OGH 4Ob106/13m

OGH4Ob106/13m9.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Joachim Stock, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 16. Mai 2013, GZ 2 R 76/13p‑10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit die Revision die unrichtige Anwendung des nach Art 6 Abs 1 Rom II-VO maßgebenden englischen Rechts rügt, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist, für die Einheitlichkeit oder gar die Fortbildung fremden Rechts Sorge zu tragen (4 Ob 136/99z; RIS-Justiz RS0042940 [T3]). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist in diesem Zusammenhang nur begründet, wenn sich die Vorinstanzen über eine im ursprünglichen Geltungsbereich des fremden Rechts in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hinweggesetzt hätten (RIS-Justiz RS0042940; vgl auch RS0042948). Solches wird hier von der Klägerin nicht behauptet. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, die Ermittlung des fremden Rechts als unzulänglich zu rügen, ohne jedoch anzugeben, in welchen Punkten eine sorgfältigere Vorgangsweise zu anderen Ergebnissen geführt hätte. In Provisorialverfahren kommt die Einholung eines Gutachtens zum fremden Recht nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0115011); ausländisches Sachrecht ist hier im Allgemeinen schon dann anzuwenden, wenn die Richtigkeit des auf andere Weise erhobenen Materials wahrscheinlich ist (RIS‑Justiz RS0115011). Auf dieser Grundlage ist es nicht zu beanstanden, wenn das Rekursgericht eine zwei Jahre alte Gesamtdarstellung des englischen Lauterkeitsrechts herangezogen hat, die in einem renommierten Fachverlag erschienen ist und umfangreiche Belege zur englischen Rechtsprechung enthält (S. Müller, Länderbericht England, in Schmidt-Kessel/Schubmehl, Lauterkeitsrecht in Europa [2011] 163 ff; vgl zur strittigen Frage der Rechtsverfolgung durch Mitbewerber auch Bodewig, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in Großbritannien, GRUR Int 2004, 543 [insb 557]). Die von der Klägerin gewünschte subsidiäre Anwendung des österreichischen Lauterkeitsrechts (§ 4 Abs 2 IPRG) kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht.

2. Richtig ist, dass sich das Rekursgericht nicht mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt hat, die Beklagte habe mit dem beanstandeten Verhalten auch eine unmittelbar wettbewerbsregelnde Vertragspflicht verletzt und daher auch aus diesem Grund unlauter gehandelt. Dafür ist allerdings ebenfalls englisches Recht maßgebend, weil das beanstandete Verhalten, folgt man dem Vorbringen der Klägerin, nicht ausschließlich deren Interessen beeinträchtigt hat, sondern auch zur Irreführung der (englischen) Marktgegenseite geeignet war. Damit ist die Sonderregel des Art 6 Abs 2 Rom II-VO, die durch den Verweis auf Art 4 Rom II-VO eine Anknüpfung (etwa) am Vertragsstatut ermöglichte (Art 4 Abs 3 Rom II-VO), nicht anwendbar. Dass die Verletzung wettbewerbsregelnder Vertragspflichten nach englischem Recht spezifisch lauterkeitsrechtliche Ansprüche begründete, die über das allgemeine Vertragsrecht hinausgingen und damit nach § 24 UWG auch ohne Vorliegen der (hier nicht behaupteten) Voraussetzungen des § 381 EO gesichert werden könnten, ergibt sich aber weder aus der bereits genannten Darstellung des englischen Rechts, noch belegt es die Klägerin in ihrem Revisionsrekurs. Auch insofern zeigt sie daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.

3. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Rekursgerichts nicht zu beanstanden. In der Hauptsache wäre freilich ‑ soweit die Klage nicht ohnehin schon auf vertraglicher Grundlage Erfolg hat ‑ ein Gutachten zum englischen Lauterkeitsrecht einzuholen. Darin wäre auch zu klären, unter welchen Voraussetzungen das Verhalten eines Dritten, hier einer nach den Feststellungen des Erstgerichts bei einem anderen Unternehmen beschäftigten Person, dem belangten Unternehmen zugerechnet werden kann.

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