** „trat daraufhin in Kontakt mit“ Fouad M***** „und fragte diesen, ob er 10 kg Cannabisharz besorgen kann, was M***** bestätigte. Vereinbart wurde, dass die Übergabe am 4. Juni 2012 stattfinden soll, wobei vereinbart wurde, dass“ Badr K***** „sich in S***** mit dem Interessenten trifft und mit diesem in der Folge in Kontakt mit Fouad M***** tritt, damit die Übergabe des Suchtgiftes stattfinden kann.“

Nach den Konstatierungen zur subjektiven Tatseite wusste Badr K*****, „dass es sich bei dem Suchtgift, welches Fouad M***** dem Interessenten zeigte, um 10 kg Cannabisharz handelt“, und „hielt es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass Fouad M***** 10 kg Cannabisharz besorgen kann und dieses an den Interessenten verkauft wird. Badr K***** hielt es somit zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass 10 kg Cannabisharz für den Käufer verfügbar waren, zumal er mit Fouad M***** eine Bezugsquelle hatte“ (US 5 und 7).

Solcherart hat das Erstgericht zwar in objektiver Hinsicht einen dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall und Abs 4 Z 3 SMG subsumierbaren Sachverhalt (vgl Hinterhofer in Hinterhofer/Rosbaud, SMG § 27 Rz 37; Schwaighofer in WK2 SMG § 27 Rz 42) als erwiesen angenommen, jedoch in subjektiver Hinsicht einen auf das Verschaffen von Suchtgift gerichteten Vorsatz des Angeklagten nicht festgestellt. Dieses Nichtigkeit (Z 9 lit a) bewirkende Konstatierungsdefizit machte die Aufhebung des Schuldspruchs und demzufolge des Badr K***** betreffenden Strafausspruchs einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung erforderlich.

Ebenso wenig bringen übrigens die Feststellungen den vom Gesetz geforderte Vorsatz zum Reinsubstanzgehalt, welcher gesetzlicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Grenzmenge (§ 28b erster Satz SMG) ist, zum Ausdruck. Auch der Verweis (US 5) auf einen Reinheitsgrad von zumindest 10,27 % (woraus sich die Reinsubstanz von Delta-9-THC von 889 Gramm errechnet) enthält keine Aussage über die auf den Reinsubstanzgehalt bezogenen Vorstellungen des Angeklagten, sodass es der angefochtenen Entscheidung am unter dem Aspekt richtiger Subsumtion erforderlichen Sachverhaltsbezug mangelt (13 Os 99/09x; 14 Os 6/10d; 14 Os 33/10z; 14 Os 52/10v; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8).

Die Staatsanwaltschaft weist nominell aus Z 5 dritter Fall (der Sache nach Z 9 lit a) zutreffend (wenngleich das von ihr weiters ins Treffen geführte Begleiten zum Tatort für die rechtliche Annahme eines strafbaren Beitrags nicht ausreicht [Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 90] und „die Leistung von Dolmetscherdiensten“ durch Imed S***** nicht festgestellt wurde) darauf hin, dass das im Urteil festgestellte Verhalten des Imed S*****, der im Wissen um das Suchtgiftgeschäft des Badr K***** mit dem angeblichen Interessenten zur Ermittlung dessen Aufenthalts telefonierte (vgl US 4 wonach Badr K***** während eines Telefonats mit dem Interessenten das Handy dem Imed S***** überreichte und sagte, „er solle fragen, wo sich der Interessent befindet“, woraufhin Imed S***** das Handy übernahm „und sagte 'wo bist du?'“, der Interessent seinen Standort bekanntgab und Badr K***** und Imed S***** mit einem Taxi zur angegebenen Örtlichkeit fuhren, wo sie den Interessenten antrafen), entgegen der tatrichterlichen Beurteilung in objektiver Hinsicht als (vom angeklagten Sachverhalt umfasster; vgl Lewisch, WK-StPO § 262 Rz 13 ff) kausaler Beitrag zu beurteilen ist, weil das Verschaffen von Suchtmittel durch Badr K***** ohne die Förderungshandlung nicht so geschehen wäre, wie es sich tatsächlich ereignet hat (vgl Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 83).

Fällt das Gericht einen Freispruch, ohne eine Aussage zu sämtlichen Tatbestandselementen zu treffen, ist hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen (RIS-Justiz RS0118580 [T17]).

Auch diesem Erfordernis entspricht die Beschwerde, indem sie auf Grundlage des äußeren Geschehensablaufs Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Imed S***** fordert, wonach es dieser ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe, mit seinem Verhalten die von Badr K***** begangene Tat zu fördern. Einen solchen Vorsatz haben die Tatrichter - wie die Beschwerde weiters zutreffend anführt - im Übrigen auch durch die Feststellungen, wonach nicht festgestellt werden konnte, „dass Imed S***** es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass Badr K***** über Fouad M***** 10 kg Cannabis besorgen kann“ (US 4) oder „dass Fouad M***** tatsächlich eine derartig große Menge an Suchtmittel beschaffen kann“ (US 8), nicht ausgeschlossen.

Zufolge damit erforderlicher Aufhebung des Freispruchs des Imed S***** erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Staatsanwaltschaft.

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