Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 5.979,54 EUR (darin 780,59 EUR Umsatzsteuer und 1.296 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist mit einer Stammeinlage von 340.000 ATS Drittelgesellschafter der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung; die übrigen Gesellschafter sind ‑ im gleichen Beteiligungsverhältnis ‑ F***** U***** und die B***** SE. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist laut Punkt III. des Gesellschaftsvertrags vom 31. 5. 1989 die Vornahme von Leasing-Geschäften aller Art, insbesondere die Übernahme und Koordination der Geschäfte der N***** Ges.m.b.H. & Co, der P***** & Co und der F***** & Co, welche Firmen wiederum im Vermögen der Gesellschafter der Beklagten stehen. Gegenstand des Unternehmens ist damit unter anderem eine Vereinheitlichung der laufenden Leasinggeschäfte unter einer einheitlichen Firma, außerdem die Übernahme der Geschäftsführung der zuvor genannten Gesellschaften, die Beteiligung an anderen Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art sowie die Verwaltung von Beteiligungen an solchen Unternehmen, insbesondere der vorgenannten Unternehmungen. Schließlich ist die Gesellschaft befugt, alle jene Geschäfte zu betreiben und Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, den Geschäftszweck der Gesellschaft zu fördern.
Seit 1. 9. 2001 beziehungsweise 27. 2. 2002 sind gemeinsam vertretungsbefugte Geschäftsführer der Beklagten M***** S***** und S***** H***** H*****. Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten sieht keine vom Beteiligungsverhältnis abweichenden Stimmrechte bei Entlastung der Geschäftsführer und keine über das Gesetz hinausgehende Beschränkung der Befugnisse der Geschäftsführer dahin vor, dass bestimmte Handlungen der Einholung eines Gesellschafterbeschlusses bedürften.
Die Beklagte stand ab 1989 bis ins Jahr 2009 in regem Geschäftskontakt mit der Firmengruppe I*****/R*****. Im Juli 2009 meldeten zunächst die I***** GmbH und in der Folge weitere Unternehmen der Gruppe sowie die beiden Unternehmer Mag. T***** und Dr. R***** R***** selbst Konkurs an. Aus der Sicht der Beklagten waren Außenstände in mehrstelliger Millionenhöhe vorhanden. Das Leasingvolumen im Verhältnis der Beklagten zur I*****/R*****-Gruppe belief sich im Zeitpunkt der Konkurse auf rund 2 Mio EUR.
Aufgrund der Wirtschaftskrise und der besonders schlechten wirtschaftlichen Lage im Speditionsgewerbe war im Sommer 2009 der Markt für (gebrauchte) LKW übersättigt. Eine Aussonderung mit anschließender Verwertung der von der Beklagten finanzierten Leasing-LKW wäre deshalb mit großen finanziellen Einbußen für die Beklagte verbunden gewesen, wobei deren genaues Ausmaß nicht feststeht. Die Geschäftsführer der Beklagten befürchteten im Falle der sofortigen Verwertung Schäden in Höhe von 1 Mio EUR und wollten die Realisierung dieser Verluste vermeiden. Zur Umsetzung dieser vorrangigen Zielsetzung entschlossen sie sich, das Know-how und die guten Kundenkontakte der nach den Konkursen der I*****/R*****-Gruppe frei gewordenen Mitarbeiter derselben zu nützen und dass sich die Beklagte vorübergehend an neuen Gesellschaften beteiligen sollte, mit denen die bis zu den Konkursen bestandenen Leasingverträge fortgesetzt werden können. Konkret ging es dabei um die D***** AG als reine Dachgesellschaft und deren 100%ige Tochter T***** GmbH als operativ tätige Gesellschaft.
