OGH 2Nc13/13d

OGH2Nc13/13d17.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** Versicherungs-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Mag. Erik Focke, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Karlheinz de Cillia, Mag. Michael Kalmann Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 2.813,91 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Feldkirchen in Kärnten bestimmt.

Text

Begründung

Am 9. 11. 2010 ereignete sich gegen 15:20 Uhr in Feldkirchen, Turracherstraße (B95) bei Straßenkilometer 22,61 ein Verkehrsunfall, an dem ein bei der klagenden Partei haftpflichtversicherter LKW sowie ein PKW beteiligt waren. Die Lenkerin des bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten weiteren PKWs verursachte nach den Klagsbehauptungen den Verkehrsunfall - ohne selbst in die Kollision involviert zu sein - dadurch, dass sie ein überraschendes unzulässiges Wendemanöver vollzog. Die klagende Partei begehrt die im Zusammenhang mit diesem Schadensfall von ihr erbrachten Leistungen im Regressweg.

Die beklagte Partei bestritt den Unfallshergang und beantragte zum Beweis ihres Vorbringens einen Ortsaugenschein, die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem KFZ-Fach sowie die Einvernahme zweier in Kärnten wohnhafter Zeugen. Sie stellte weiter einen Delegierungsantrag mit der Begründung, dass zur Abklärung der Verschuldensfrage und des Unfallhergangs ein Ortsaugenschein unter Beiziehung eines KFZ-Sachverständigen sowie die Einvernahme der Zeugen an Ort und Stelle die effizienteste Vorgangsweise sei, die zweckmäßigerweise vom Bezirksgericht am Unfallsort durchzuführen sei.

Die klagende Partei sprach sich gegen die Delegierung unter Hinweis darauf aus, dass in Wien Ortsaugenscheine unüblich seien und die KFZ-technischen Sachverständigen regelmäßig maßstabsgetreue Skizzen der Unfallstelle anfertigen, auf denen sich die Zeugen gut zurecht fänden. Im Übrigen sei die Einvernahme im Rahmen einer Videokonferenz möglich.

Das Vorlagegericht erachtete die Delegierung für zweckmäßig und verwies darauf, dass Videokonferenzen in Verkehrssachen erfahrungsgemäß nicht zu verwertbaren Einzeichnungen der Zeugen auf den übersandten Skizzen führen würden.

Die Delegierung ist gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046324 [T14]) soll eine Delegierung zwar nur einen Ausnahmefall darstellen und keinesfalls eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorrufen, doch sprechen im Allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignet hat. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber auch dadurch Rechnung getragen, dass er für derartige Prozesse einen entsprechenden Gerichtsstand bei dem für den Unfallsort zuständigen Gericht geschaffen hat (§ 20 EKHG).

Mag nun auch im Hinblick auf die Möglichkeit, auswärtige Zeugen mittels Videokonferenz (§ 277 ZPO) einzuvernehmen, eine Delegierung des Verfahrens in vielen Fällen nicht notwendig sein (7 Nc 12/12t, 5 Nc 10/12h), ist bei Schadenersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen - abgesehen von der allfälligen Notwendigkeit eines Ortsaugenscheins zur Unfallrekonstruktion - im Sinne der Ausführungen des Vorlagegerichts zu berücksichtigen, dass selbst ohne Ortsaugenschein bei der Rekonstruktion des Unfalls durch maßstabsgetreue Unfallskizzen sich einerseits der Sachverständige jedenfalls an den Unfallsort begeben müsste, um eine derartige Skizze anfertigen zu können, und andererseits eine direkte Interaktion zwischen dem Sachverständigen und den Zeugen und die allenfalls notwendige Hilfestellung und Anleitung, damit diese sich auf der Skizze zurechtfinden und verwertbare Einzeichnungen vornehmen können, bei einer Videokonferenz nicht in gleichem Maß gewährleistet ist.

Da im vorliegenden Fall die beklagte Partei auch darauf verwiesen hat, dass die von ihr beantragten Zeugen zwar beide in Kärnten, aber in verschiedenen Bezirksgerichtssprengeln ihren Wohnsitz haben, wären überdies mehrere Videokonferenzen notwendig.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die beantragte Delegierung zweckmäßig.

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