Da das finanzielle Engagement der Beklagten nur als vorübergehende Überbrückungslösung gedacht war und einer Risikominimierung dienen sollte, wurden zwischen den Geschäftsführern der Beklagten, Mag. T***** R***** und dessen Mutter M***** R***** sowie deren Anwalt Dr. H***** O***** bestimmte Sicherheiten ausverhandelt. Mag. T***** und M***** R***** waren dabei vorrangig an einer Minimierung der Verluste durch unwirtschaftliche Verwertungen und an einer Weiterbeschäftigung der ehemaligen Mitarbeiter der I*****/R*****-Gruppe interessiert. Die Gesellschafter der Beklagten waren, abgesehen von den ersten Anfragen Mag. T***** R*****s, allerdings an der innerhalb der Beklagten stattfindenden Entscheidungsfindung zur Beteiligung an der D***** AG und der T***** GmbH und den Verhandlungen sowie Vereinbarungen mit der Familie R***** beziehungsweise Dr. H***** O***** oder den neu gegründeten Gesellschaften nicht beteiligt; die Entscheidungsfindung erfolgte allein durch die beiden Geschäftsführer der Beklagten. Gesellschafter-/Generalver-sammlungsbeschlüsse wurden nicht eingeholt. Die Geschäftsführer waren dabei der Auffassung, dass ihr Vorgehen vom Gesellschaftsvertrag gedeckt ist.
Die Geschäftsführer entschlossen sich, rund 1 Mio EUR an Eigenkapital für den Erwerb von 99 % der Aktien der D***** AG aufzuwenden. Nach einer Einigung vom 29. 9. 2009 wurden von der Beklagten deshalb 999.000 EUR als Kaufpreis für 99 % der Aktien und die durchzuführende Kapitalerhöhung um 900.000 EUR an die D***** AG überwiesen. Die Beklagte sagte außerdem zu, Haftungen in Höhe von 500.000 EUR für die T***** GmbH zu übernehmen, um Betriebsmittelkredite zu besichern, die LKW mit Kreditkarten zur Abdeckung von Maut und Treibstoffkosten ausstatten zu können und eine ausreichende Mobilität der Leasingfahrzeuge gewährleisten zu können. Diese Haftungen wurden nach dem Aktienerwerb auch tatsächlich übernommen und die dafür auflaufenden Kosten der T***** GmbH vorgeschrieben. Über die noch darzustellenden Optionsvereinbarungen hinausgehende Sicherheiten für diese Haftungsübernahmen wurden von den Geschäftsführern der Beklagten nicht ausverhandelt.
Am 29. 9. 2009 einigten sich die Geschäftsführer mit der ‑ von Mag. T***** R***** und dem gemeinsamen Anwalt Dr. H***** O***** beratenen ‑ M***** R***** auf die konkrete Ausgestaltung der zukünftigen Kooperation; M***** R***** unterfertigte ein diese Einigung wiedergebendes Schriftstück „Optionsvereinbarung abgeschlossen zwischen den Vertragsteilen L***** Gesellschaft m.b.H. und M***** R*****“. Darin ist unter anderem festgehalten, dass sich M***** R***** verpflichtet, über Aufforderung der Beklagten 51 % der nach der durchzuführenden Kapitalerhöhung vorhandenen Aktien im Gesamtwert von 510.000 EUR über Aufforderung der Beklagten anzukaufen, und zwar zu einem Kaufpreis von 561.000 EUR, also unter Anrechnung eines Agios von 10 %. Für den Fall, dass die Beklagte dieses Recht in Anspruch nehmen sollte, sei der Kaufpreis binnen zwei Monaten nach Aufforderung abzuwickeln. Sollten zum Zeitpunkt der Übernahme des Aktienpakets Haftungen der Beklagten für die D***** AG vorhanden sein, sei M***** R***** bei der Übernahme verpflichtet, diese Haftungen in dem Verhältnis zu übernehmen, das dem der übernommenen Aktien zum gesamten Aktienkapital der D***** AG entspricht; in diesem Umfang sei für eine Haftungsfreistellung der Beklagten zu sorgen. Zum Abschluss dieses Kaufvertrags sei M***** R***** grundsätzlich verpflichtet.
Am 21. 10. 2009 unterfertigten die Beklagte und Dr. H***** O***** eine weitere Optionsvereinbarung, worin die Beklagte letzterem das unwiderrufliche Recht einräumte, Aktien im Umfang von 51 % des Kapitals der D***** AG, soweit sich diese zum Zeitpunkt der Annahme des Angebots in ihrem Besitz befinden, zu einem Preis von 110 % des Nennwerts anzukaufen; sollte dieses Angebot nach dem 30. 6. 2010 angenommen werden, seien zusätzlich zum Agio 5 % Zinsen auf das Nominale zu bezahlen. Darüber hinaus wurde Dr. H***** O***** ein Optionsrecht auf die restlichen 49 % der Aktien eingeräumt, dies immer in dem Umfang, als sich die Aktien zum Zeitpunkt der Annahme noch im Besitz der Beklagten befinden. Dr. H***** O***** übernahm keinerlei Haftung für die Namhaftmachung von Personen mit Interesse am Ankauf der Aktien.
Am 21. 7. 2010 gewährte die Beklagte der D***** AG zur Betriebsmittelfinanzierung ein ‑ als kurzfristige Übergangsfinanzierung gedachtes ‑ Gesell-schafterdarlehen in der Höhe von 300.000 EUR, weil die Banken nicht zu einer Finanzierung bereit gewesen waren. Vereinbart wurde eine Rückzahlung in 30 monatlichen Raten in Höhe von jeweils 10.000 EUR beginnend mit 1. 8. 2010 und eine kontokorrentmäßige Verzinsung ab 21. 7. 2010 mit 5 % p.a.; Verzugszinsen oder Terminsverlust wurden hingegen nicht vereinbart. Auch die Entscheidung über die Gewährung dieses Gesellschafterdarlehens wurde bei der Beklagten intern durch die beiden Geschäftsführer ohne Einbindung der Gesellschafter und ohne Gesellschafterbeschluss getroffen. Das Darlehen haftete per 31. 12. 2010 ‑ nachdem lediglich eine Rate bezahlt worden war ‑ mit 299.124,21 EUR, per 31. 3. 2011 mit 302.863,26 EUR aus. Dennoch wurden von den Geschäftsführern im Hinblick auf die enge Zusammenarbeit mit der D***** AG keine Betreibungsschritte gesetzt.
In weiterer Folge wurden die Grundlagen für den operativen Betrieb der T***** GmbH geschaffen, insbesondere durch die Zurverfügungstellung der Fahrzeuge der Beklagten über Leasingverträge. In diesen Leasingverträgen wurden keine zusätzlichen Sicherheiten für die Beklagte vereinbart. Die T***** GmbH übernahm per 1. 10. 2009 alle noch vorhandenen Österreichgeschäfte der I***** GmbH. Die bereits ursprünglich vereinbarte beidseitige Unkündbarkeit der Leasingverträge für eine Dauer von 24 Monaten wurde bei einer Vertragsverlängerung um weitere 12 Monate verlängert. Für die durch die T***** GmbH durchgeführte Reparatur und Wartung wurden der Beklagten als Eigentümerin dieser Fahrzeuge von der T***** GmbH Rechnungen über 232.800 EUR und über 102.000 EUR gelegt. Diese Rechnungen wurden von der Beklagten auch bezahlt beziehungsweise mit Rückständen verrechnet. Durch diese Maßnahme wurde eine längere Nutzungsdauer erreicht.
Per Juli 2011 wiesen die von der Beklagten der T***** GmbH über Leasingverträge zur Verfügung gestellten Fahrzeuge einen Barwert von 1.843.941,78 EUR auf.
Die Beklagte erwarb mit eigenen Mitteln aus der Konkursmasse der R***** KG die ehemalige Betriebsliegenschaft der I***** GmbH in Oberösterreich etwa zum Schätzwert im Konkursverfahren in Höhe von 2,8 Mio EUR. Die Geschäftsführer der Beklagten beabsichtigten, aus dieser Liegenschaft nach Abstoßen von 51 % der Aktien der D***** AG eine Leasingimmobilie zu machen. Laut im Konkursverfahren eingeholtem Schätzgutachten ist für diese Liegenschaft ein Monatsertrag von rund 17.000 EUR angemessen. Zwischen der Beklagten und der T***** GmbH wurde zunächst ab Mai 2010 ein Monatsmietzins von 10.000 EUR (exklusive Betriebskosten) und ab Juni 2011 ein solcher von 12.000 EUR (exklusive Betriebskosten) vereinbart. Trotz dieses im Vergleich zum geschätzten Monatsertrag geringeren Mietzinses lukrierte die Beklagte aus der Vermietung dieser Liegenschaft nach Abzug der Refinanzierungskosten einen Gewinn von 50.000 EUR.
Zu einem nicht näher feststehenden Zeitpunkt vor März 2012 wurden 51 % der von der Beklagten gehaltenen Aktien der D***** AG um rund 580.000 EUR an die TB***** GmbH verkauft.
Bis März 2012 musste der Kläger infolge der dargestellten Geschäfte und Vereinbarungen keine Verminderung der Gewinnausschüttungen hinnehmen.
Im Rahmen der Generalversammlung der Beklagten vom 3. 5. 2011 wurde zu Tagesordnungspunkt 3. zur Diskussion gestellt und im Generalversammlungsprotokoll ordnungsgemäß festgehalten:
KR U***** stellt den Antrag, den Geschäftsführern die Entlastung für ihre Tätigkeit für die Geschäftsjahre endend mit 30. 6. 2010 und 31. 12 2010 zu erteilen. KR U***** und die B***** SE stimmen für den Antrag, P***** H***** stimmt dagegen. Der Vorsitzende stellt fest, dass mehrheitlich ein Beschluss auf Entlastung der Geschäftsführer für die genannten Geschäftsjahre zustande gekommen ist. P***** H***** erhebt Widerspruch gegen diesen Beschluss.
Der Kläger begehrt die Nichtigerklärung dieses Beschlusses. Die Geschäftsführer hätten Handlungen vorgenommen beziehungsweise Aktivitäten gesetzt, die zu Lasten der Gesellschaft und der Gesellschafter gegangen seien; diesen sei ein Schaden von mehreren 100.000 EUR entstanden. Die Geschäftsführer hätten pflichtwidrig, sorgfaltswidrig und schadensträchtig gehandelt.
Die Beklagte bestritt diese Vorwürfe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Erwerb von Aktien, die Gewährung eines Darlehens an eine Tochtergesellschaft und die Übernahme von Haftungen mit der Zielsetzung, einen infolge Insolvenz eines großen Vertragspartners unmittelbar drohenden Schaden abzuwenden, lasse sich jedenfalls unter Maßnahmen subsumieren, die geeignet sind, den Geschäftszweck der Beklagten zu fördern. Zudem sei die Beteiligung an Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art Unternehmenszweck der Beklagten. Die beanstandeten Entscheidungen fielen in die Kompetenz der Geschäftsführer, die auch nicht missbräuchlich gehandelt hätten. Mangels Fehlverhaltens könne eine Entlastung nicht versagt werden.
Das Berufungsgericht erklärte den Beschluss der Generalversammlung für nichtig, sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt, und ließ die Revision nicht zu. Die Geschäftsführer hätten gegen die Nachgründungsvorschrift des § 35 Abs 1 Z 7 GmbHG verstoßen, wonach der Abschluss von Verträgen, durch welche die Gesellschaft vorhandene oder herzustellende, dauernd zu ihrem Geschäftsbetrieb bestimmte Anlagen oder unbewegliche Gegenstände für eine den Betrag des fünften Teils des Stammkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll, sowie die Abänderung solcher Verträge zu Lasten der Gesellschaft, sofern es sich nicht um den Erwerb von Liegenschaften im Wege der Zwangsversteigerung handelt, der Beschlussfassung der Gesellschafter unterliegt; dieser Beschluss könne nur mit einer Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Dabei unterliege auch der Erwerb von Beteiligungen dieser Vorschrift, wenn die Gesellschaft eine dauernd zu ihrem Geschäftsbetrieb bestimmte Anlage erwirbt. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, hätten die Geschäftsführer doch zwar nur eine Überbrückungslösung angestrebt, die abgeschlossenen Vereinbarungen böten jedoch keine Sicherheit dafür, dass die Investition tatsächlich nur vorübergehend Kapital bindet. Damit hätte der Erwerb der Beteiligung an der D***** AG einer Beschlussfassung der Gesellschafter bedurft. Dieser Umstand stehe einer Entlastung der Geschäftsführer entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.
1. Nach § 35 Abs 1 Z 1 3. Fall GmbHG unterliegt die Entlastung der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Beschlussfassung der Gesellschafter. Unter Entlastung ist dabei die einseitige Erklärung der Gesellschaft zu verstehen, mit der sie ihre Geschäftsführer von Schadenersatzansprüchen befreit, die aus deren Verstößen erwachsen können (9 ObA 105/92 EvBl 1993/24; 9 ObA 302/92; 9 ObA 101/99i; 9 ObA 149/08i).
2. Nach herrschender Auffassung (vgl etwa Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht [1983] 326; Enzinger in Straube, GmbHG [2008] § 35 Rz 44 ‑ jeweils mit weiteren Nachweisen) ist der Entlastungsbeschluss eine Ermessensentscheidung der Gesellschafter. Der Beschluss ist daher nicht schon deshalb anfechtbar, weil die Entlastung wegen einer Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers hätte verweigert werden können, wohl aber dann, wenn ein missbräuchliches Stimmverhalten der Mehrheit vorliegt, so etwa bei einer Kollusion zwischen der Mehrheit und dem Geschäftsführer, oder wenn die Entlastung wegen der Schwere der Pflichtwidrigkeit unvertretbar ist. Anfechtbar ist der Entlastungsbeschluss vor allem auch in denjenigen Fällen, in denen die Gesellschafter kraft Treuepflicht verpflichtet gewesen wären, einen Beschluss nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG zu fassen, wenn die Entlastung trotz statutenwidriger Geschäftsführung, nicht vollständiger Vorlage der Unterlagen oder unvollständiger Auskünfte über die Geschäftsführung erteilt wird oder wenn der Verzicht auf Ersatzansprüche gegen die Organmitglieder unternehmerisch nicht vertretbar ist, also insbesondere bei schwerwiegenden Schädigungen der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter durch Organmitglieder.
Aus diesem Grund vertritt die Kommentarliteratur zur vergleichbaren Bestimmung des § 46 dGmbHG die Auffassung, dass eine Anfechtung wegen inhaltlicher Mängel des Entlastungsbeschlusses angesichts des weiten Ermessens der Gesellschafter nur selten Erfolg haben werde, hätten doch insbesondere im Rahmen der Würdigung der unter Umständen einen Pflichtverstoß begründenden Tatsachen die Gesellschafter einen weiten Beurteilungsspielraum; anfechtbar seien demnach grundsätzlich nur Beschlüsse, die an schwerwiegenden Inhaltsmängeln leiden (K. Schmidt in Scholz, Kommentar zum GmbHG [2007] § 46 Rz 99; Liebscher in Münchener Kommentar zum GmbHG [2012] § 46 Rz 155).
3. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wollten die beiden Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft, die im Übrigen der Auffassung waren, ihr Vorgehen sei vom Gesellschaftsvertrag gedeckt, durch Beteiligung der Gesellschaft an einer Auffanggesellschaft für die I*****/R*****-Gruppe nach deren Insolvenz die Realisierung von Verlusten bei sofortiger Verwertung der Leasing-LKW-Züge vermeiden und das Know-how sowie die guten Kundenkontakte der ansonsten frei werdenden Mitarbeiter der Gruppe für die beklagte Gesellschaft nutzen. Das finanzielle Engagement der Gesellschaft war jedoch nur als vorübergehende Überbrückungslösung gedacht, um die Verlustrisiken infolge unwirtschaftlicher Verwertungen zu minimieren. Tatsächlich enthielten auch die in der Folge abgeschlossenen Optionsvereinbarungen mit M***** R***** und Dr. H***** O***** deren Berechtigungen und (zum Teil) Verpflichtungen zur Übernahme von Aktienpaketen der Auffanggesellschaft im Ausmaß von 51 % beziehungsweise 49 %; schließlich wurden auch 51 % der Aktien veräußert. Jedenfalls bis März 2012 musste der Kläger aufgrund dieser Handlungen der Geschäftsführer keine Minderung seiner Gewinnausschüttungen hinnehmen.
Ausgehend von diesen Feststellungen ist die erfolgte Entlastung der Geschäftsführer mangels grober Pflichtwidrigkeit und schwerwiegender Schädigung der Gesellschaft durch die Gesellschafter durchaus vertretbar gewesen; eine missbräuchliche Ausübung des Stimmrechts liegt nicht vor. Auf die Frage, ob die Geschäftsführer mit ihrem Vorgehen überhaupt gegen § 35 Abs 1 Z 7 GmbHG verstoßen haben, kommt es dann aber nicht mehr an.
4. Damit war aber die abweisliche Entscheidung des Erstgerichts ‑ jedenfalls im Ergebnis ‑ wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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